Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
kommen.«
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Jondalar stellte sich so hin, daß er, wenn er den Mittelgang und die freien Bereiche der Herdfeuer hinuntersah, die sie voneinander trennten, fast das gesamte Herdfeuer des Mammut überblicken konnte. Ayla auszuspähen war ihm so zur Gewohnheit geworden, daß er kaum noch darüber nachdachte. Es war ihm nicht einmal peinlich; denn sie zu beobachten war einfach ein Teil seines Lebens. Was immer er auch tat, er konnte sie keinen Augenblick vergessen, höchstens, daß sie gelegentlich an den Rand seines Bewußtseins rückte. Er wußte, wann sie schlief und wann sie wach war, wann sie aß oder irgend etwas arbeitete. Er wußte, wann sie hinausging, wer sie besuchte und wie lange der Betreffende blieb. Er hatte sogar eine gewisse Vorstellung, worüber sie sich unterhielten.
Er wußte, daß Ranec den größten Teil seiner Zeit am Herdfeuer des Mammut verbrachte. Wenn er sie auch nicht gern zusammen sah, er wußte immerhin, daß Ayla noch nicht wieder bei ihm gelegen hatte und jeden engen Kontakt mit ihm zu meiden schien. Ihr Verhalten hatte ihn dahin gebracht, daß er sich mehr oder weniger mit der Situation abfand und seine Ängste eingelullt wurden. Um so härter traf es ihn, als er sie zur Schlafenszeit zusammen mit Ranec zum Herdfeuer des Fuchses gehen sah. Zuerst konnte er es nicht glauben. Er nahm an, sie wolle bloß etwas holen und werde gleich zu ihrem eigenen Bett zurückgehen. Daß sie vorhatte, die Nacht mit dem Bildschnitzer zu verbringen, ging ihm erst auf, als sie Wolf befahl, ans Herdfeuer des Mammut zurückzukehren.
Aber als es ihm aufging, war das wie eine Explosion in seinem Kopf, die rasenden Schmerz und ein Aufbäumen der Wut durch seinen ganzen Körper schickte. Er war vollkommen erschlagen. Seine erste Regung war, ans Herdfeuer des Fuchses zu laufen und sie fortzureißen. Im Geiste sah er Ranec sich über ihn lustig machen, wollte ihm die Faust in das dunkle, lächelnde Gesicht rammen, dieses verächtliche, höhnische Lächeln zunichte machen. Er rang um seine Fassung; schließlich packte er seinen Überwurf und lief hinaus.
Jondalars Brust hob und senkte sich, als er große Mengen von kalter Luft in sich hineinpumpte, um seine rasende Eifersucht abzukühlen; dabei versehrte er sich mit der Kälte fast die Lungen. Ein überraschender Kälteeinbruch im frühen Frühjahr hatte den Schlamm gefrieren lassen, Bäche in tückische Rutschbahnen verwandelt und den Boden dort, wo auf dem Schlamm gelaufen worden war, so buckelig und uneben gemacht, daß es schwerfiel, darauf zu laufen. Er verlor in der Dunkelheit den Halt auf dem Boden und kämpfte damit, das Gleichgewicht zu bewahren. Als er den Pferdeanbau erreichte, ging er wieder hinein.
Winnie schnaubte zur Begrüßung, und Renner schloß sich ihr an; er stupste ihn mit der Schnauze an und hoffte, liebevoll gestreichelt zu werden. Jondalar hatte in der schwierigen Winterperiode viel Zeit mit den Pferden verbracht und während des launischen Frühlings womöglich noch mehr. Sie mochten seine Gesellschaft, und er konnte seinerseits in ihrer warmen, fraglosen Gegenwart entspannen. Als der Fellvorhang vor dem Eingangsbogen, der ins Lagerhaus führte, sich bewegte, fiel ihm das auf. Gleich darauf spürte er Pfoten an seinem Bein und hörte flehentliches Gewinsel. Er langte hinunter und hob den Wolfswelpen auf.
»Wolf!« sagte er lächelnd, bog jedoch den Kopf nach hinten, als das Tier ihm eifrig das Gesicht leckte. »Was machst du hier?« Dann schwand das Lächeln aus seinem Gesicht. »Sie hat dich fortgeschickt, nicht wahr? Du bist es gewohnt, in ihrer Nähe zu sein, und jetzt fehlt sie dir. Ich weiß, wie dir zumute ist. Man gewöhnt sich nur schwer daran, allein zu schlafen, nachdem sie so lange neben einem geschlafen hat.«
Als er den kleinen Wolf klopfte und ihm übers Fell strich, legte sich die Spannung, unter der er stand, ein wenig, und es widerstrebte ihm, ihn abzusetzen. »Was soll ich bloß mit dir machen, Wolf? Es fällt mir schwer genug, dich zurückzuschicken. Aber vielleicht sollte ich dich bei mir schlafen lassen.«
Stirnrunzelnd stellte er dann fest, in einer Zwickmühle zu sitzen. Wie sollte er mit dem Welpen an sein Lager zurückkehren? Es war kalt draußen, und er war sich nicht sicher, ob das kleine Geschöpf mit ihm hinausgehen würde; benutzte er aber den Zugang, der zum Herdfeuer des Mammut führte, mußte er durch das Herdfeuer des Fuchses hindurch, um sein Lager zu erreichen. Nichts in der Welt hätte ihn in
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