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0085 - Der Feuergötze

0085 - Der Feuergötze

Titel: 0085 - Der Feuergötze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Ich will es Ihnen sagen. Ich bin Professor Zamorra! Schon mal gehört, ja? Ganz recht, der berühmte Professor Zamorra, dem Mann, dem nichts entgeht. Und auch diesem abscheulichen Raub werde ich schnell auf die Spur kommen. Warten Sie ab!«
    Zamorra legte die Fingerspitzen an die Schläfen, schloß die Augen. Steif und unbeweglich stand er da. Sein Gesicht war zu einem wahren Sinnbild innerer Sammlung und äußerster Konzentration geworden.
    »Monsieur…«, setzte der Empfangschef wieder an, wurde jedoch unterbrochen.
    »Ruhe!« schrie ihn der Professor mit überschnappender Stimme an. »Stören Sie gefälligst meine Gedankenströme nicht!«
    Der Empfangschef sagte nichts mehr. Niemand in der Halle sagte etwas. Man hätte eine Nadel fallen hören können. Es ging eine seltsame Faszination aus von diesem Mann, der jetzt wieder wie eine Statue da stand, in tiefer Konzentration versunken. Alle, Personal und Hotelgäste gleichermaßen, starrten ihn an wie gebannt. Auch Nicole war völlig sprachlos, wenn auch aus anderen Gründen als die übrigen Anwesenden.
    Zamorra hob mit einer dramatischen Geste eine Hand. Nach wie vor mit geschlossenen Augen sagte er mit monotoner Stimme: »Ich sehe! Ich sehe den Koffer. Er befindet sich in einem kleinen Schrank, in einem Spind. Kleidungsstücke sind darin, eine Flasche Wein, Rasierzeug, Seife… Der Spind eines Hoteldieners. Ich sehe das Zimmer. Sechs Betten stehen darin, jeweils drei übereinander. Nein, es sind sieben Betten. Da steht noch ein zusätzliches an der Wand. Ich sehe einen Mann, der das Zimmer betritt. Er geht auf den Spind zu, öffnet ihn, greift nach dem Koffer. Ich sehe das Gesicht des Mannes. Es ist schmal, mit einer großen Nase. Der Mann hat einen Schnauzbart mit nach oben gebogenen Enden. Der Koffer! Der Mann nimmt den Koffer aus dem Schrank. Er hat Angst, blickt sich suchend um. Jetzt schiebt er den Koffer unter das einzelne Bett, legt eine helle Decke darüber. Er verläßt das Zimmer. Ich kann die Nummer des Zimmer sehen. Dreihundertundneunzehn, nein, dreihundertneunundzwanzig…«
    Der Professor brach ab, öffnete die Augen.
    »Wollen Sie den Koffer nicht holen?« fauchte er den Empfangschef an.
    Der zuckte regelrecht zusammen. Er trat auf einen der anderen Rezeptionisten zu, flüsterte mit ihm in arabischer Sprache. Der Mann warf einen beinahe scheuen Blick auf Zamorra, kam dann hinter dem Tresen vor und ging mit schnellen Schritten davon.
    Die Spannung der Menschen in der Halle löste sich. Worte schwirrten hin und her. Niemand ging. Alle warteten auf die Rückkehr des Rezeptionisten.
    »Chef«, sagte Nicole leise, »was soll das alles…«
    »Pssst«, machte der Professor, »nicht jetzt!«
    Er war sich bewußt, daß er nach wie vor im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit stand.
    Die Aufmerksamkeit wurde noch größer, als der Rezeptionist wenig später wieder in der Halle erschien.
    Er hatte den Perückenkoffer in der Hand!
    »Da ist er ja!« rief Nicole aus. Sie eilte dem Mann entgegen, riß ihm ihren kostbaren Besitz förmlich aus der Hand.
    Triumphierend blickte Zamorra den Empfangschef an. »Na, was habe ich gesagt? Mich zu betrügen oder zu berauben lohnt sich nicht. Ich finde den Täter immer!«
    Der Empfangschef nagte unbehaglich an der Unterlippe.
    »Entschuldigen Sie, Monsieur Professor. Sie können sich nicht vorstellen, wie ungeheuerlich peinlich mir der Vorfall ist. Ich werde dafür sorgen…«
    »Machen Sie sich nichts daraus«, sagte Zamorra jovial. »Sie persönlich sind ja nicht verantwortlich. Ich kann in ihren Gedanken lesen, daß Sie ein ehrlicher Mensch sind.«
    »In meinen Gedanken lesen…«, stammelte der Mann.
    »Eine meiner geringsten Fähigkeiten, Monsieur«, sagte Zamorra lässig und wandte sich ab. »Komm, Nicole, auf den Schreck haben wir uns einen Drink verdient.« Über die Schulter fragte er den Empfangschef: »Wo ist die Bar?«
    Der Mann hatte sich wieder gefaßt. Mit seiner alten Würde erklärte er, daß es vier Bars im Hotel gab, er jedoch die im ersten Stockwerk empfehlen würde.
    Es war nicht einfach für den Professor und Nicole, die Hotelhalle zu verlassen. Mehrere Gäste drängten sich um sie. Ein breitschultriger Mann verstellte ihnen regelrecht den Weg.
    »Sie, Mister«, sagte er in breitem Amerikanisch. »Ich bin Geschäftsmann und möchte Sie engagieren. Einen Hellseher kann ich gut gebrauchen. Ihr Gehalt bestimmen Sie selbst.«
    Zamorra lehnte das Angebot ab. Und er lehnte auch andere Ansinnen ab, die

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