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Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deb Marlowe
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gefasst, dass auch er sterben würde.“
    Nell spitzte die Lippen und konzentrierte sich unverwandt auf ihre Arbeit.
    Sophie beobachtete sie im Spiegel. „Es gab vage Gerüchte über Ärger in der Familie. Sind die bis in die Stadt vorgedrungen?“
    „So, fast fertig. Was für schönes Haar Sie haben, Miss!“
    „Nell?“
    Das Mädchen seufzte. „Das ist nur Geschwätz der Dienstboten, Miss.“
    Sophie sah sie nur fragend an.
    „Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich, Lord Dayle ist gestorben, weil er es wollte.“
    Schockiert entgegnete Sophie: „Es glaubt doch hoffentlich niemand …?“
    Nell schüttelte den Kopf. „Nein, sie sagen nur, er habe aufgegeben. Ist krank geworden und hat nicht dagegen angekämpft, und dann hat er sich einfach davongemacht.“
    Sophie wandte sich in ihrem Stuhl um und blickte Nell prüfend an. „Wenn wir das nächste Mal bei Lady Dayle sind, könntest du dann vielleicht …?“
    Nells wache Augen leuchteten. „Den Dienstboten ein paar Fragen stellen?“
    „Auf diskrete Weise.“ Sophie hielt inne. „Du hast dich als loyal und vertrauenswürdig erwiesen, Nell. Ich weiß, ich kann mich in dieser Sache auf dich verlassen.“
    Das Mädchen richtete sich stolz auf. „Selbstverständlich, Miss.“
    Ein Klopfen an der Tür ließ sie beide zusammenfahren. Ein Diener trat ein, um Besuch anzukündigen. Mit einem nervösen Blick auf den Flieder erhob sich Sophie. War das Charles? Sie zog ihr Schultertuch um sich und riss sich zusammen. Gut, dann konnte sie gleich damit anfangen, ein paar Antworten zu finden. Einen Moment später betrat sie gemessenen Schritts den Salon, das Kinn erhoben, nur um wie angewurzelt stehen zu bleiben.
    „Lord Cranbourne, Miss“, kündigte der Butler an.
    Wieder traf sie auf ihren Onkel, obwohl sie jemand anderen erwartet hatte.
    „Onkel“, sagte sie, so frostig sie nur konnte.
    „Nichte.“ Er blieb ebenso förmlich, während sie sich setzten, und beobachtete sie mit scharfem, berechnendem Blick. Erst als die Schritte des Butlers, den Sophie beauftragt hatte, Tee zu bringen, im marmornen Foyer verhallten, ergriff er das Wort. „Ich gebe zu, ich war verärgert, als ich erfuhr, dass du nach London gekommen warst.“
    „Ich bin erstaunt, dass Sie das überhaupt in irgendeiner Weise berührt.“
    Er ignorierte ihre Bemerkung und schlug die Beine übereinander. „Es wirkt nicht gut, dass du ohne meine Protektion hergekommen bist, aber ich bin bereit, darüber hinwegzusehen.“
    Sophie neigte würdevoll ihr Haupt. „Das scheinen Sie generell vorzüglich zu beherrschen.“
    Er lehnte sich nach vorne. „Hör mir gut zu, Nichte. Wir können hier den ganzen Nachmittag sitzen, und du traktierst mich mit spitzen Bemerkungen, oder wir können gleich zum Punkt kommen. Was ziehst du vor?“
    „Was immer das Gespräch schneller beendet.“
    Cranbourne lachte in sich hinein. „Ich bin beeindruckt, meine Liebe, und das kommt nicht oft vor.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hätte nie erwartet, dass ein solches Feuer in dir brennt.“
    Ihre bisher so mühsam kontrollierte Wut gewann die Oberhand. „Sie können unmöglich irgendetwas über meinen Charakter wissen!“, zischte sie. Sie bemühte sich, ihre Beherrschung wiederzugewinnen, als der Butler mit dem Tee zurückkehrte.
    Ihr Onkel schien sich immer noch vollkommen wohlzufühlen. „Ich weiß mehr über dich, als du denkst, junge Dame, das kannst du mir glauben. Ich weiß, du zürnst mir, aber was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt befinden wir uns in einer Lage, in der wir einander helfen können.“
    Fest entschlossen, ihn nicht noch mal Zeuge ihrer Unbeherrschtheit werden zu lassen, nippte Sophie an ihrem Tee. „Ihr Angebot kommt fünfzehn Jahre zu spät, Sir. Ich bin nicht interessiert.“
    „Sei nicht so schnippisch, Mädchen. Es ohne meine Hilfe hierher zu schaffen erforderte Mut und Klugheit. Ich kann dafür sorgen, dass du noch viel, viel weiter kommst. Ich habe Verbindungen. Was wünschst du dir? Die führende Dame der feinen Gesellschaft zu werden? Eine Gastgeberin, die ihre eigenen politischen Salons abhält?“ Er deutete auf ihre farbbeschmutzten Finger. „Eine Kunstmäzenin?“
    Sie antwortete nur mit einem Kopfschütteln.
    „Hinter den Kulissen kann man beträchtliche Macht ausüben. Wahre Macht. Ein zufälliges Treffen auf einem Ball, ein unbedachtes Wort bei einem Dinner entscheidet über das Schicksal von Königreichen. Du könntest mir eine große Hilfe sein, und ich kann dafür

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