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01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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dem Boden auftraf. »Es ist doch immer wieder erfreulich, erleben zu dürfen, wie effizient die Polizei arbeitet«, sagte er spöttisch. Seine Hand, die noch immer in dem Lederhandschuh steckte, ballte sich zu einer Faust.

    »Einen Augenblick mal …«, begann Heather, aber LaRousse nickte bereits Manning zu. Der uniformierte Polizist nahm die Handschellen von seinem Gürtel und wollte Dante am Arm packen.
    Dante bewegte sich.
    Zumindest nahm Heather eine Bewegung wahr; dann flog Manning quer durchs Zimmer und knallte gegen die Wand. Sein Kopf prallte gegen den Putz und hinterließ eine Delle. Die Handschellen fielen ihm aus den Fingern. Mit überraschter, schmerzverzerrter Miene tastete er nach seinem Pistolenholster.
    Dante stand unter der Tür, eine Hand noch immer gehoben, die Muskeln angespannt.
    »Rühr dich nicht von der Stelle, Scheißkerl!«, donnerte Jefferson und riss die Waffe hoch.
    Dante richtete seine Augen hinter der Sonnenbrille auf den jungen Mann. Er ließ die Hand sinken und ballte beide Hände erneut zu Fäusten. Nur leicht senkte er den Kopf. Heather hatte genügend Straßenkämpfe miterlebt, um zu wissen, dass er sich jeden Augenblick auf den Polizeineuling stürzen würde.
    Heather streckte eine Hand aus und rief: »Nein! Warten Sie!« Sie wusste selbst nicht so recht, ob sie Jefferson, Dante oder beide meinte.
    Sie stürmte auf die Männer zu. Alles schien sich zu verlangsamen, als sich ihre Perspektive allein auf Jeffersons Pistole zu verengen begann. Sein Zeigefinger krümmte sich. Drückte ab. Noch während sie am Rand ihres Blickfelds eine Bewegung bemerkte – Davis und LaRousse, die helfen wollten? Oder sie abhalten? –, stürzte sich Heather auf die Waffe.
    Schon während sie es tat, wusste sie, dass sie es niemals schaffen würde.
    Jefferson schoss.

    E nahm einen weiteren Schluck Whisky und stellte dann das gekühlte Glas auf den Nachttisch neben die halbleere Flasche Canadian Hunter. Eiswürfel klirrten. Er streckte sich auf dem Bett aus und drückte Kopf und Schultern in den Kissenberg, bis er sich eine bequeme Mulde gemacht hatte.
    Er schlug die Beine übereinander, nahm seinen blutbefleckten Gedichtband, »Im Herzen des Monsters und andere Gedichte« von Juan Alejandro Navarro, zur Hand und las weiter. Er las immer wieder dieselben Verse, ohne sie wahrzunehmen. Nach einigen Minuten, die damit vergingen, dass er auf die Zeilen starrte, klappte er das Buch zu und warf es aufs Bett.
    Er brauchte Schlaf, fand aber keinen. Er war zu aufgedreht. Er brannte darauf, kreativ zu sein. Immer wieder hörte er ihre Stimme – wie sie ihn anflehte, ihr doch weiter vorzulesen, und das hatte er auch getan. Mit einer sanften Stimme.
    … von Frost verbrannt und Zeit markiert zieht dieses Herz seine schwarzen Ränder an sich wie eine tote Spinne ihre Beine …
    Dennoch hatte sie weitergeschluchzt.
    E fasste in die Tasche seiner Cordhose und holte sein neuestes Souvenir heraus. Er schloss die Augen und rieb sich mit dem schwarzen Strumpf genüsslich über das Gesicht. Er knisterte, als er über seine Bartstoppeln strich. Er konnte sie noch riechen, Schwarzkirschen und moschusartiger Schweiß. Er öffnete die Augen und starrte in eine schwarz übermalte Welt.
    Hatte sie ihn gebeten weiterzulesen, nur um ihn daran zu hindern, in seine Tasche mit den scharfen Instrumenten zu fassen? Oder hatte sie wirklich seine Stimme, die Melodie des geschriebenen Wortes, hören wollen?
    Bitte, nein, nein, lesen Sie mir vor, bitte … lesen Sie weiter.

    E starrte in das schwarz übertünchte Licht und lauschte erneut dem Flüstern; er hörte wieder ihre Stimme – leise, bebend und verführerisch.
    Lesen Sie mir vor, bitte … bitte …
    Einen Augenblick lang war es in seiner Brust warm geworden, als er Gina vorgelesen hatte. Als er von dem Buch aufblickte, hatte er ein goldenes Band gesehen, das von seinem Herzen zu ihrem gereicht hatte. Dieses goldene Band hatte gezittert und sich in einen blassen Nebel aus Licht verwandelt, der sich wie flüssiger Honig zwischen Ginas Lippen schob.
    Als sie die Augen wieder geöffnet hatte, waren sie ebenfalls golden.
    Bitte … Lesen Sie mir vor …
    Seien Sie mein Gott …
    Gut, den letzten Satz hatte sie vielleicht nie gesagt. Trotzdem hatte er ihn in ihren verwandelten Augen deutlich gesehen.
     
    E legt das Buch beiseite, ohne Lesezeichen, kniet sich neben das Bett und küsst sie auf die nackte Schulter. Sie erbebt, ihr Atem stockt. Als er aufblickt, entdeckt er ein

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