Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Person.
Das Hengstfohlen suchte gierig nach der Zitze seiner Mutter, doch Ayla scheuchte es fort, bis sie die Höhle erreicht hatten.
»Du recht gehabt, Jondalar«, sagte sie, als sie oben auf dem Sims ankam.
»Großes, großes Feuer. Ayla nie zuvor so großes Feuer gesehen. Bis ganz weit. Viele, viele Tiere.«
Etwas an ihrer Stimme ließ ihn genauer hinsehen. Sie war völlig ausgepumpt, und das Blutbad, das sie hatte mitansehen müssen, trug dazu bei, daß ihre Augen noch tiefer in den Höhlen lagen. Ihre Hände waren schwarz, und ihr Gesicht und der Überwurf voller Ruß und Blut. Sie nahm Winnie das Zuggeschirr ab, schlang der Stute dann den Arm um den Hals und lehnte völlig erschöpft die Stirn an das Tier. Das Pferd hatte den Kopf gesenkt und stand mit gespreizten Vorderbeinen da, während das Füllen den bis zum Bersten gefüllten Zitzen etwas von der Spannung nahm. Das Pferd sah nicht minder erschöpft aus als die Frau.
»Das Feuer muß weit entfernt gewesen sein. Es ist spät. Bist du den ganzen Tag geritten?« fragte Jondalar.
Unter Mühen hob sie den Kopf und sah ihn an. Für einen Augenblick hatte sie vergessen, wo sie war. »Ja, den ganzen Tag«, sagte sie und seufzte dann tief auf. Sie konnte ihrer Müdigkeit noch nicht nachgeben, dazu gab es noch zuviel zu tun. »Viele Tiere sterben. Viele kommen Fleisch holen. Wolf. Hyäne. Löwe. Andere, die ich noch nie gesehen hatte. Große Zähne.« Sie riß den Mund weit auf wie ein Maul und ließ die beiden Zeigefinger herunterhängen wie zwei überlange Reißzähne.
»Du hast einen Säbelzahntiger gesehen! Ich habe nicht gewußt, daß es sie wirklich gibt! Ein alter Mann hat uns Jungen beim Sommertreffen immer davon erzählt, wie er in seiner Jugend einen gesehen hätte, aber geglaubt hat es ihm keiner. Du hast wirklich einen gesehen?« Er wünschte, er hätte bei ihr sein können.
Sie nickte und zitterte, straffte die Schultern und machte die Augen zu.
»Machen Winnie Angst. Schleicht heran. Schleuder vertrieben. Winnie und ich weglaufen.«
Jondalar riß die Augen weit auf, als er ihrem zögernd vorgebrachten Bericht von diesem Zwischenfall folgte. »Du hast mit deiner Schleuder einen Säbelzahntiger vertrieben? Große Mutter, Ayla!«
»Viel Fleisch. Tiger … nicht brauchen Winnie. Schleuder vertreiben.«
Sie wollte noch mehr sagen, alles genau beschreiben und ihre Angst schildern, damit er an ihr teilhätte, doch sie wußte einfach nicht, wie sie das machen sollte. Sie war zu abgespannt, um die Bewegungen vorzuführen und sich dann die passenden Wörter dafür zu überlegen.
Kein Wunder, daß sie erschöpft ist, dachte Jondalar. Vielleicht hätte ich ihr nicht raten sollen, sich das Feuer anzusehen. Aber immerhin hat sie zwei Hirsche bekommen. Und dazu muß Mut gehören, sich gegen einen Säbelzahntiger zur Wehr zu setzen! Wirklich eine beachtliche Frau!
Jondalar hatte Kochsteine ins Feuer gelegt, und dafür war sie ihm dankbar. Eine Tasse heißen Tees war gerade das richtige. Sie hatte zu essen für ihn zurückgelassen und gehofft, daß er nicht von ihr erwartete, noch zu kochen. Daran konnte sie im Augenblick wirklich nicht denken. Sie hatte zwei Hirsche, die abgehäutet und zum Trocknen zerlegt und kleingeschnitten werden mußten.
Sie hatte nach Tieren gesucht, die nicht verbrannt waren, denn schließlich wollte sie auch die Häute haben. Doch als sie anfing zu arbeiten, fiel ihr ein, daß sie vorgehabt hatte, ein paar neue Messer zu fertigen. Messer wurden mit der Zeit stumpf – winzige Plättchen blätterten an der Schneide ab. Für gewöhnlich war es leichter, neue zu fertigen und die alten für etwas anderes zu verwenden, zum Beispiel als Schaber.
Das stumpfe Messer war mehr, als sie ertragen konnte. Tränen der Müdigkeit und der Niederlage traten ihr in die Augen, als sie auf dem Fell herumhackte, statt zu schneiden.
»Ayla, was fehlt dir?« fragte Jondalar.
Woraufhin sie nur noch um so wütender auf den Hirsch loshackte. Sie konnte es ihm nicht erklären. Daraufhin nahm er ihr das stumpfe Messer aus der Hand und zog sie hoch. »Du bist müde. Warum legst du dich nicht hin und ruhst einen Weile?«
Sie schüttelte den Kopf, obwohl sie verzweifelt gern getan hätte, was er ihr sagte. »Hirsch Fell abziehen, Fleisch trocknen. Nicht warten, Hyäne kommen.«
Er machte sich gar nicht erst die Mühe ihr vorzuschlagen, die Beute hineinzubringen; sie konnte ja nicht mehr klar denken. »Ich passe auf«, sagte er. »Du mußt dich ausruhen. Gehe hinein und
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