Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
darüber bestimmt, bestimmt Sie darüber. Und kommt der Zeitpunkt, können wir uns immer noch entscheiden. Ich möchte nicht, daß du Sie beleidigst.«
»Ja, du hast recht, Ayla«, sagte er etwas erleichtert.
Mit einem Stich des Bedauerns beschloß Ayla, die empfängnisverhütende Medizin auch weiterhin zu nehmen, doch träumte sie in dieser Nacht von Babys, einigen mit langem blonden Haar, anderen, die Rydag und Durc ähnelten. Es tagte schon fast, als sie einen Traum hatte, der nun ganz anderer Art war und etwas Bedrohlich-Bedeutungsvolles und Unwirkliches hatte.
In diesem Traum hatte sie zwei Söhne, Brüder, bei denen keiner auf die Idee kommen konnte, daß sie Brüder waren. Der eine war groß und blond wie Jondalar; von dem anderen wußte sie, daß es Durc war, obwohl sein Gesicht im Schatten blieb. Die beiden Brüder gingen mitten in der endlosen, trostlosen, windreichen Steppe, aus entgegengesetzten Richtungen kommend, aufeinander zu. Ayla hatte große Angst, irgend etwas Schreckliches werde geschehen, etwas, das sie unbedingt verhindern mußte. Und dann ergriff sie unversehens Entsetzen: Sie wußte, daß einer ihrer Söhne den anderen umbringen würde. Als sie einander immer näher kamen, versuchte sie, sie zu erreichen, doch hielt eine dicke tückische Mauer sie umschlossen. Und als sie einander fast erreicht und die Arme zum Zuschlagen erhoben hatten, stieß sie einen Schrei aus.
»Ayla! Ayla! Was hast du?« fragte Jondalar und schüttelte sie.
Plötzlich war Mamut bei ihnen. »Wach auf, Kind! Wach auf!« sagte er.
»Es ist nur ein Zeichen, eine Botschaft. Wach auf, Ayla!«
»Aber einer wird sterben!« rief sie laut, noch ganz im Bann ihres Traumes.
»Es ist nicht das, was du denkst, Ayla«, sagte Mamut. »Es muß nicht unbedingt bedeuten, daß ein … Bruder stirbt. Du mußt lernen, der wirklichen Bedeutung deiner Träume nachzugehen. Du besitzt die Gabe, und zwar in großem Maße. Was dir fehlt, ist nur die Übung.«
Das Bild vor Aylas innerem Auge löste sich auf, und sie sah zwei besorgte Gesichter auf sie herniederblicken – Gesichter, die beide großgewachsenen Männern gehörten, von denen der eine jung und stattlich und der andere alt und weise war. Jondalar hielt ein brennendes Holzscheit vom Herdfeuer in die Höhe. Sie setzte sich auf und lächelte verzagt.
»Ist jetzt alles in Ordnung mit dir?« fragte Mamut.
»Ja, ja. Tut mir leid, daß ich euch geweckt habe«, sagte Ayla unwillkürlich auf Zelandonii; ihr war im Moment nicht klar, daß der alte Mann diese Sprache nicht verstand.
»Wir reden später miteinander«, sagte er sanft lächelnd und kehrte auf seine Lagerstatt zurück.
Ayla bekam noch mit, daß der Vorhang des anderen besetzten Bettes herniederfiel, als sie und Jondalar es sich auf ihrem Lager wieder bequem machten. Es war ihr ein wenig peinlich, eine solche Unruhe hervorgerufen zu haben. Sie kuschelte sich an Jondalar und bettete den Kopf, dankbar für seine Wärme und sein Vorhandensein, auf seine Schulter. Fast wäre sie wieder eingeschlafen, da riß sie die Augen plötzlich weit auf.
»Jondalar«, flüsterte sie, »woher weiß Mamut, daß ich von meinen Söhnen geträumt habe – davon, daß ein Bruder den anderen umbrachte?«
Doch er schlief bereits.
5
Ayla fuhr aus dem Schlaf hoch und lauschte. Wieder hörte sie einen lauten Klageschrei. Irgend jemand schien unter großen Schmerzen zu leiden. Besorgt stieß sie den Vorhang beiseite und spähte hinaus. Crozie stand mit ausgebreiteten Armen nahe dem sechsten Herd-Feuer auf dem Gang; ihre mitleiderregende Haltung verriet völlige Verzweiflung.
»Die Brust würde er mir durchbohren! Umbringen würde er mich! Meine eigene Tochter hetzt er gegen mich auf!« schrie sie, als liege sie im Sterben, und rang die Hände. Etliche Leute blieben stehen, um zuzusehen.
»Ich schenke ihm mein eigen Fleisch und Blut! Aus meinem eigenen Leib …«
»Von wegen schenken! Nichts hast du mir geschenkt!« zeterte Frebec.
»Ich habe den Brautpreis für Fralie bezahlt, den du gefordert hast.«
»Der war doch lächerlich gering! Ich hätte viel mehr für sie bekommen können«, klagte Crozie; ihr Gejammer war nicht überzeugender als ihr Schmerzensgeschrei zuvor. »Mit zwei Kindern ist sie zu dir gekommen. Was beweist, daß sie ein Liebling der Mutter war. Und du hast mit deinem lächerlich geringen Angebot ihren Wert herabgemindert. Und den Wert ihrer Kinder. Sieh sie dir doch nur einmal an! Schon wieder gesegneten Leibes! Nur aus Freundlichkeit
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