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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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es ihm nicht, ihre Worte einfach so abzutun. Falls Farlians Mission scheiterte und er womöglich ums Leben kam, würde Burian im Falle seines Todes in der Tat keinen Thronfolger hinterlassen. Grabenkämpfe nicht nur zwischen den Kasten, sondern sogar innerhalb der mächtigen Häuser wären die Folge, wie es sie in der Vergangenheit in ähnlichen Situationen schon mehrfach gegeben hatte. Dazu durfte es unter keinen Umständen kommen. Auch wenn er, Barlok, in keiner Weise nach dem Thron strebte, wäre er aufgrund seines hohen Ansehens und seiner Beliebtheit tatsächlich ein möglicher Nachfolger, auf den sich der Hohe Rat einigen könnte.
    Im Moment jedoch war all das nebensächlich. Viel schlimmer war, dass Burian durch seine Gier und Uneinsichtigkeit einen Krieg gegen einen unbekannten Feind in der Tiefe heraufbeschwor, der alle bisherigen Bedrohungen Elan-Dhors in den Schatten stellen könnte. Barlok graute bei der bloßen Vorstellung, diesen Krieg ausgerechnet unter einem König Burian führen zu müssen, der niemals Interesse
für militärische Angelegenheiten gezeigt hatte. Allerdings blieb schlicht keine andere Wahl.
    Barlok hing seinen düsteren Überlegungen nach, bis er hörte, wie der große Gong im Stadtzentrum zur sechsten Abendstunde schlug, dem Zeitpunkt, an dem die Kampftruppe aufbrechen sollte. Erneut schwang er die Beine aus dem Bett, und diesmal gelang es ihm unter Mühen aufzustehen. Mit unsicheren Schritten taumelte er zum Fenster und blickte hinaus. Er befand sich in den oberen Stockwerken des Dunkelturms, sodass er einen guten Ausblick auf die Stadt hatte.
    Es begann bereits zu dämmern. In der Decke der gewaltigen Höhle gab es Schächte, die bis zur Oberfläche hinaufreichten. Über ein kompliziertes System von Spiegeln und geschliffenen Linsen gelangte genügend Licht herein, um Elan-Dhor während des Tages zumindest so notdürftig zu erhellen, dass die Straßenlampen gelöscht werden konnten, ohne dass die Stadt in völliger Dunkelheit versank.
    Fern im Osten konnte Barlok im schwindenden Zwielicht die großen Kasernen sehen. Ein Zug aus winzigen Pünktchen, hauptsächlich aufgrund der mitgeführten brennenden Fackeln und Laternen zu erkennen, setzte sich von dort aus gerade in Bewegung auf die südlichen Stadttore zu. Eines dieser Pünktchen, so wusste er, war Warlon.
    Barlok hatte wenig Hoffnung, dass er ihn jemals wiedersehen würde.

6
    RÜCKKEHR IN DIE TIEFE
    »Achtung, stillgestanden!«, befahl Farlian. Mit geschwellter Brust und hoch erhobenem Kopf schritt er ein letztes Mal die Reihe der auf dem großen Kasernenhof angetretenen Krieger ab, die für den Kampftrupp ausgewählt worden waren, und inspizierte sie. Warlon meinte ein spöttisches Funkeln in seinen Augen zu entdecken, als der Thronfolger an ihm vorbeiging.
    Entgegen seinem Rat trug Farlian anstelle eines Kettenhemds einen Brust- und Rückenpanzer. Zwar bot er darin einen beeindruckenden Anblick, und der massive Stahl würde ihn im Falle eines Angriffs besser schützen, ihn dafür im Kampf aber auch stark behindern, und fraglos würde er sein Gewicht auf der langen Wanderung, die ihnen bevorstand, schon bald zu spüren bekommen. Spätestens in den Feuergrotten würde der Thronfolger wohl seinen Eigensinn verfluchen, aber wer nicht hören wollte, der musste eben leiden.
    »Schwenkt Marsch!«, brüllte Farlian einen weiteren Befehl. »Für den Ruhm und das Wohl des mächtigen Elan-Dhor ziehen wir in den Kampf!«
    Warlon hätte angesichts des übersteigerten Pathos am liebsten die Augen verdreht, beherrschte sich aber. Die Krieger setzten sich in Bewegung, verließen die Kaserne. Ihnen folgte der kleine Arbeitertrupp, dessen Aufgabe es
sein würde, den eingestürzten Stollen freizuräumen und vor allem so abzusichern, dass kein weiterer Steinschlag zu befürchten war.
    Wenn er in einen Kampfeinsatz zog, und sei es nur eine Routinepatrouille, bei der es mit großer Wahrscheinlichkeit keine Zwischenfälle geben würde, verspürte Warlon stets ein unbehagliches Gefühl. Anfangs hatte er es für ein unterschwelliges Zeichen von Feigheit gehalten und dagegen angekämpft. Mittlerweile jedoch hatte er mit vielen anderen Kriegern darüber gesprochen und erfahren, dass es praktisch keinem von ihnen anders erging. Seither nutzte er es, um beim Verlassen Elan-Dhors alle Eindrücke der Stadt noch einmal bewusst in sich aufzunehmen, sich dem Gedanken zu stellen, dass er vielleicht niemals zurückkehren würde. Es erfüllte ihn nicht mit

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