0077 - Das Phantom der Insel
aus.
»Richtig!« antwortete der Professor.
»Und einer der Spanier hieß Marun Cofales«, sagte da Marcello.
»Im siebzehnten Jahrhundert aber ist eine Kompanie von spanischen Soldaten an der Ostküste der Insel gelandet. Es waren Piraten, die jedes sardische Schiff kaperten. Und ihr Anführer hieß Cofales.«
»Wo steht das?« fragte Zamorra sofort.
»Hier, Professore, in diesem Band.«
Marcello reichte dem Professor das betreffende Buch. Es hatte den Titel »Piraten gegen sardische Krieger«. Und wirklich stand da genau beschrieben, wie es zu jahrelangen Kämpfen zwischen der Urbevölkerung und den einfallenden Spaniern gekommen war.
Es gab keinen Zweifel für Zamorra, daß sie sich in Lo Sardos Versteck befanden!
Seltsam genug, eine solche Büchersammlung in einer Berghöhle zu finden! Das konnte nur eine Ursache haben.
»Wir müssen zurück«, sagte Zamorra. »Wir nehmen die Bücher mit. Jemand von uns wird die Bücherei in Cagliari von unserem Fund benachrichtigen. Aber das hat Zeit. Zuerst müssen wir schleunigst diese Bücher lesen.«
Nicole nickte zustimmend und folgte Zamorra nach draußen. Der Professor machte noch eine Entdeckung, als sie den Hang hinabstiegen. Aber die behielt er für sich.
***
Es war schon seltsam anzusehen, wie die kleine Gruppe von drei Menschen, ein Professor mit seiner Sekretärin und ein junger Mann von der Insel, mit Büchern beladen den Hang herunterkamen. Gar nicht, als hätten sie eine Bergtour hinter sich, sondern hätten an einer Buchauktion teilgenommen, die komischerweise auf einem Berggipfel stattgefunden hatte.
»Ziemlich ulkiges Bild müssen wir abgeben«, schmunzelte Nicole Duval.
Aber Zamorra blieb ernst.
Er spürte, daß sie sich beeilen mußten.
Deshalb schlug er vor, noch vor der Abfahrt mit der Lektüre der Bücher zu beginnen.
Sie teilten sich in ihre Aufgabe. Abwechselnd nahmen sie sich ein Buch vor, und sie lasen trotz der Geschwindigkeit sehr aufmerksam.
Es war nicht schwierig, große Passagen der einzelnen Kapitel nur zu überfliegen. Gleichgültig, ob die Bücher in italienischer oder spanischer Sprache gedruckt waren: sie brauchten nur nach Eigennamen zu suchen. Und nur die Namen von Menschen, Städten, Bergen, Flüssen und so weiter waren in diesen Sprachen groß gedruckt.
Das half Zamorra und seinem kleinen Mitarbeiterstab.
Schon nach einer halben Stunde wußten sie, daß Lo Sardos Wirkungsbereich sich auf einige Stellen an der Ost- und der Westküste beschränkte.
Alle Angaben waren um so schneller zu finden, als Lo Sardo ihnen, ohne es zu wissen, bei ihrer Aufgabe half. Er hatte alle Namen und Orte des Geschehens angestrichen!
»Wir können uns auf diese Städte und Familiennamen konzentrieren«, sagte Zamorra schließlich, nachdem sie alle Namen verglichen hatten und sich die neu gefundenen zuriefen.
»Lo Sardo geht vor wie ein Generalstabsoffizier. Wir können eine regelrechte Route seiner Züge feststellen. Hier, im Westen der Insel, sind vorwiegend die Spanier gelandet. Wir konzentrieren uns auf die Städte Oristano, Bosa, Alghero und Sassari. Und vom Osten her sind damals die Griechen und Italiener gekommen. Die Namen der Städte Bari Sardo, Dorgali und Olbia sind angestrichen. Hier sind Lo Sardos nächste Opfer zu suchen. Wir werden uns beeilen, sie zu warnen.«
»Wie wollen wir das anstellen?« fragte Nicole.
»Wir müssen getrennt vorgehen, und trotzdem müssen wir immer Verbindung zueinander haben. Fragen wir Marcello, wie wir das bewerkstelligen können.«
»Wenn wir uns von Oristano im Süden über Sassari im Norden, über Olbia im Osten bis zum Süden hin einen Kreis vorstellen, wird die größte Entfernung nicht einmal zweihundert Kilometer betragen«, sagte Marcello, der die Größe der Insel und die Entfernungen genau im Kopfe hatte.
»Aber das ist dennoch zu viel«, gab Zamorra zu bedenken. »Wir müssen damit rechnen, daß Lo Sardo an jeder Stelle zuschlagen kann. Leider hat er uns keinen Plan dafür geliefert, in welcher Reihenfolge er seine verhaßten Fremden vernichten will.«
»Sie sollten einen zweiten Wagen mieten, Professore«, schlug Marcello vor. »Einen, den die Signorina fahren kann. Ich selbst kann nach Sassari fahren, oder Sie bringen mich dorthin. Ich kenne einen Mann, der ein altes Motorrad hat. Es ist nicht das schnellste, aber ich wäre doch sehr beweglich damit. Wenn wir annehmen, daß ich mich im Mittelpunkt des besagten Kreises aufhalte, daß Sie oder die Signorina die Städte im Osten und
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