0023 - Wir faßten in ein Wespennest
hin. Hooland wird sich freuen, Sie allein hier zu sehen.«
Ich schwieg.
»An welchem Pier wollen Sie gefunden werden, Mister Cotton?«
Ich fasste ihn mit den Augen. Er wich meinem Blick aus, aber er hetzte weiter.
»Oder möchten Sie, dass Ihr Kadaver von den Fischen gefressen wird?«
Ich starrte an ihm vorbei Außer ihm konnte ich beim besten Willen niemand erkennen. Wahrscheinlich waren die anderen alle im Schuppen.
»Wir werden Ihnen eine schöne Beerdigung servieren«, fuhr Brutty fort. »Man mischt sich nicht ungestraft in Hoolands Geschäfte. Ben Lodgers hat das zu spüren bekommen.«
Ich öffnete die Lippen zu einem einzigen Satz: »Wer hat ihn umgelegt?«
Er lachte. Kalt, kurz, gefühllos.
»Hooland selber. Und wenn Sie noch zehn Minuten warten, dann können Sie sich mit dem Mädchen zusammen beerdigen lassen. Hooland hat sie drin gerade vorgenommen.«
In mir stieg etwas hoch. Langsam wurde es dunkel vor meinen Augen. In den Ohren rauschte das Blut wie ein Wasserfall.
Ich ballte die Fäuste, dass mir die Nägel ins Fleisch drangen. Langsam holte ich mich wieder ein. Dann war es wieder klar vor den Augen. Und in der gleichen Sekunde hörte ich aus dem Gebäude des verfallenen Schuppens einen gellen, spitzen Schrei.
Ich reagierte eiskalt wie ein Roboter. Mit einem Satz war ich an Brutty heran. Ich schlug zu. Er fiel sofort um. Ich nahm mir nicht die Zeit, mich um ihn zu kümmern. In langen Sprüngen hetzte ich auf den Schuppen zu. Die Pistole saß kühl und schwer zwischen meinen Fingern, als ich die Tür auf riss.
Vierzehn Mann, ein Mädchen. In der Mitte Hooland. Ich erkannte ihn auf den ersten Blick. Sein Bild aus dem Verbrecheralbum hatte ich mir eingeprägt, dass ich es mit geschlossenen Augen genau sehen konnte.
»Der G-men«, schrie einer.
Die nackte Angst schwang in seinem Schrei mit.
Ich lehnte mit dem Rücken gegen den Türpfosten, in dieser Sekunde erst wusste ich, dass mich mein verdammtes Temperament zur größten Dummheit meines Lebens verleitet hatte. Ich war allein in Hoolands Bandenhome spaziert. Jetzt hatte er mich und das Mädchen.
***
Erst hinterher erfuhr ich, wie das alles gewesen war. Sie können das nun Zufall nennen. Es gibt auch andere Wörter dafür, wie die Geschichte weiterging. Eines davon hören die Kinder auf der ganzen Welt in den Sonntagsschulen. Es lautet schlicht und einfach: Gott.
Es war so:
Die Boys, die wir bei Nelly ausgehoben hatten, waren mit ihren Bewerbungsbogen vom FBI wieder abgezogen. Eine Weile hatten sie hin und her debattiert, was sie nun unternehmen sollten. Einige wollten erst einmal nach Hause.
Neun andere von ihnen konnten nicht vergessen, mit welchen Griffen, Jiu-Jitsu-Griffen, ich sie niedergelegt hatte. So strolchten sie durch die Straßen und erzählten sich gegenseitig, welchen Griff von mir sie besonders gut beobachtet hatten.
»Wisst ihr was?«, fragte einer. »Üben wir’s doch mal, was wir von dem G-men gesehen haben.«
»Hier auf der Straße? Du bist ja verrückt. Die Leute denken, wir verprügelten uns ernstlich, rufen den nächsten Cop und schon hat er uns am Genick.«
»Ach was. Wir suchen uns eine ruhige Ecke, wo uns niemand sieht.«
»Wo willst du ’n hier ’ne ruhige Ecke hernehmen?«
»Der Frachthafen ist doch gleich in der Nähe. Da gibt’s immer ’nen Pier, wo mal nichts los ist.«
»Na, meinetwegen.«
Also marschierten sie ab zum Freihafen. Plötzlich sahen sie meinen Jaguar.
»Mensch, du, das ist doch der Schlitten von dem G-men.«
»Was macht der denn hier?«
»Na, bestimmt nicht Schiffchen spielen. Wo das FBI auf taucht, ist doch immer was los.«
»Dann wären doch noch andere FBI-Wagen da.«
»Vielleicht ist er eben allein jemandem auf die Pelle gerückt. Bei uns stand er doch auch allein in der Bude, nachdem er seinen Freund weggeschickt hatte. Du weißt doch, dass er allein mit ’ner ganzen Zirkusnummer fertig wird.«
»Ob wir uns mal umsehen?«
»Klar. Stell dir vor, was das für ein Spaß wäre, wenn wir mal einen G-men heraushauen könnten.«
Begeistertes Hallo auf allen Seiten. Sie stromerten umher. Sie fanden mich nicht. Sie verloren schon die Lust an diesem für sie so langweiligen Suchen, als sie plötzlich den immer noch bewusstlosen Brutty entdeckten.
»Ist er tot?«, fragte einer.
»Ach wo. Sieh dir mal sein Kinn an. Ganz schön blau und geschwollen ist es. Da hat bestimmt der G-men hingelangt.«
»Oh, Junge. Hat der eine Handschrift.«
Sie musterten den schlummernden
Weitere Kostenlose Bücher