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Zwischen Himmel und Liebe

Zwischen Himmel und Liebe

Titel: Zwischen Himmel und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Hals waren von silbergrauen Stoppeln überwuchert. Auch seine Augenbrauen waren grau und wild, und wenn er die Stirn runzelte, schienen sie die Augen vollkommen zu bedecken. Sein von tiefen Falten durchzogenes Gesicht wurde beherrscht von der Nase mit den großen Nasenlöchern, in denen ebenfalls graue Haare wuchsen; seine Hände waren so groß wie Schaufeln, die Schultern so breit wie die Schlucht von Dunloe. Das Haus hinter ihm wirkte im Vergleich dazu seltsam klein.
    Als Luke seinen Großvater entdeckte, hörte er auf zu summen und zog den Arm wieder ein. Elizabeth parkte und sprang sofort aus dem Auto. Sie hatte einen Plan. Sobald Luke ausgestiegen war, schloss sie rasch die Autotür und verriegelte sie, ehe er die Chance hatte, den Sitz nach vorn zu klappen und Ivan herauszulassen. Luke machte ein langes Gesicht und blickte betrübt zwischen Elizabeth und dem Auto hin und her.
    Das Gartentor quietschte.
    Elizabeth wurde flau im Magen.
    »Morgen«, dröhnte eine tiefe Stimme. Es war keine Begrüßung, sondern eine Feststellung.
    Lukes Unterlippe zitterte, und er drückte Gesicht und Hände an die Heckscheibe. Wenn er nur jetzt keine Szene machte!
    »Willst du deinem Großvater nicht guten Morgen sagen, Luke?«, fragte Elizabeth streng, obwohl sie genau wusste, dass sie selbst ihren Vater auch noch nicht begrüßt hatte.
    »Hi, Granddad.« Lukes Stimme schwankte, und er nahm sein Gesicht nicht vom Fenster.
    Elizabeth spielte mit dem Gedanken, die Autotür doch aufzumachen, um einen Tumult zu vermeiden, aber dann besann sie sich eines Besseren. Luke musste diese Phase überwinden.
    »Wo ist denn der andere?«, erkundigte sich Brendan dröhnend.
    »Welcher andere?« Elizabeth nahm Lukes Hand und versuchte ihn sanft vom Auto wegzuziehen. Aber seine blauen Augen blickten sie flehend an, und ihr Herz wurde schwer. Nein, Luke würde keine Szene machen.
    »Der Junge, der sich mit dem ausländischen Gemüse auskennt.«
    »Ivan«, antwortete Luke traurig, die Augen voller Tränen.
    »Ivan konnte heute nicht mitkommen, richtig, Luke?«, schaltete sich Elizabeth ein. »Vielleicht ein andermal«, fügte sie schnell hinzu, ehe die Sache weiter diskutiert werden konnte. »Gut, ich muss los, sonst komme ich zu spät zur Arbeit. Viel Spaß mit deinem Großvater, Luke, ja?«
    Unsicher sah Luke sie an und nickte.
    Elizabeth hasste sich, aber sie wusste, dass sie das Richtige tat, wenn sie dieses aberwitzige Verhalten unterband.
    »Dann mal los.« Brendan schwang seinen Stock, als wollte er seine Tochter verjagen, und wandte ihr abrupt den Rücken zu. Das Letzte, was sie hörte, war das Quietschen des Gartentors. Sie knallte die Autotür zu. Auf der Landstraße musste sie zweimal zurücksetzen, um einen Traktor durchzulassen. Im Rückspiegel sah sie Luke und ihren Vater im Vorgarten stehen, ihr Vater ein wahrer Riese neben dem Jungen. Sie hätte dieses Haus gern schneller hinter sich gelassen, aber es war, als zöge die Straße sie immer wieder dorthin zurück, unausweichlich wie Ebbe und Flut.
    Sie erinnerte sich noch gut an den Augenblick, als sie achtzehn war und das Farmhaus zum ersten Mal verließ, mit gepackten Koffern und der Absicht, vor Weihnachten bestimmt nicht zurückzukommen. Sie war unterwegs zur Cork University, nachdem sie zwar siegreich aus der Auseinandersetzung mit ihrem Vater hervorgegangen war, aber all den Respekt verloren hatte, den er ihr je entgegengebracht hatte. Statt ihre Aufregung zu teilen, weigerte er sich, ihr auch nur Lebewohl zu sagen. Der einzige Mensch, den Elizabeth an diesem hellen Augustmorgen vor dem Haus stehen sah, als sie davonfuhr, war die sechsjährige Saoirse, die zum Abschied eifrig mit beiden Armen winkte, voller Stolz auf ihre große Schwester, die roten Haare in unordentlichen Rattenschwänzchen, das Lächeln von großen Zahnlücken durchbrochen.
    Statt der Erleichterung und der freudigen Erwartung, die sie sich immer für den Moment erträumt hatte, wenn das Taxi sie von zu Hause wegbringen und die Nabelschnur endgültig zerreißen würde, war sie erfüllt von Angst und Sorge. Nicht wegen dem, was vor ihr lag, sondern wegen dem, was sie hinter sich ließ. Sie konnte Saoirse nicht für immer bemuttern, sie war ein eigener Mensch, der seine Freiheit brauchte, der seinen Platz in der Welt finden musste. Jetzt musste ihr Vater endlich die Rolle übernehmen, die er vor Jahren von sich gewiesen hatte und der er sich immer noch verweigerte. Elizabeth konnte nur hoffen, dass er, wenn er mit

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