Zwielicht
zuhören."
Lege sie ruhig dar. Das war ein Trick, oder?
Selendis stieg leichtfüßig vom Podium herunter und schritt zur Mitte des Saales. Ihre Gedanken erschollen laut und deutlich, als würden sie ausgerufen.
„Templer, Judikatoren, Khalai, dunkle Templer danke, dass Ihr Euch heute hier versammelt habt, um der Bittstellerin Gehör zu schenken. Sie ist weit gereist und hat viel durchgemacht und steht nun vor Euch, um Euch respektvoll darum zu ersuchen, sie anzuhören. Sie ist Terranerin, eine Frau, aber an ihrer Seite steht ein Protoss, der sich freiwillig entschieden hat, bei ihr zu bleiben, einzig aufgrund dessen, was sie erlebt hat. Ihr werdet bald wissen, was sie wissen. Ich halte ihr Anliegen für ein ehrliches und ehrenwertes."
Rosemary verspürte ein Kribbeln im Kopf und wandte sich dem zu, der es ihr sandte.
„Tritt vor, Mensch. Und du auch, Vartanil." Die geistige Stimme klang beinahe freundlich, und Rosemary gehorchte ihr, schritt vor und sah zu dem Sprecher auf. Vartanil folgte ihr.
Der Sessel des Protoss war zugleich schöner und schlichter als alle anderen in diesem riesigen Saal. Er war einfach gezimmert, nicht mit Edelsteinen und Kristallen geschmückt, noch fanden sich aufwendige Wirbel in seinem Design. Und doch war er erlesen, rein, waren die sauberen Linien ausdrucksvoll und harmonisch. Zu beiden Seiten stand je eine Protoss-Standarte, die Wände der Nische waren mit violettem Tuch ausgekleidet. Für einen so formellen Ort war der Protoss schlicht, beinahe schon bieder gekleidet, denn er trug nur ein paar Rüstungsteile und etwas, das wie eine Schürze aussah. Wie auch der Thron, wenn man dieses Wort denn benutzen konnte, um etwas derart Einfaches zu bezeichnen, war auch sie gut gearbeitet und abgetragen. Der Protoss kniff die Lider seiner leuchtenden Augen zusammen und zog die Schultern hoch, nutzte seine Körpersprache, um ihr beruhigend zuzulächeln.
„Ich bin Tabrenus von der Erblinie der Furinax. Wie ich sehe, steht dir einer der Meinen bei. Das spricht für dich."
Rosemary fühlte Vartanils Stolz und Demut ob dieser Worte. Da sie nicht recht wusste, was sie tun sollte, verbeugte sie sich respektvoll. Das schien angemessen, denn Tabrenus nickte und lehnte sich zurück.
„Geh durch den Saal zu Urun von den Auriga", drangen Selendis' Gedanken in ihren Geist. „Deren Stammesfarbe ist Orange. Dann geh weiter, bis du Artanis am Ende erreichst. Und vergiss nicht, von diesem Augenblick an liegen all deine Gedanke offen vor uns."
Der Rat war ihr willkommen, und Rosemary gab ein rasches Dankeschön zurück. Sie trat ein paar Schritte von Tabrenus zurück, dann drehte sie sich um und näherte sich dem Führer der Auriga.
Seine Rüstung erinnerte sie an die von Selendis, nur war sie aufwendiger. Das wunderte Rosemary, sie hatte geglaubt, Selendis sei der höchstrangige militärische Offizier. Nun, vielleicht war es einfach nur eine Sache des persönlichen Geschmacks. Ein ausladendes Kopfstück und breite Schultern hätten eigentlich übergroß und lachhaft wirken müssen, aber dieser Protoss besaß die dazu passende körperliche Statur und die nötige Erscheinung.
„Du kamst von Aiur", stellte Urun ohne Umschweife fest. Rosemary nickte, unsicher, ob sie sprechen sollte.
„Nur wenn man dir eine direkte Frage stellt", flüsterte Selendis in ihr Denken. Abermals war Rosemary ihr dankbar.
„Unser Volk kämpfte gut." Er nickte zufrieden. „Das überrascht mich nicht. Aber du kommst nicht zu uns, um vorzuschlagen, zurückzukehren und den Zerg oder Ulrezaj unsere Welt wieder abzunehmen."
Die Verachtung, mit der Urun den Namen des dunklen Archonten versah, war beinahe schmerzhaft. Langsam schüttelte Rosemary den Kopf. „Nein. Das möchte ich nicht vorschlagen. Ich bin hier, um Euch zu bitten, Jake und Zamara zu helfen."
Uruns Unzufriedenheit traf sie. Er war voller Ungeduld, gierig darauf, zurückzuschlagen und die Ehre des Volkes der Protoss wiederherzustellen. Nur wenn es ihr gelang, ihn zu überzeugen, dass dieses Ziel zu erreichen wäre, wenn sie Zamara wiederfanden, würde er sich auf ihre Seite stellen.
Er entließ sie mit einer unwirschen Handbewegung, und diese Geste ärgerte Rosemary. Uruns Augen verengten sich leicht.
„Hüte deine Gedanken", erinnerte Selendis sie.
„Das ist verdammt schwierig, wenn man kein Telepath ist", gab Rosemary zurück und konzentrierte sich dann wieder auf das, weshalb sie gekommen war. Selendis' Anweisungen folgend ging sie wieder quer durch
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