0040 - Die Ameisen greifen an
um den verlorenen Freund brannte wie eine heiße Flamme.
Plötzlich hörte er das Knirschen!
Roger Calf versteifte noch mehr. Auf einmal stellten sich seine Nackenhaare quer, er begann zu zittern und wagte es nicht, sich umzudrehen.
Wieder ertönte das Geräusch. Es war hinter ihm aufgeklungen und hörte sich an, als würde jemand durch den Schnee gehen.
Auf ihn zu!
Roger Calf atmete tief ein und schwang auf seinen Brettern herum.
Zwei rotglühende Augenpaare starrten ihn an!
Roger Calf sah die Riesenameisen vor sich, deren Beine fast bis zu den langgestreckten Oberkörpern im Schnee steckten. Sein Herz trommelte plötzlich rasend schnell. Auf einmal wußte er, wer seinen Freund Peter Egli umgebracht hatte. Und ihm wurde auch mit erschreckender Deutlichkeit klar, daß ihm das gleiche Schicksal drohte.
Die Ameise links von ihm war nur noch zwei Meter von ihm entfernt. Jetzt hob sie die beiden vorderen Beine aus dem Schnee. Es knirschte, als die Beine die leicht gefrorene Oberschicht der weißen Pracht durchbrachen.
Roger Calf konnte nur eins helfen.
Flucht!
Aber er mußte schnell sein. Verdammt schnell, sogar. Sie hatten ihm bereits den Weg abgeschnitten. Nach rechts und links konnte er nicht. Ihm blieb nur die Flucht nach vorn. Zwischen den beiden Monstern hindurch.
Aber der Raum wurde immer enger.
Fast zu eng…
Roger Calf stieß einen Schrei aus, rammte beide Skistöcke in den Schnee und schnellte sich ab.
Der Weg vor der Hütte führte zum Glück bergab, so daß Roger sich nur einmal kräftig Schwung zu geben brauchte, um in Fahrt zu kommen.
Er schoß genau auf die Lücke zwischen den beiden Rieseninsekten zu.
Doch auch die Monster aus der anderen Dimension hatten mitbekommen, was gespielt wurde.
Synchron schwangen sie ihre Körper herum.
Roger Calf fegte heran. Sein Gesicht war verzerrt, der Mund weit aufgerissen. Mit einem gellenden Schrei machte er sich Luft.
Dann war er heran!
Er wollte zwischen den beiden Riesenameisen hindurchzischen, doch auch die Insekten kannten Tricks.
Die linke Riesenameise hob ihren Oberkörper hoch, und dann schnellten die beiden Vorderbeine dem Skiläufer entgegen.
Roger Calf sah alles wie in einem Zeitlupenfilm. Er ahnte, daß er den Beinen nicht ausweichen konnte, versuchte es noch mit einer Körperdrehung, aber da traf ihn der Schlag an der Hüfte.
Der junge Mann verlor die Balance.
Er wurde zur rechten Seite gedrückt. Er riß das linke Bein hoch. Der Ski stellte sich senkrecht. Schnee stiebte auf, und Roger Calf fiel inmitten des wirbelnden Flockenschleiers zu Boden. Er tauchte ein in die weiße Pracht und rutschte weiter.
Roger Calf überschlug sich mehrere Male. Die automatische Bindung löste sich. Der rechte Ski glitt weg, während Roger seinem schmalen Brett nachrutschte.
Irgendwie fing er sich wieder.
Ein innerer Motor trieb ihn hoch. Er wußte, daß er verloren war, wenn er jetzt liegenblieb. Er mußte fliehen. Um sich im tiefen Schnee bewegen zu können und um schneller zu sein als die Monster, brauchte er beide Skier.
Roger Calf rappelte sich auf. Die Ameisen hatten schon die Verfolgung aufgenommen. Sie wollten ihr Opfer um keinen Preis entkommen lassen. Trotz ihrer unförmigen Körper bewegten sie sich rascher als der Mensch.
Calf warf einen Blick zurück. Er erkannte, wie nah die beiden Bestien schon waren. Wie der Teufel rannte er los.
Es sah grotesk aus, wie er durch den Schnee stampfte. Am linken Fuß klemmte noch der Ski. Roger verlor das Gleichgewicht, fiel wieder hin, kam keuchend hoch und stapfte weiter. Wie im Krampf hielt er weiterhin seine Skistöcke umklammert. Er durfte diese Hilfen nicht verlieren. Denn wenn das geschah, war er verloren.
Seine Kleidung war über und über mit Schnee bedeckt. Und dann sah er seinen rechten Ski im Schnee stecken. Wie bei einer schiefen Ebene ragte die Spitze empor.
Roger Calf bewegte sich auf den Ski zu. Er ruderte mit den Armen, stützte sich mit seinen Skistöcken ab. Angst und Panik trieben ihn voran, peitschten ihn hoch zu übermenschlichen Leistungen. Wenn er den Bestien nicht entkam, war es aus. Dann erging es ihm wie seinem Freund Peter Egli.
Roger wagte es gar nicht, sich umzudrehen. Das hätte Zeit gekostet, wertvolle Sekunden, die ihm unter Umständen hinterher fehlen würden. Falls es noch ein Hinterher gab.
Erst als er den Ski erreichte, drehte er den Kopf. Unwillkürlich schrie er auf. Er hatte das Gefühl, die vier Augen direkt über sich zu sehen. So nahe heran waren die
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