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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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als meinen Gast
    willkommen zu heißen; bitte nehmen Sie Platz, und machen Sie es
    sich bequem.«
    »Edward …?«
    »Keine Bange, meine liebe Freundin. Kommen Sie, ich bringe Sie in
    einen wärmeren Flügel des Hotels.«
    »Werde ich meinen Edward jemals wiedersehen?«
    Hades lächelte.

    - 314 -
    »Das kommt ganz darauf an, wieviel Sie Ihren Lesern wert sind.«

    - 315 -
    30.
    Eine Welle der Betroffenheit
    Ich glaube, vor Jane Eyres Entführung war sich niemand
    – schon gar nicht Hades selbst – darüber im klaren, wie
    beliebt sie eigentlich war. Es war, als habe man dem
    englischen Volk die Symbolfigur seines literarischen
    Erbes genommen. Etwas Besseres hätte uns gar nicht
    passieren können.

BOWDEN CABLES
    -Tagebuch eines LitAg
    Zwanzig Sekunden nach Janes Entführung bemerkte die erste
    Leserin merkwürdige Vorgänge auf Seite 107 der ledergebundenen
    Luxusausgabe ihres Lieblingsromans. Nach einer halben Stunde
    bildeten sich vor den Eingängen zur Bibliothek des Britischen
    Museums lange Schlangen von Literaturfreunden, die alle nach Jane
    Eyre fragten. Nach zwei Stunden bombardierten besorgte Brontë-Fans
    sämtliche LitAg-Dienststellen des Landes mit Anrufen. Nach vier
    Stunden sprach der Vorsitzende der Brontë-Gesellschaft beim
    Premierminister vor. Am frühen Abend telefonierte der persönliche
    Sekretär des Premierministers mit dem SpecOps-Chef. Um neun Uhr
    las der SpecOps-Chef dem armen Braxton Hicks gehörig die Leviten.
    Gegen zehn erhielt Hicks einen Anruf vom Premierminister
    persönlich, der wissen wollte, was zum Teufel er in dieser
    Angelegenheit zu unternehmen gedenke. Hicks stammelte wenig
    Hilfreiches in den Hörer. Inzwischen hatte die Presse Wind davon
    bekommen, daß die Fäden der Ermittlungen im Fall Jane Eyre in
    Swindon zusammenliefen, und um Mitternacht umringten betroffene
    Leser, Journalisten und die Übertragungswagen der
    Nachrichtensender das SpecOps-Gebäude.
    Hicks’ Laune war alles andere als gut. Er hatte angefangen, Kette zu
    rauchen, und sich stundenlang in seinem Büro eingeschlossen. Nicht

    - 316 -
    einmal sein geliebtes Golftraining vermochte seine Nerven zu
    beruhigen, und kurz nachdem er den Anruf des Premierministers
    erhalten hatte, zitierte er Victor und mich zu einer Besprechung aufs
    Dach, wo er hoffte, den neugierigen Blicken der Presse-und GoliathLeute, vor allem aber der Überwachung durch Jack Schitt entzogen zu
    sein.
    »Sir?« sagte Victor, als wir uns dem Commander näherten, der an
    einem bröckelnden Schornstein lehnte. Hicks starrte derart entrückt
    auf die Lichter Swindons hinab, daß ich es mit der Angst zu tun
    bekam. Die Brüstung war kaum zwei Meter entfernt, und einen
    bangen Augenblick lang glaubte ich gar, er wolle allem ein Ende
    machen und sich vom Dach stürzen.
    »Schaut sie euch an«, murmelte er.
    Uns fiel ein Stein vom Herzen, als wir erkannten, daß er nur hier
    heraufgekommen war, damit er die Menschen sehen konnte, deren
    Wohl zu mehren seine Abteilung einst geschworen hatte. Zu
    Tausenden harrten sie hinter Absperrgittern aus und belagerten
    schweigend das Revier, in der Hand flackernde Kerzen und alle
    möglichen Ausgaben von Jane Eyre . Der Roman war inzwischen
    erheblich entstellt: Irgendwo zwischen Seite 100 und 140, unmittelbar
    nach dem Brand in Rochesters Zimmer drang ein mysteriöser »Agent
    in Schwarz« in den Roman ein, und kurz danach brach die Geschichte
    abrupt ab.
    Der Commander hielt sein Exemplar von Jane Eyre hoch. »Ich
    nehme an, Sie haben es gelesen?«
    »Da gibt es nicht mehr viel zu lesen«, sagte Victor. » Eyre ist in der
    ersten Person geschrieben; sobald die Protagonistin verschwunden ist,
    weiß keiner, wie es weitergeht. Ich befürchte, daß Rochester noch
    schwermütiger wird, als er es ohnehin schon war, Adele auf ein
    Internat schickt und sich in seinem Haus verschanzt.«
    Hicks warf ihm einen erbosten Blick zu.
    »Das ist reine Spekulation, Analogy.«
    »Das ist unsere Spezialität.«

    - 317 -
    Hicks seufzte.
    »Ich soll sie wiederbringen, dabei habe ich keinen Schimmer, wo sie
    steckt! Hatten Sie vor dieser Sache eine Ahnung, wie beliebt Jane
    Eyre ist?«
    Wir sahen auf die Menge hinab.
    »Ehrlich gesagt, nein.«
    Die Zurückhaltung unseres Chefs war dahin. Er wischte sich die
    Stirn; seine Hand zitterte merklich. »Was soll ich bloß machen? Es ist
    zwar noch nicht amtlich, aber wenn wir in dieser verfluchten
    Angelegenheit bis nächsten Donnerstag keine deutlichen Fortschritte
    gemacht

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