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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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und hilft, euch schulfertig zu machen.«
    »Wirklich?«, hakte Betsy nach, offenkundig nicht überzeugt.
    »Heute ist aber ein ganz besonderer Tag«, sagte Lulu, die Jolene so ansah, als wüsste sie nicht, was sie von dem Ganzen halten sollte. »Also Cap’n Crunch.«
    Betsy stöhnte.
    »Bist du sicher, Jo? Denn ich kann’s auch machen«, bot Michael an.
    »Ganz sicher.«
    »Die Mädchen fahren neuerdings mit dem Bus. Die Abfahrtszeiten kennen sie«, fügte er hinzu.
    Noch eine Veränderung. Auch gut. Schließlich konnte Jolene sie kaum mit dem Wagen bringen.
    »Also gut. Heute habe ich die Auswahl der Geschworenen, also bin ich die meiste Zeit im Gericht. Mom kommt in einer Stunde, um dich zur Physiotherapie zu bringen. Spätestens um sechs bin ich zu Hause.«
    »Du bist doch nie um sechs zu Hause!«
    »Menschen verändern sich, Jo«, entgegnete er und warf ihr einen bedeutsamen Blick zu.
    »Gib Mommy einen Abschiedskuss«, verlangte Lulu, als er seinen Mantel holte.
    Michael und Jolene sahen sich an. Dann ging er zu ihr und beugte sich langsam vor.
    Er küsste sie nur ganz leicht. Es war ein Kuss für eine alte Frau, oder für eine Todkranke.
    Von ihrem Rollstuhl aus sah sie ihm nach, wie er das Haus verließ. Als sie den Motor seines Wagens hörte, kehrte sie in die Gegenwart zurück. »Alles klar, Mädchen, zieht euch an. Das Frühstück ist gleich fertig.«
    Sie rollte in die Küche und war überrascht, wie klein sie aus ihrer neuen Position wirkte. Es war kaum genug Platz zum Manövrieren, und die Arbeitsflächen waren zu hoch; sie hatte Schwierigkeiten, sie zu erreichen.
    Sie überlegte immer noch, wie sie es am besten schaffen sollte, da kamen schon die Mädchen in die Küche und setzten sich an den Tisch. Jolene blickte auf den Speisekalender, den sie für Michael dagelassen hatte. Heute stand Haferbrei mit Bananenstückchen und Weizentoast auf dem Plan.
    Sie kletterte aus dem Stuhl und hielt sich mit einer Hand an der Küchentheke fest, während sie mit der anderen einen Topf aus dem Schrank holen wollte. Das Klappern von Metall machte sie nervös, erinnerte sie an Schüsse und berstenden Beton …
    »Brauchst du Hilfe, Mom?«, fragte Betsy.
    »Nein«, entgegnete Jolene. »Einen verdammten Haferbrei werde ich doch wohl noch zustande bringen.«
    »Entschuldige, dass ich gefragt habe«, murmelte Betsy gekränkt.
    »Mommy hat schon wieder ein schlimmes Wort gesagt«, bemerkte Lulu.
    Jolene fand den Topf, packte ihn und blickte zum Spülbecken. Es war nur drei Meter entfernt, doch die Distanz schien vor ihren Augen zu wachsen. Gott, wie gerne wäre sie einfach wie früher hinübergeschlendert und hätte mit den Mädchen gescherzt, während sie kochte.
    Jetzt biss sie die Zähne zusammen, ließ sich in den Rollstuhl sinken und rollte zum Spülbecken. Dort erhob sie sich wieder, drehte das Wasser auf und hielt den Topf unter den Hahn.
    Blut schoss hervor und strömte dem Soldaten übers Gesicht. Jolene schrie: »Smitty, hol den Arzt, der Mann schafft es nicht …«
    »Es ist gleich acht!«, meldete Betsy scharf und riss Jolene in die Gegenwart zurück. Sie war nicht im Irak und flog Verwundete aus. Sie war in ihrer Küche. Als sie den Blick senkte, merkte sie, dass das Wasser im Topf überfloss.
    »Mom, es ist …«
    »Ich weiß«, erwiderte Jolene. Sie drehte den Wasserhahn zu und stellte den Topf auf die Küchentheke. Dann drehte sie sich auf ihrem Fuß und stellte den Rollstuhl in eine bessere Position.
    »Dad wäre längst fertig«, sagte Betsy.
    Ohne nachzudenken, packte Jolene den Topf mit der rechten Hand. Alles geschah innerhalb einer Sekunde, aber sie sah es in Zeitlupe: wie sie nach ihm griff, sich umdrehte, ihre Finger den Topf nicht halten konnten, ihn losließen und er zu Boden fiel …
    Laut scheppernd schlug er auf.
    »Jetzt bin ich ganz nass!«, schrie Betsy und sprang auf. »Mein Gott ! Jetzt muss ich mich noch mal umziehen …« Sie rannte aus der Küche.
    Jolene ließ sich im Rollstuhl zusammensinken.
    »Du hast Unordnung gemacht«, bemerkte Lulu mit gerunzelter Stirn. »Der ganze Boden ist überflutet.«
    Jolene saß nur reglos da.
    »Mommy? Du hast Unordnung gemacht«, wiederholte Lulu jetzt ängstlich. »Daddy soll kommen.«
    »Ist mir doch scheißegal!«, fuhr Jolene sie an.
    Da fing Lulu an zu weinen. »Daddy soll kommen! SOFORT !«
    Betsy kam die Treppe heruntergerannt. Sie trug jetzt Jeans und ein weißes Kapuzenshirt. Sie hob Lulu auf den Arm. Dann starrten sie beide Jolene

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