0062 - Wir fanden die geballte Ladung
Mister Holsday. Etwas sehr Ernstes und sehr Trauriges…«
Er wandte den Kopf zu mir.
»Ja? Was ist denn? Mein Gott, Sie…!«
»Ihre Frau ist ermordet worden.«
»Wa-as?«
Seine Stimme war tonlos. Sie klang sehr leise und ein wenig rau.
Ich nickte schweigend.
»Aber…«, stammelte er und wollte sich aufrichten.
Ich drückte ihn in die Kissen zurück.
»Das hat jetzt keinen Zweck, Mister Holsday! Bleiben Sie liegen. Es tut mir verdammt leid, dass ich Ihnen nichts Besseres sagen kann, aber es ist so! Der Mörder wollte Sie wahrscheinlich absichtlich aus der Kabine locken, um desto ungestörter seine grausige Tat vollbringen zu können. Ihre Frau ist schon seit über einer Stunde tot…«
Er wandte den Kopf zur Wand. Plötzlich lief ein Schluchzen durch seinen Körper. Ich sah, wie seine Schultern bebten.
Und dann weinte er haltlos und still vor sich hin. Es war ein gespenstisches Weinen, weil kein Ton zu hören war. Man sah nur, wie sein Körper bebte.
Ich stand auf und trat meine Zigarette aus. Zum Teufel, sie schmeckte nicht mehr.
Ich ging hinaus in den Flur und stieß beinahe mit dem Steward zusammen.
»Na, was ist?«, fuhr ich ihn an. »Kommt die Lady bald?«
Er zuckte die Achseln.
»Sir, ich habe alles Mögliche versucht. Sie meldet sich einfach nicht.«
Ich drehte mich um und ging den Korridor zurück.
»Das werden wir gleich sehen«, brummte ich, »ob sie sich meldet oder nicht. Wenn ihre Kabinentür plötzlich auffliegt, wird sie schon wach werden. Langsam reicht es mir nämlich. Vor lauter Rücksicht auf ein hochwohllöbliches Publikum kann hier ein Mörder hausen, als gäbe es überhaupt nichts, was man gegen ihn unternehmen könnte…«
Eine Minute später stand ich vor der Kabinentür der Lady. Ich klopfte zweimal. Ich klopfte lauter. Ich hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür.
Es rührte sich überhaupt nichts.
Ich spürte förmlich, wie der Steward hinter mir grinste.
Ich bückte mich und sah durch das Schlüsselloch.
Ich besah mir die Tür. Sie schien nach innen aufzugehen, genau wie die Tür meiner Kabine auch. Okay, das war günstig.
Ich trat einen Schritt zurück. Ich hob den rechten Fuß. Ein kräftiger Tritt in die Schlossgegend, und krachend flog die Tür auf.
Ich tastete nach dem Lichtschalter. Ich knipste.
Lady Lesfor lag auf ihrem Bett. Ihr Gesicht war blau, am Hals waren die Würgemale, und sie trug anscheinend zum ersten Mal überhaupt kein Schmuckstück.
***
Es schien, als hätte mich bisher die Hitze des Tages an der vollen Entfaltung meiner Aktivität gehindert. Aber nun war mit der vorrückenden Nacht auch die Luft kühler geworden, und mich behinderte nicht mehr die drückende Schwüle dieser südlichen Sonnenglut.
Ich tippte dem Steward mit dem Zeigefinger vor die Brust.
»Ziehen Sie die Tür wieder heran und bleiben Sie davor stehen! Keiner betritt die Kabine, verstanden?«
»Yes, Sir«, sagte er.
Man konnte ihm ansehen, dass er nicht von diesem Gedanken erbaut war. Es gibt Leute, die halten es einfach nicht in der Nähe von Toten aus. Aber ich konnte daran im Augenblick auch nichts ändern.
Ich lief zurück in meine Kabine. Ich riss den Wandschrank auf, fuhr unter die Oberhemden und hatte das Schulterhalfter mit meiner Dienstpistole in der Hand. Ich zog das Jackett aus und schnallte mir die Waffe um.
Als ich das Jackett wieder angezogen hatte, machte ich mich auf den Weg zur Kommandobrücke. Conder stand wie üblich am Fenster und starrte mit einem Nachtglas hinaus auf die See.
Inzwischen hatte sich der Himmel zunehmend bewölkt, und die ersten Tropfen platschten bereits auf das Deck.
Direkt über dem Kopf des Kapitäns befand sich eine elektrische Uhr. Sie zeigte zwei Uhr früh.
Noch drei Stunden bis zu der erwarteten Explosion. Drei Stunden oder hundertachtzig Minuten. Eine halbe Ewigkeit und verdammt wenig. Und beides gleichzeitig.
»Ich habe noch eine Hiobsbotschaft für Sie, Conder«, sagte ich.
Er drehte sich langsam um und nahm das schwere Nachtglas von den Augen.
Seine Lippen waren zwei schmale Striche.
»Ja?«, fragte er knapp.
»Lady Lesfor ist ebenfalls ermordet worden. Ich fand sie gerade in ihrer Kabine. Der Täter scheint auch hier den Schmuck und vermutlich alles Bargeld geraubt zu haben, genau wie bei Mrs. Holsday.«
Conder schluckte. Er sagte überhaupt nichts.
»Ich brauche den Doc und ein paar zuverlässige Leute«, sagte ich.
Conder zuckte die Achseln.
»Tut mir leid. Ich kann Ihnen keinen Mann
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