Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Gerste und Weizen sind noch nicht einmal reif. Ich
verstehe gar nicht, warum du noch mehr haben willst.« »Das ist für Winnie und ihr Baby. Die beiden brauchen auch
noch Gras. Winnie frißt im Winter zwar draußen, aber wenn
der Schnee hoch liegt, gehen viele Pferde ein.«
Diese Erklärung reichte, um jeden Einwand von seiner Seite
zu ersticken. Sie gingen durch das hohe Gras zurück und
genossen jetzt, da sie in der Hitze nicht mehr arbeiten mußten,
die warme Sonne auf der bloßen Haut. Jondalar trug nur seinen
Lendenschurz, und seine Haut war genauso gebräunt wie ihre.
Ayla trug jetzt ihren kurzen Sommerüberwurf, der ihr von der
Hüfte bis zu den Knien ging und vor allem deshalb wichtig war,
weil sie in den Falten Werkzeuge, Schleuder und andere Dinge
mit sich herumtragen konnte. Sonst hatte sie nur ihren kleinen
Beutel an einem Riemen um den Hals hängen. Jondalar
bedachte ihren festen und geschmeidigen Körper mehr als
einmal mit bewundernden Blicken, hütete sich jedoch,
irgendwelche anzüglichen Gesten zu machen, und von ihr kam
nichts, was man als eine Aufforderung hätte betrachten können. Er freute sich auf den Ritt und fragte sich, was Winnie wohl
machen würde. Wenn nötig, konnte er ihr rasch aus dem Weg
gehen. Bis auf ein leichtes Hinken war seinem Bein nichts mehr
anzumerken, und er meinte, auch dieses Hinken würde sich mit
der Zeit noch geben. Ayla hatte die Wunde wirklich auf
geradezu wunderbare Weise versorgt; er hatte ihr so viel zu
danken. In letzter Zeit hatte er ans Fortgehen gedacht – es gab ja
keinen Grund mehr für ihn zu bleiben –, doch schien sie es nicht eilig zu haben, daß er ging, und so schob er es immer wieder auf. Er wollte ihr noch helfen, sich auf den kommenden
Winter vorzubereiten; das zumindest war er ihr schuldig. Außerdem mußte sie an die Pferde denken. Auf den
Gedanken war er nie gekommen. »Das ist ziemlich viel Arbeit,
auch noch Futter für die Pferde zu lagern, nicht wahr?« »Ach, soviel nun auch wieder nicht«, sagte sie.
»Ich habe gerade darüber nachgedacht, daß du gesagt hast, sie
bräuchten auch noch Gras. Könntest du denn nicht die ganzen
Stengel schneiden und sie in die Höhle bringen? Dann könntest
du, statt die Körner in diesen zu sammeln« – er zeigte auf ihre
Sammelkörbe –, »die Körner in einem Korb ausschütteln und
hättest außerdem auch noch das Gras für sie.«
Sie legte die Stirn in Falten und überlegte. »Vielleicht …
Wenn man die Stengel nach dem Schneiden trocknete, ließen
sich die Körner vielleicht herausschütteln. Manche besser als
andere. Aber es kommen ja immer noch Weizen und Gerste …
ein Versuch wird sich lohnen.« Ein breites Lächeln malte sich
auf ihrem Gesicht. »Jondalar, ich glaube, es könnte klappen!« Sie war so rückhaltlos aufgeregt, daß auch er lächeln mußte.
Daß er sie hoch schätzte, daß er sich von ihr angezogen fühlte
und einfach Freude an ihr hatte – all das war nur allzu deutlich
in seinen wunderbar verführerischen Augen zu erkennen. Und
wie sie reagierte, das war offen und spontan.
»Jondalar, ich mag das so gern, wenn du … mich mit deinem
Mund und deinen Augen anlächelst.«
Er lachte – sein unerwartetes, unverkrampftes,
überschäumendes und mutwilliges Lachen! Diese Ehrlichkeit
und Offenheit, die sie hat, dachte er. Ich glaube, sie ist noch nie
anders als völlig aufrichtig gewesen. Was für eine
ungewöhnliche Frau!
Ayla ließ sich von seinem Heiterkeitsausbruch mitreißen. Ihr
Lächeln verstärkte sich unter seinem Einfluß, wurde zu einem
Glucksen und entlud sich dann in einem vollen,
hemmungslosen und hinreißend befreienden Lachen. Beide waren außer Atem: als sie sich wieder fingen, ließen sie
sich zu neuen Lachausbrüchen verleiten, holten neuerlich tief
Atem und wischten sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln.
Keiner von beiden konnte sagen, was denn eigentlich so
umwerfend komisch gewesen sei; ihr Lachen hatte sich an sich
selbst genährt, gleichzeitig war es aber auch ein Loswerden von
Spannungen gewesen, die sich in ihnen beiden aufgestaut
hatten.
Als sie weitergingen, legte Jondalar Ayla den Arm um die
Hüfte – eine liebevolle Geste, die noch zum gemeinsamen
Lachen dazugehörte. Er spürte, wie sie sich versteifte und ließ
sofort los. Er hatte sich – und ihr, wenngleich sie das in dem
Augenblick nicht begriffen hatte – versprochen, sich ihr nie
aufzudrängen. Wenn sie Enthaltsamkeit von den Wonnen
gelobt hatte, wollte er sich nicht in eine Lage bringen
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