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01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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Straße. Er hielt nach Wallace Ausschau. Es hatte ihn kalt erwischt, als er sie im Club gesehen hatte. Das hatte er nicht erwartet. Mit wachsamen blauen Augen hatte sie neben Dante auf diesem Podest gestanden, als ob sie dorthin gehören würde.
    Wie eine Gleichberechtigte. Eine Sterbliche.
    Er hatte sie anscheinend unterschätzt. Sie hatte die Botschaften verstanden, als Dante noch keinen blassen Schimmer gehabt hatte; sie hatte auch Johannas verzweifeltem Vertuschungsmanöver keinen Glauben geschenkt, was unabwendbar zu der Frage führte: Wie lange hatte Agent Wallace noch zu leben?
    Ronin kannte seine fille de sang . Wallaces Rückkehr nach New Orleans kam bei Johanna einem Todesurteil gleich. E würde sie vermissen, aber schließlich hatte auch er nicht mehr allzu lange zu leben.
    Es irritierte ihn, dass er E in letzter Zeit nicht mehr gesehen hatte. War er da draußen, um die Zeitungen eines Besseren zu belehren? Schmollte er? Die Tatsache, dass er den nervösen Psycho nicht mehr auf seinem GPS-Empfänger finden konnte, hatte ihm einen kalten Schauder über den Rücken gejagt. Hatte Johanna ihn bereits abgeschaltet, wenn man das so nennen konnte? Oder hatte E eine Wahrheit herausgefunden, die Ronin bisher vor ihm geheim gehalten hatte?
    Ronin glitt in die Schatten zwischen den Häusern. Er setzte seine Sonnenbrille auf, um sich nicht durch seine leuchtenden Augen zu verraten. Eine Bewegung über ihm erregte seine Aufmerksamkeit. Er erstarrte und blickte vorsichtig nach oben.
    Dante kletterte auf das Dach des Schlachthauses. Das Mondlicht spiegelte sich in Leder und Metall. Geschmeidig und
schnell kroch er am Rand des Daches entlang, wobei er sich ganz auf den Beton unter seinen Füßen konzentrierte.
    Ronin zog seine Schilde fester um sich und stellte sein vorwitziges Gehirn ruhig. Dante schien mit seinem schwarzen Haar und dem vom Mond erhellten Gesicht ein Teil der Nacht zu sein – am Rande von Träumen entlangwandernd, ein Wesen aus alten, uralten Zeiten.
    Er erinnerte sich, wie sich Dantes Lippen auf seinen angefühlt hatten, die plötzliche Wärme seiner Hände auf seinem Gesicht. Er erinnerte sich an seinen Duft aus Rauch, Moschus und Frost.
    Er erinnerte sich, was Dante gegen seine Lippen geflüstert hatte.
    Du wirst nie mein Blut schmecken.
    Ronins Hände pressten sich gegen die Mauer hinter ihm. Seine Handflächen drückten sich gegen die Ziegelsteine und den rauen Mörtel. Das werden wir noch sehen, mein Kind, das werden wir noch sehen.
    Dante blieb stehen. Er neigte den Kopf und horchte. Dann schlich er zur Mitte des Daches, wo er wieder innehielt, ehe er einen weiteren Schritt machte. Das Geräusch zersplitternden Glases hallte durch die leere Straße wider.
    Über Ronins Lippen huschte ein Lächeln. Es war wirklich nicht leicht vorauszusagen, was der Junge als Nächstes tun würde.
    Dante war durch das Oberlicht in die Halle hinuntergesprungen.
     
    Heather spürte noch die Berührung seiner Finger auf ihrem Gesicht, während sie Dante nachsah. Er rannte so blitzschnell quer über die Straße, dass sie wie zuvor nur eine verschwommene Bewegung wahrnahm. Dann verschwand er in der Nacht. Oder verschmolz mit ihr.

    Sie starrte auf den leeren Gehsteig. Der Motor des MGs tickte und knackte, während er abkühlte. Ihr Magen verkrampfte sich vor Anspannung, und Zweifel stiegen in ihr auf. Sie öffnete die Beifahrertür.
    Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie Collins anrufen sollte. Doch damit würde sie ihn bitten, seine Karriere aufs Spiel zu setzen. Er war höchstwahrscheinlich sogar dazu bereit.
    Heather stieg aus und drückte leise die Tür zu. Auf der Straße war keine Bewegung zu bemerken. Um die surrenden Straßenlaternen breiteten sich dunkle Schatten aus. In den meisten Häusern brannte kein Licht mehr – ebenso wenig wie in den Lädchen und Geschäften in der Straße. Es waren die typischen Tante-Emma-Läden, die es in solchen Gegenden oft gab. Dazwischen lagen Antiquariate und Trödler.
    Sie ging über die Straße, wobei die Gummisohlen ihrer Skechers keine Geräusche erzeugten. Ihre Tasche schlug gegen ihre Hüfte, und sie blieb stehen. Jetzt war es zu spät, zum MG zurückzukehren. Also schob sie die Tasche auf den Rücken und lief dann die enge Gasse zwischen einem Trödelladen und einem Antiquar entlang, die nicht geteert war, sondern voller Kies.
    Wo war Dante? Schon drinnen?
    Versprich mir, vorsichtig zu sein.
    Nein.
    Seine Stimme, leise und bestimmt, hatte ihr Herz auf dieselbe

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