010 - Skandal in Waverly Hall
Bemerkung ein.
Dominick konnte kaum noch an sich halten. „Du verlierst wirklich keine Zeit", fuhr er den Freund an.
Patrick errötete heftig. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst."
„Nein? Ich glaube, das weißt du genau." Er lächelte freudlos.
„Meine Schwester hat mich nach London eingeladen", erklärte Patrick.
„Tatsächlich?" Dominick ballte die Hände zu Fäusten. „Und wer hat dich hierher eingeladen, in das Haus meines Großvaters?"
Patrick trat nervös von einem Fuß auf den anderen. „Es ist doch nichts dabei, wenn ich deine Frau besuche."
„Da bin ich entschieden anderer Ansicht."
Patrick wurde blaß. „Ist es nicht an der Zeit, daß du langsam erwachsen wirst, Dominick? Deine Eifersucht ist kindisch und äußerst unangebracht."
„Mir scheint, ich bin nicht grundlos eifersüchtig, Collins."
Patrick wich erschrocken zurück.
Dominick reichte es allmählich. Mit eisiger Miene wandte er sich an Anne. „Ich dachte, ich hätte mich vorletzte Woche klar ausgedrückt", sagte er.
Anne hielt seinem Blick stand. „Und ich..." Ihre leise Stimme war kaum zu hören.
„Und ich dachte, ich wäre ebenso deutlich gewesen. Mir steht der Umgang mit Freunden zu."
„Aber nicht mit diesem Freund."
Zu Dominicks Erstaunen nahm Anne seine Herausforderung nicht an, sondern stand auf. „Du solltest jetzt lieber gehen, Patrick", sagte sie ruhig.
Ihr Vetter sah sie besorgt an. „Bist du sicher, daß du allein zurechtkommst?"
Sie nickte und verzog den Mund.
Dominick gefiel der stumme Gedankenaustausch nicht. Er konnte seine Eifersucht und seinen Zorn kaum noch bezähmen und packte Annes Arm. „Das reicht, Anne.
Verabschiede dich bitte von Collins."
„Du tust mir weh!" keuchte sie.
„Laß sie sofort los!" rief Patrick.
Dominick gab Anne frei und richtete seine Wut gegen den Freund. „Mach, daß du rauskommst!"
Patrick richtete sich hoch auf.
„Ich habe dich schon in Waverly Hall hinausgeworfen und werfe ich dich auch hier hinaus."
„Tut das nicht, Dominick", flüsterte Anne.
Er beachtete sie nicht. „Ich werfe dich nicht nur aus Rutherford House hinaus. Ich verbiete dir auch, dieses Haus je- i mals wieder zu betreten."
„Du kannst mich nicht daran hindern, Anne zu besuchen."
Dominicks Hand zuckte. Am liebsten hätte er Patrick ins Gesicht geschlagen. „O doch, das kann ich. Und ich werde es tun. Ich verbiete es dir ein für allemal." Er drehte sich zu Anne. „Hast du gehört? Ich verbiete dir ausdrücklich jeden weiteren Umgang mit Patrick."
Sie sagte kein Wort.
„Caldwell!" rief Dominick, und der Butler erschien sofort. „Begleiten Sie Mr. Collins hinaus."
„Jawohl, Mylord", antwortete Caldwell.
Patrick verzog das Gesicht. „Würdest du dich etwas umsichtiger gegenüber deiner Frau verhalten, brauchte Anne meine Freundschaft vielleicht nicht zu suchen, Waverly", erklärte er.
Anne war entsetzt über Patricks Unverfrorenheit. Sie hatte ihm gewiß keine Hoffnungen gemacht.
„Solltest du meine Frau noch ein einziges Mal berühren, sehen wir uns in der Morgendämmerung in Guilford Crossing wieder. Die Wahl der Waffen überlasse ich dir."
Patrick wurde kreideweiß und verließ den Raum. Caldwell begleitete ihn. Anne blieb benommen stehen.
Dominick schlenderte zu der Doppeltür und schlug die beiden Flügel zu. Dann drehte er sich um und sah Anne an. „Welch ein seltsamer Zufall. Du fährst in die Stadt, und Collins taucht hier ebenfalls auf. Zu schade, daß ich nicht auf dem Land geblieben bin, nicht wahr? Dann hättet ihr beide euch ungestört treffen können. Habe ich dich in Schottland nicht genügend befriedigt, Anne?" Er war absichtlich grausam. „Benötigst du deshalb einen Liebhaber?"
Anne wurde dunkelrot. „Darauf brauche ich nicht zu antworten."
Dominick betrachtete sie mißtrauisch. Liebte Anne Patrick? Hatte sie in Schottland aus reinem Begehren so stark auf ihn reagiert, während ihr Herz in Wirklichkeit einem anderen Mann gehörte? Dieser Gedanke war ihm unerträglich. Zum Glück konnte er es sich nicht recht vorstellen. Wahrscheinlich war Anne furchtbar naiv und glaubte an eine echte Freundschaft mit ihrem Vetter, was Patrick zu seinem eigenen Vorteil ausnutzte.
Auf jeden Fall durfte er Collins nicht mehr trauen.
Dominick verdrängte den schmerzlichen Stich bei dieser Einsicht und fuhr fort: „Du wirst ihn nicht wiedersehen."
„Ich denke nicht daran, mir den Umgang mit Patrick verbieten zu lassen."
Dominick trat näher an sie heran. „Selbst
Weitere Kostenlose Bücher