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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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gesehen, der mitten auf der Straße einen
    Basketball springen ließ. Schweren Herzens rückte er ihn heraus, und
    ich ging damit zu Bowden, der neben dem Wagen stand und nervös
    von einem Bein aufs andere trat. Wir klappten das Verdeck auf, und
    Bowden sank, den Basketball fest umklammernd, auf den
    Beifahrersitz.
    »Ein Basketball?«
    »Eine Kugel ist eine Kugel ist eine Kugel«, zitierte ich einen alten
    Tip meines Vaters. »Alles klar?«
    »Alles klar«, bestätigte Bowden, und seine Stimme zitterte kaum
    merklich.
    Ich ließ den Motor an und rollte langsam zu der Stelle, wo die
    Verkehrspolizisten wie vom Donner gerührt auf die Zeit Verzerrung
    starrten.
    »Wissen Sie auch wirklich, was Sie da tun?« fragte mich der junge
    Beamte.

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    »Mehr oder weniger«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Hat jemand eine
    Armbanduhr mit zweitem Zeiger?«
    Der jüngste Verkehrspolizist nahm seine Uhr ab und reichte sie mir.
    Ich notierte mir die tatsächliche Zeit – 5:30 Uhr –, stellte die Zeiger
    auf zwölf und schnallte die Armbanduhr an den Rückspiegel.
    Der Sergeant wünschte uns viel Glück, als wir davonfuhren, obwohl
    er vermutlich dachte: »Lieber die als ich.«
    Obgleich sich der Himmel im Osten schon rot färbte, herrschte rings
    um die Autos noch tiefste Nacht. Von außen betrachtet, stand für die
    gefangenen Fahrzeuge die Zeit still. Den Insassen hingegen erschien
    alles ganz normal; nur wenn sie sich umdrehten, konnten sie sehen,
    wie rasch die Morgendämmerung kam.
    Die ersten fünfzig Meter ging alles glatt, doch je näher wir kamen,
    desto schneller schienen der Kombi und das Motorrad zu werden, und
    als wir mit dem grünen Wagen gleichzogen, zeigte der Tacho etwa
    sechzig Meilen in der Stunde. Ich sah auf die Armbanduhr am
    Rückspiegel; es waren genau drei Minuten verstrichen.
    Bowden hatte beobachtet, was hinter uns vor sich ging. Als er und
    ich auf die Zeitinstabilität zufuhren, beschleunigten sich die
    Bewegungen der Polizeibeamten immer mehr, bis sie mit bloßem
    Auge nicht mehr zu erkennen waren. Die Autos, welche die Fahrbahn
    verstopft hatten, wendeten und rasten in halsbrecherischem Tempo
    über den Standstreifen. Als Bowden sah, wie schnell hinter uns die
    Sonne aufging, fragte er sich, worauf er sich da eingelassen hatte.
    In dem grünen Kombi saßen ein Mann und eine Frau. Die Frau
    schlief, und der Mann starrte auf das dunkle Loch, das sich vor ihnen
    aufgetan hatte. Ich forderte ihn zum Anhalten auf. Er kurbelte sein
    Fenster herunter, und ich wiederholte meine Worte, setzte »SpecOps!«
    hinzu und winkte ihm mit meiner Marke. Er drosselte pflichtschuldig
    das Tempo, und seine Bremslichter strahlten in der Dunkelheit. Seit
    unserem Fahrtantritt waren drei Minuten und sechsundzwanzig
    Sekunden vergangen.
    Von ihrer Position aus konnte die ChronoGarde nur sehen, wie in
    dem schwarzen Trichter, der durch das Ereignis entstanden war, die

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    Bremslichter des grünen Kombis aufleuchteten. Geschlagene zehn
    Minuten standen die Gardisten da und sahen zu, wie der Wagen
    unendlich langsam wendete und auf den Standstreifen rollte. Es war
    kurz vor zehn, und eine Vorhut der ChronoGarde war direkt aus
    Wareham eingetroffen. Die Agenten und ihre Ausrüstung kamen mit
    einem Chinook-Hubschrauber der SO-12, und Colonel Rutter war
    vorausgeflogen, um die Lage zu sondieren. Er fand es höchst
    verwunderlich, daß zwei gewöhnliche Agenten sich freiwillig für
    diesen gefährlichen Einsatz gemeldet hatten, zumal ihm niemand
    sagen konnte, wer wir waren. Selbst eine Überprüfung meines KfzKennzeichens erbrachte nichts, da der Wagen immer noch auf die
    Werkstatt angemeldet war, bei der ich ihn gekauft hatte. Er meinte,
    das einzig Positive an dem ganzen verdammten Schlamassel sei, daß
    der Beifahrer eine Art Kugel bei sich habe. Falls das Loch noch
    größer würde und sich die Zeit weiter verlangsame, könne es selbst
    mit ihrem schnellsten Fahrzeug Monate dauern, ehe sie zu uns
    vordringen würden. Seufzend ließ er das Fernglas sinken. Was für ein
    mieser, entsetzlicher, einsamer Job. Er war seit fast vierzig Jahren
    Standard-Erdzeit bei der ChronoGarde. In verbuchter Arbeitszeit
    gemessen war er 209. Physisch gesehen war er keine 28. Seine Kinder
    waren älter als er, und seine Frau lebte im Pflegeheim. Seine
    anfängliche Hoffnung, die bessere Bezahlung sei eine angemessene
    Wiedergutmachung für diese Entbehrungen, hatte sich nicht erfüllt.

    Als der grüne Kombi jäh zurückfiel, drehte

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