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Zwischen zwei Nächten

Zwischen zwei Nächten

Titel: Zwischen zwei Nächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Schwärmen und ich lüge wie gedruckt. In Wahrheit habe ich schreckliche Angst vor dem Altwerden. Spürst du es auch schon, das nahende Alter, Annemarie? Ich spüre, wie es sich anschleicht, von Jahr zu Jahr schneller, ein unaufhaltsamer Prozeß. Bei dreißig wäre ich gern stehengeblieben oder besser noch bei fünfundzwanzig. Die Vergänglichkeit meiner Schönheit ist mir schmerzlich bewußt, sie bereitet mir körperliches Unbehagen, macht mich nervös. Früher habe ich mir kaum Gedanken über meine Schönheit gemacht, sie ist so selbstverständlich gewesen. Erst der drohende Verlust macht mir angst. Und diese Angst sitzt tief. Zum Glück bin ich wenigstens nie eines von diesen strahlend schönen Mädchen gewesen, nach denen sich jedes männliche Wesen, egal welchen Alters, einfach umdrehen muß, aber selbst um dieses bißchen gute Aussehen, das ich besessen habe, ist mir leid. Meine Augen haben an Glanz verloren, meine Lippen sind trocken und spröd, die Haut ist faltig, wird rauh. Ich brauche Unmengen von Make-up, um halbwegs passabel auszusehen. Meine Haare sind grau und schütter geworden. Ich verwende Tönungsshampoos, um sie blond zu erhalten, und spüle sie mit stinkendem Bier, um die alte Fülle vorzutäuschen. Auf meinen Händen entdecke ich die ersten dunklen Flecken. Altersflecken! Es nützt nichts, daß ich die Sonne meide, die Zeit kennt kein Erbarmen. All meine Anstrengungen sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber das Äußere ist das Wichtigste für eine Frau, ihr größtes Kapital, so sagt man doch. Egal, wie sehr ich mich dagegen gewehrt habe, während der Pubertät und auch danach, bewußt war es mir schon damals. Erinnerst du dich noch, wie ich mit sechzehn ausgesehen habe? Unförmig, ganz in Schwarz gekleidet, ungeschminkt und mit tausend Pickeln im Gesicht. Kein Mann, außer meinem Vater natürlich, hat sich für mich interessiert. Schon damals habe ich das Gefühl gehabt, das Leben wäre vorbei, und habe doch erst begonnen zu leben, bin hübscher geworden in den Zwanzigern, habe meine kindliche Molligkeit verloren, sie hat sich in Kurven verwandelt, wie sportbegeisterte Autofetischisten es ausdrücken würden. Ich habe sie kaum wahrgenommen, diese Schönheit, die auch nicht dem herrschenden Ideal entsprochen hat. Sie ist so rasch verflogen, ich habe keine Gelegenheit gefunden, sie zu genießen oder gar einzusetzen. Wie gern habe ich früher diese leichten, luftigen Sommerkleider getragen, die viel Bein und Busen sehen ließen. Heute behagt mir mein Anblick in solchen Kleidern nicht mehr. Geschickt verhüllt und gut verpackt steht mir schon eher. Und doch weiß ich, daß es auf den Inhalt ankommt und nicht auf die Verpackung. Alfred gegenüber erwähne ich diese Ängste nie. Er würde sich nur darüber lustig machen. Was verstehen Männer schon davon? Aber auch du kennst diese lächerlichen Probleme sicher nicht aus eigener Erfahrung, dir war dein Aussehen immer mehr oder weniger egal. Außerdem war dir dein Gesicht immer wichtiger als deine Figur. Wenn du wüßtest, wie sehr ich dich um diese Selbstsicherheit beneide.“
    Anna musterte kritisch die ansehnlichen Rundungen ihrer Freundin.
    „Du bist so eine starke Frau“, flüstert Alfred und greift nach ihrer Hand.
    „Ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen, aber ich glaube, du wirst mich verstehen. Du bist die einzige, die meinen Schmerz mit mir teilt, nur du weißt, was ich verloren habe.“
    Er seufzt und wischt sich mit der Hand über die Augen.
    Was ist das nun wieder für eine neue Masche? Warum kann er mich nicht wenigstens mit seinen Tränen verschonen? Mir bleibt wirklich nichts erspart.
    Ann-Marie ist nahe am Explodieren.
    „Weißt du, ich mache mir schwere Vorwürfe, irgendwie fühle ich mich für ihren Tod verantwortlich. Wenn ich zu Hause geblieben wäre oder einen Tag früher heimgekommen wäre …, so wichtig waren diese Geschäfte in Salzburg nun auch wieder nicht. Anna würde jetzt neben uns sitzen“, schließt er in weinerlichem Ton und deutet mit einer theatralischen Geste auf den leeren Stuhl neben sich.
    „Das glaube ich nicht.“
    „Was willst du damit sagen?“
    „Aber Alfred, sie hat doch vorgehabt, dich zu verlassen und nach New York zu kommen. Du wirst mir doch nicht weismachen wollen, daß du von ihren Plänen keine Ahnung gehabt hast. Sogar die Leute in eurem Büro haben davon gewußt.“
    Er überlegt ein paar Sekunden zu lang, bevor er antwortet.
    „Das stimmt nicht, im Büro sind sie

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