Zwergensturm
erdigen Oberfläche, dem sie grob folgten.
Ein paar Moore und Tümpel, aus denen es faulig roch, waren rechts und links zu sehen. Einmal meinte Haggy einen Frosch quaken zu hören, doch er konnte ihn nirgends entdecken. Besonders lebendig sah diese Umgebung nicht aus.
Sie schlichen fast, gingen den Weg langsam entlang. Selbst die Gnome gingen leicht gebückt. Piggy schnüffelte gelegentlich, aber er konnte keine spannende Fährte entdecken.
Die dunkle Feste wirkte zugleich wuchtig und durch die spitzen Nadeltürme irgendwie auch filigran, in jedem Falle aber unheilvoll. „Dass die Orks sich hier wohlfühlen“, dachte Haggy und konnte es nicht verstehen.
„Gibt’s hier gar keine Wachen?“ Bong klang besorgt, ganz so , als erwarte er, dass ein Monster sie aus der Deckung heraus anspringen würde. „Also, ich sehe nichts“, antwortete Tinchena. Doch wie alle anderen sah auch sie sich ständig um, um nichts zu übersehen. Viele Versteckmöglichkeiten bot das Gelände aber auch nicht.
Die Feste ragte schon hoch vor ihnen auf, da erkannten sie eine kleine Mauer, die sie einrahmte. Da die Mauer genauso schwarz wie die Festungsanlage selbst war, war sie vorher nicht zu sehen gewesen. Zu ihrem Erstaunen war die Mauer jedoch nur etwa zwei bis zweieinhalb Schritte hoch, womit sie wenig Schutz vor entschlossenen Eindringlingen bieten würde. Otto fragte daher auch: „Wozu soll diese Mauer dienen? Die hält ja nicht einmal … einen Eber ab!“ Piggy sah ihn fragend an. Wynlana kommentierte: „Vielleicht ist das auch nicht ihr Zweck. Wir werden es wohl nicht erfahren, aber ich denke, dass die Logik des Festungsbaus eines Dämonen anderen Parametern folgt, als wenn wir ‚Sterblichen‘ das machen.“ Tinchena wurde es ganz warm ums Herz, als sie die gepflegte Ausdrucksweise der Elfin vernahm – es war wie Musik in ihren Ohren.
Zahrin führte den Gedanken fort: „Sollen wir über die Mauer klettern? Die Gnome heben wir zu zweit drüber, und die Sau, ääh, den Eber … na ja, zu viert, nehme ich an.“ „Seht mal, da“, fuhr Otto ihr ins Wort. Er zeigte auf ein altes, klappriges, hölzernes Törchen, nur hüfthoch, das einen Eingang in das Innere der Feste markierte. Es stand halb offen. „Wie einladend!“, schmunzelte Wynlana. „Der scheint sich vor Eindringlingen tatsächlich nicht zu fürchten“, meinte Otto kopfschüttelnd.
Haggy ging zum Törchen und zog einmal kräftig daran, als er bemerkte, dass es nur noch in einer Angel hing. Es brach sofort komplett heraus. „Bitte eintreten“, rief er lächelnd den Freunden zu.
Im Innern der Anlage führte ein Weg, kaum breiter als der Trampelpfad, den sie vorher genommen hatten, weiter geradeaus. Rechts ab vom Weg stand ein alter Baum, von dem ein Seil hing, das offenbar mal als Galgen gedient hatte. Es war jedoch leer, doch der Anblick war unheimlich genug, damit sich Haggys Nackenhaare sträubten. Der Weg beschrieb Schlangenlinien, deren Zweck sich keinem erschloss. Er hätte genauso gut gerade angelegt werden können, denn er führte direkt zu einer Tür, die frappierend einer normalen Haustür ähnelte. Nach der Tür einer Festungsanlage sah sie beileibe nicht aus.
Vorsichtig, nach allen Richtungen hin spähend, arbeiteten sie sich weiter vor, doch kein Ungemach erwartete sie.
Sie erreichten die Eingangstür und stellten sich rechts und links von ihr auf. Haggy stand der Tür am nächsten. Fast hätte er spontan angeklopft, aber das erschien ihm dann doch keine gute Idee zu sein. Sachte ergriff er mit der Rechten die Türklinke und drückte sie herunter. In der Linken hielt er die Kupferbüchse. Er spürte, wie die Türklinke seinem Druck nachgab, und hatte bald den Anschlagspunkt erreicht. Mit so wenig Kraft wie möglich machte er die Tür auf. Die Scharniere quietschten, doch die Tür ging langsam auf. Kalte Luft, die noch modriger als das Land roch, kam ihnen entgegen.
Haggy spähte in die Anlage hinein, doch drinnen war es so dunkel, dass er kaum etwas erkennen konnte. Thrylas warf ihm etwas zu, das ein wenig leuchtete. Haggy hatte keine Ahnung, was es war, benutzte es aber. Er steckte seinen Kopf in die Feste und hob das Licht leicht an. Er sah einen kleinen Raum. Links stand ein verstaubter Schrank. Geradeaus führte ein Weg weiter hinein. An der rechten Wand hing ein Gemälde. Haggy ging einen Schritt hinein und hielt die Lampe höher, um sich das Gemälde anzusehen. Er erschrak. Eine Gestalt, schon halb verwest, deren Knochen an unzähligen
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