Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
ockerbrauner Farbe an einem Felsen. Sie suchten bis zum Sonnenuntergang und schlugen dann ihr Lager auf. Sie stellten das Zelt an einem plätschernden Bach auf, der weiter oben einer Quelle entsprang.
Ayla holte ein paar Reisefladen aus getrockneten Blaubeeren, ausgelassenem Fett und gedörrtem Fleisch heraus, das mit einem Stößel in kleine Teile zermahlen worden war, und zerbröckelte sie in kochendes Wasser. Dann gab sie noch zusätzliches Dörrfleisch in die Suppe. Jondalar und Jonayla unternahmen einen Spaziergang über die flache Wiese, und das Kind kehrte mit zwei Handvoll Zwiebeln zurück, die sie gefunden hatten. Sie hatten nur ihrer Nase folgen müssen. Der ebene Boden war zu Beginn der Jahreszeit Feuchtland gewesen, als der Bach über die Ufer getreten war, und in der Trockenzeit gediehen dort bestimmte Pflanzen. Ayla nahm sich vor, die Wiese am nächsten Morgen genauer in Augenschein zu nehmen, um Zwiebeln und noch mehr Nahrhaftes zu suchen.
Am nächsten Tag aßen sie vor dem Aufbruch den Rest der Suppe vom Abend zuvor, angereichert mit Wurzeln und Gemüse, die Ayla auf ihrem raschen Erkundungsgang gefunden hatte. Der zweite Tag verlief ebenso enttäuschend wie der erste. Sie fanden keinerlei Anzeichen dafür, dass hier vor kurzem Menschen vorbeigekommen waren. Allerdings entdeckte Ayla viele Tierspuren und begann Jonayla die Eigenheiten zu zeigen, an denen sich die unterschiedlichen Tierarten erkennen ließen. Als sie am dritten Tag für eine Mittagsmahlzeit anhielten, waren Jondalar und Ayla gleichermaßen in Sorge. Sie wussten, wie sehr Kimeran und Jondecam sich auf ein Wiedersehen mit Camora freuten und dass Beladora darauf brannte, ihre Familie zu besuchen.
Hatten ihre Freunde die Reise einfach nicht unternommen? War etwas eingetreten, das sie veranlasste, ihre Pläne aufzugeben oder zu verschieben, oder war ihnen unterwegs etwas zugestoßen?
»Wir könnten an den Großen Fluss zurückkehren und zur Ersten Höhle der Südland-Zelandonii, um zu erfahren, ob sie den Fluss überquert haben«, sagte Ayla.
»Du und Jonayla braucht diese lange Strecke nicht zurücklegen. Ich könnte hinreiten, und ihr kehrt um und gebt allen Bescheid. Wenn wir in ein paar Tagen nicht wieder da sind, werden sie sich auch noch Sorgen um uns machen.«
»Du hast wahrscheinlich Recht, aber lass uns weitersuchen, wenigstens bis morgen. Dann können wir entscheiden.«
Sie schlugen ihr Lager erst spät auf und vermieden es, über die anstehende Entscheidung zu sprechen. Am Morgen war die Luft feucht, und sie stellten fest, dass sich im Norden Wolken gebildet hatten. Der Wind war wechselhaft und kam aus allen Richtungen. Dann verlagerte er sich und trieb aus dem Norden heftige Böen vor sich her, die Pferde und Menschen gleichermaßen nervös machten. Ayla packte stets zusätzliche warme Sachen ein für den Fall, dass das Wetter umschlug oder sie bis spätabends wach bleiben mussten.
Die Gletscher, die hoch oben im Norden begannen und wie ein riesiger Pfannkuchen auf der nördlichen Hemisphäre lagen, ragten nur wenige Hundert Kilometer entfernt als Wände aus über drei Kilometer dickem Eis auf. An den wärmsten Tagen des Sommers waren die Nächte für gewöhnlich kühl, selbst tagsüber konnte sich das Wetter abrupt ändern. Der Nordwind brachte Kälte mit und die Mahnung, dass der Winter auch im Sommer das Land beherrschte.
Der Nordwind brachte aber noch etwas anderes mit. In der allgemeinen Betriebsamkeit, das Zelt abzubrechen und eine Mahlzeit zu bereiten, bemerkte niemand die Veränderung, die mit Wolf vor sich ging. Doch ein lautes Jaulen, das beinahe ein Bellen war, erregte schließlich Aylas Aufmerksamkeit. Er stand, ja lehnte sich geradezu in den Wind, die Nase hoch und nach vorn gerichtet. Er hatte Witterung aufgenommen. Jedes Mal, wenn sie von einem Lager aufbrachen, hatte sie ihm das Zeichen gegeben, nach Menschen zu suchen. Mit seinem hoch entwickelten Geruchssinn hatte der Wolf etwas gefunden, einen kleinen Hauch, den der Wind ihm zugetragen hatte.
»Sieh mal, Mutter! Schau dir Wolf an!«, rief Jonayla.
Auch sie hatte sein Verhalten bemerkt.
»Er hat etwas gewittert«, sagte Jondalar. »Kommt, wir
packen schnell unsere Sachen zusammen.«
Sie warfen alles viel unordentlicher als sonst in die Tragekörbe und banden sie zusammen mit den Reitdecken auf
die Pferderücken, legten Renner und Grau die Halfter an,
löschten das Feuer und stiegen auf.
»Such sie, Wolf«, wies Ayla ihn an. »Zeig uns den
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