Zwergenbann: Roman
gebunden, und ich ordne hiermit an, dass wir umkehren. Möglicherweise schweben Kriegsmeister Barlok und sein Trupp ebenfalls in Gefahr. Jedenfalls kann das spurlose Verschwinden von zwei Kriegern und drei Arbeitern nicht einfach so abgetan werden.«
»So also hast du dir das gedacht«, keuchte Vilon. »Wahrscheinlich ist das alles nur ein abgekartetes Spiel. Aber ich werde das nicht -«
Er verstummte mit einem röchelnden Laut, als sein Blick auf den Durchbruch zwischen der Höhle und dem Stollen fiel, und streckte abwehrend die Hände aus.
»Nein!«, stieß er hervor. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Das kann nicht sein! Nicht das ! Nein!«
Ohne lange zu zögern, hatte sich Barlok für den Abstieg zur vierten Ebene entschieden, weil ihm diese wesentlich interessanter erschien. Die zweite Ebene war ein reines Wohngebiet. Da sich vor allem die großen und reichen Familien dort angesiedelt hatten, war zu erwarten, dass die Höhlen und Bauten entsprechend prunkvoll waren, wahrscheinlich sogar noch weitaus prächtiger als die, die sie bislang gesehen hatten, aber eben nur Wohnanlagen.
In der vierten Ebene hingegen befanden sich die großen Schmieden, Werkstätten und anderen Handwerksbetriebe. Wie die Gerüste entlang der Wände der großen Höhle zeigten, war das Schürfen dort nie ganz aufgegeben worden, obwohl man zuletzt nur noch auf vereinzelte kleinere Edelsteinvorkommen gestoßen war.
Stattdessen war man ähnlich wie in Elan-Dhor immer weiter in die Tiefe vorgedrungen, um die dort mehr als reichlich vorhandenen Bodenschätze zu fördern. Vor allem für die verschiedenen Erze hatten die Kapazitäten zur Verarbeitung in der Haupthöhle schon bald nicht mehr ausgereicht. In der vierten Ebene waren daraufhin neue Produktionsstätten entstanden, größer und zahlreicher als alle früheren, und schließlich war alles, was mit der Verarbeitung von Rohmaterialien zu tun hatte, dorthin verlegt worden. Zehntausende Angehörige der Arbeiterkaste waren dort einst am Werk gewesen; darüber hinaus hatten sich dort auch die Kasernen der Kriegerkaste befunden.
Die Treppe war deutlich länger als die vorherigen. Barlok zählte bereits mehr als zweihundertfünfzig Stufen, bis in der Ferne ein schwacher Lichtschein auszumachen war, und noch einmal gut hundert Stufen, bis sie den Fuß der Treppe erreichten. Von hier aus führte keine weitere mehr in die Tiefe, obwohl es dort noch zahlreiche weitere Ebenen gab, die eigentlichen Minen, wo zuletzt noch geschürft worden war.
Stattdessen fanden sie hier einen weiteren gewölbten Durchgang, hinter dem sich eine große Halle erstreckte. Auch ihre Decke
war mit Glühmoos bedeckt, die Quelle des Lichtscheins, den Barlok bereits von der Treppe aus gesehen hatte.
Allerdings handelte es sich nicht um das einzige Licht. Ein düsterer, rötlicher Schein drang aus dem tiefen Abgrund herauf, der anstelle eines Bodens vor den Zwergen gähnte. Träge wälzte sich glühende Lava an seinem Grund, deren Hitze bis hier oben zu spüren war. Lediglich in der Mitte der Höhle ragte ein gewaltiger Pfeiler auf und bildete eine knapp ein Dutzend Schritte durchmessende Plattform. Eine steinerne, geländerlose Brücke, die kaum breiter als einen halben Meter war, führte dorthin, ähnlich dem Steg, den sie bereits in der großen Wohnhöhle überquert hatten, um die Treppe zu erreichen. Drei weitere, gleichartige Brücken zweigten sternförmig von der Plattform zu Ausgängen in den Wänden ab.
»Für einen Zwerg mit Selbstmordabsichten muss Zarkhadul das Paradies gewesen sein«, murmelte Barlok beklommen und kämpfte gegen ein flaues Gefühl in seinem Magen an. »Und die Hölle für jeden, der nicht schwindelfrei war.«
Aufmerksam musterte er die schmale Brücke, suchte sie nach Rissen im Gestein ab. Erst als er keine entdecken konnte, trat er hinaus und überquerte sie mit raschen Schritten, bis er die Plattform erreichte. Von dort aus wählte er willkürlich einen der drei anderen Stege aus. Dieser Teil der Tiefenwelt war auf Selons Karten nicht verzeichnet und wurde auch in seinen sonstigen Aufzeichnungen nicht erwähnt, sodass es für Barlok keinen Hinweis gab, in welche Richtung er sich wenden musste.
Erst als er die gegenüberliegende Wand erreicht und wieder mehr als nur ein schmales Stück Fels über einem tiefen Abgrund unter den Füßen hatte, atmete er auf. Auch seinen Begleitern war die Erleichterung vom Gesicht abzulesen.
Ein Gang erstreckte sich vor ihnen, dessen Wände mit
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