Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
glaube, ich lag falsch. Ja, es kommt durchaus vor, dass ich mir irre. Nicht oft, aber ab und an passiert es.
»Was halten Sie davon, am nächsten Freitag zu einem Familien-Sabbat-Abendessen zu uns zu kommen, Mr Obermeyer?«
»Ich bin kein Jude.«
»Man muss kein Jude sein, um zu meiner Familie zu gehören, Mr Obermeyer. Fragen Sie mal meine Mom.«
26
Ich liebe den Herrn, denn er hört meine Stimme, mein Flehen; denn er neigt sein Ohr zu mir,wann immer ich ihn rufe (Psalmen 116,1).
Manchmal kriege ich wegen meiner brillanten Ideen Ärger und brauche ein wenig Hilfe von oben.
»Strickmützen?«
Miranda hält unsere neu erworbenen Kopfbedeckungen für unsere Kidnapping-Aktion hoch. »Passt.«
»Schwarze Klamotten?«
Miranda lässt den Blick über mich, Nathan, Jess und sich selbst wandern. »Passt.«
»Taschenlampen?«
Wir knipsen sie alle an, um sicherzustellen, dass sie auch funktionieren. »Passt.«
»Walkie-Talkies?«
Jess hält vier Funkgeräte von Motorola hoch, keine Ahnung, woher sie die hat.
»Handschellen?«
Ich halte die Plastikdinger hoch, die ich bei Walgreens erworben habe.
»Lippenstift und Haargummis?«
»An der Stelle klinke ich mich aus«, sagt Nathan und leuchtet mir mit seiner Taschenlampe ins Gesicht.
»Nathan, das ist doch wohl klar, dass sich das nicht auf dich bezogen hat. Miranda, hast du die Schlüssel?«
Miranda lässt klimpernd ihren Schlüsselbund vor sich hin- und herbaumeln. »Alles da: die Schüssel deines Dads, das Auto deines Dads und die Adresse. Bist du bereit, Amy?«
Angesichts der Tatsache, dass mein Herz eine Million Mal pro Sekunde schlägt und ich seit zwei Tagen nichts gegessen habe, weil ich wegen unserer Mission heute gleichzeitig so nervös und voller Vorfreude war, könnte man sagen, ich bin bereit.
Wir quetschen uns in den Lexus meines Vaters und fahren nach Norden in Richtung Evanston. Miranda sitzt am Steuer, ich vorne auf dem Beifahrersitz, Jess und Nathan auf der Rückbank. Als wir uns dem Ziel nähern, weise ich alle an, ihre Strickmützen aus ihren Gesäßtaschen zu holen und aufzusetzen.
»Muss ich?«, fragt Jess. »Das drückt meine Haare voll platt.«
Ich verdrehe die Augen. »Glaubst du, Kommandosoldaten machen sich Gedanken über plattgedrückte Haare?«
»Amy, wir sind keine echten Kommandosoldaten. Und Avi wird sowieso gleich checken, dass du es bist. Hier geht es nicht um eine reale Militäroperation, sondern um ein Mädchen, das seinen Freund zurück will.«
Für mich ist es eine echte Operation.
Wir halten vor dem Eingang von Allison Hall an.
»Und jetzt?«, fragt Miranda.
Ich scanne die Umgebung nach einem guten Platz ab, wo wir uns postieren können.
»Woher willst du wissen, dass er überhaupt da ist?«, fragt Jess. »Er könnte ausgegangen sein oder den ganzen Abend und die ganze Nacht keinen Fuß vor die Tür setzen …«
»Jess, du bist keine große Hilfe«, fährt Nathan dazwischen.
Jess hält den Mund.
»Okay, Vorschlag«, sage ich. »Jess, du gehst rein und hörst dich um. Gib dich als Studentin aus und frag, ob jemand weiß, wo Tarik steckt.«
Sie hat schon die Hand am Türöffner des Autos, als sie innehält. »Wie heißt er mit Nachnamen?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich möchte wetten, es gibt im Wohnheim nicht viele Tariks.«
Während ich sie beobachte, wie sie auf den Eingang des Wohnheims zuschlendert, verwünsche ich die Maniküre und pelle die Reste des Lacks von meinen Fingernägeln, bevor ich beginne, auf jedem einzelnen Nagel herumzukauen.
»Hör auf«, befielt Nathan. »Nägelkauen kann ich nicht ab. Pass auf, wenn er dich liebt, dann liebt er dich, und wenn nicht … dann ist er selbst schuld. So oder so – mit Nägelkauen änderst du nichts am Ergebnis.«
»Du bist herzlos«, sage ich zu ihm.
»Nur realistisch«, erwidert er.
Das sehe ich anders. Ich bin der Meinung, wenn das Leben beschissen läuft, dann kann man sich mitten durch diese Scheiße pflügen und das Steuer herumreißen. Und deshalb werde ich alles tun, was in meiner Macht steht. Ja, ich glaube wirklich, dass ich mein Schicksal selbst in die Hand nehmen kann.
Bei jedem Typ, der das Gebäude betritt, denke ich, es wäre Avi. Bei jedem Mädchen, denke ich, sie wäre auf dem Weg zu ihm. Oh Mann, ich weiß, was Avi damit meint, dass der Kopf der härteste Gegner ist.
»Ist er das?«, fragt Miranda aufgeregt zum millionsten Mal.
»Nein.«
Zehn Minuten verstreichen, und ich frage mich langsam, ob meine tolle Idee mit der Entführung
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