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0035 - Draculas Erbe

0035 - Draculas Erbe

Titel: 0035 - Draculas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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Zamorra.
    »Gern, Herr Professor. Auch wenn es ein trauriges Amt ist.«
    Der Kommissar durchquerte den Raum und öffnete die Tür zu einem anderen. Hier war es noch kälter. Ein eisiger Lufthauch wehte den Besuchern entgegen.
    Wie aus einer tiefen Grabesgruft , dachte Zamorra.
    Und es war auch eine Art Grab. Oder der Vorraum für ein Grab.
    In der Mitte des Raumes stand ein Tisch mit einem großen weißen Leinentuch. Aber unter dem Tuch lag eine Person.
    Zamorra ahnte nichts Gutes.
    Mihail Petescu ging auf den Tisch zu und legte das Tuch beiseite.
    Darunter kam der Kopf eines Toten zum Vorschein. Der ganze Körper war aufgedunsen und ekelhaft anzusehen. Der Kopf musste das Doppelte seines normalen Umfanges angenommen haben.
    Es war der schauerliche Anblick einer Wasserleiche, wie sie Zamorra noch nicht gesehen hatte.
    Nicole Duval wandte sich um.
    Sie konnte den Kopf, der eine über und über blaue Hautfarbe angenommen hatte, nicht ansehen. Der Anblick schlug ihr auf den Magen.
    »Wer ist das?«, wollte Zamorra wissen.
    »Andor Belä«, gab der Kommissar Auskunft. »Der Letzte seiner Sippe. Wir konnten ihn nicht mehr warnen. Niemand hat daran geglaubt, dass die Väter Draculas auch am Tage zuschlagen könnten.«
    »Und wie ist es passiert?«, fragte Zamorra.
    Der Kommissar sah, wie es Nicole aus dem Raum drängte, wo der Tod seinen bitteren Geruch verbreitete.
    Deshalb schlug er vor, wieder hinaufzugehen.
    In seinem Dienstzimmer erzählte Mihail Petescu dem Professor und seiner Sekretärin, wie es zu dem grässlichen Tod Andor Beläs gekommen war.
    ***
    Andor Belä war, wie fast alle Männer der Gegend, Kleinbauer. Er bebaute ein kleines Stück Land, dessen Ertrag gerade für ihn und seine Familie reichte.
    Sein mageres Einkommen bestand aus dem Erlös, den er mit verkauften Hühnern, Fasanen, Enten und Gänsen erzielte. Er züchtete das Geflügel und verkaufte es, wie alle seine Nachbarn es taten, in der Stadt.
    Auch heute war er früh am Morgen mit seinem Eselskarren unterwegs, um den zweiten Markttag in Bistritz mit abzuhalten. Der zweite Markttag wurde von den Leuten der ›Fleischtag‹ genannt.
    Am ersten Markttag gab es Gemüse, Obst, und vor allem den frischen Wein, den man hier nach jahrzehntelangen Versuchen anbauen konnte.
    Andor Belä kam von der südlichen Bergstraße her, die aus den Marghita-Bergen herauf in die Stadt führte.
    Auch er kam an einem See vorbei, in dem er schon seit seiner Kindheit an jedem warmen Tag sein Bad genommen hatte.
    Eigentlich wollte der Bauer erst nach dem Markttag ein Stündchen im Baia-See schwimmen. Aber die Morgensonne schien so prächtig und warm.
    Andor Belä konnte nicht widerstehen.
    Er band seinen Esel mit einem Riemen an einem Strauch fest, schlüpfte aus der Kleidung und sprang in den See.
    Weil er sehr häufig hier vorüberkam, war es ihm zur Gewohnheit geworden, immer eine Badehose zu tragen.
    Und seit Mihail Petescu, der Kommissar aus Bistritz, ihm einmal einen Strafzettel wegen Nacktbadens verpasst hatte, traute sich Andor Belä nicht mehr, ohne Kleider zu baden.
    Mit kräftigen Stößen schwamm er hinaus in die Mitte des Sees.
    Das konnte er wagen. Der See war hier keinen Kilometer breit. Und er hatte keine Strömung. Die einzigen natürlichen Zuflüsse des Baia-Sees waren die Regenrinnen in den Felsen.
    Andor Belä tummelte sich ein paar Minuten an dieser Stelle. Er trat Wasser, machte nur kleine Schwimmbewegungen, um sich über Wasser zu halten.
    Da hörte er, wie ein anderer Eselskarren die Straße heraufkam.
    Belä erkannte eine Bäuerin aus dem Nachbardorf. Sie war, wie er, zur Stadt unterwegs, um Geflügel zu verkaufen.
    Andor sah, wie die Bäuerin am Straßenrand vor dem See anhielt.
    Sie nahm die Hände vor den Mund und rief ihm etwas zu.
    »He, Andor! Fährst rein auf die Stadt?«
    »Jaaa!«, kam die lang gezogene Antwort Andors.
    »Kommst mit, wenn ich warte?«, rief die Bäuerin wieder.
    »Ja, warte nur!«, rief Andor Belä zurück. »Nur drei bis vier Minuten. Es ist so schön im Wasser hier!«
    »Ich warte schon, Andor!«, hörte Andor die Bäuerin rufen. Weder er noch sie konnten wissen, dass sie mehr als zwei Stunden auf ihn warten sollte. Kaum hatte sie nämlich ausgesprochen, als sie vom Ufer aus etwas Entsetzliches sah.
    Zwei Hände mit langen, knochigen Fingern tauchten neben Andor aus dem Wasser und legten sich um seinen Kopf.
    Die Frau hätte gemeint, dass es die Hände eines uralten Toten waren, wenn diese nicht so beweglich und kräftig

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