0111 - Die grausamen Ritter
in die Nischen hinein, in denen die großen Steinsärge standen. Hier verbrachten die Ritter ihre Tage, denn die Sonnenstrahlen waren für sie tödlich.
Als sie jetzt zurückkamen, hatte sich Myxin in eine dunkle Nische verzogen. Der Schein der Pechfackeln reichte nicht bis zu diesem Platz. Der Magier spürte die Spinnweben über sein Gesicht gleiten, und er bekam mit, wie die Ritter sein Versteck passierten.
Es waren nur noch sechs!
Einer fehlte also.
Wo steckte er?
Myxin verhielt sich ruhig. Er hoffte, daß sich die Ritter darüber unterhalten würden, und er täuschte sich nicht.
Sie sprachen von ihrem nächtlichen Ausflug. Myxin hörte etwas von einem Mann, der eine besondere Waffe besaß, mit der er einen Ritter getötet hatte.
Das konnte nur John Sinclair sein!
Freude durchströmte den kleinen Magier. Sollte seine letzte Verzweiflungstat Erfolg gehabt haben? Nachdem sämtliche Befreiungsversuche mißglückt waren, hatte Myxin zum letzten Mittel gegriffen. Zur telepathischen Botschaftsübermittlung. Alle Fähigkeiten hatte Asmodina ihm nicht nehmen können. Als die Ritter schliefen und deren Magie ein wenig abgeflacht war, hatte es Myxin versucht.
Trotz der Fesseln war es ihm gelungen, durch reine Gedankenmagie ein Bild seines Zustands und seines Gefängnisses über Hunderte von Meilen hinweg an einen anderen Ort zu projizieren.
Und in Sinclairs Wohnung gab es magische Gegenstände, die dieses Bild aufnehmen konnten. Myxin hatte bisher nicht gewußt, ob sein Versuch gelungen war; der Vorgang erschöpfte ihn so sehr, daß er in einen Schlaf gefallen war, der fast einer Bewußtlosigkeit glich.
Aber die Ritter sprachen über einen Feind.
Dann war John Sinclair da!
Für Myxin war es klar, daß er nicht mehr zurück konnte. Er mußte mit dem Sinclair-Team Seite an Seite kämpfen, obwohl er damals ihr Gegner gewesen war. Doch die Ereignisse hatten die alte Feindschaft überrollt.
Aus Feinden waren Verbündete geworden.
Die Ritter stiegen von ihren Pferden. Die Gäule blieben dabei so lange ruhig stehen, bis die Füße der Unheimlichen den Boden berührt hatten. Dann trotteten sie gemächlich davon. Sie verschwanden in einem anderen Gewölbe, nachdem sie einen Torbogen passiert hatten.
Die Ritter blieben zurück. Und Myxin. Rufus wußte genau, wo sich der Magier aufhielt. Mit barscher Stimme holte er ihn zu sich.
Myxin ging hin. Auf seinem Gesicht lag sogar ein Lächeln. Er sah eigentlich aus wie immer, trug seinen langen dunklen Mantel, und die Hände hatte er in den Taschen vergraben.
Vor Rufus blieb er stehen. Der Raubritter klappte sein Visier hoch. Bleich schimmerte der Totenschädel, die leeren Augenhöhlen glotzten den kleinen Magier an. »Du weißt etwas«, sagte Rufus, »das spüre ich genau!«
»Was sollte ich wissen?«
»Wer ist dieser Mann?«
»Ich weiß nicht, von wem du sprichst«, erwiderte Myxin gelassen. Rufus zog sein Schwert. Die Spitze zitterte dicht vor Myxins Kinn.
Normalerweise hätte der Magier darüber gelacht. Mit einem Schwerthieb war er früher nicht umzubringen gewesen, aber nun sah die Sache anders aus. Er war seiner meisten Kräfte beraubt worden und fühlte sich hilflos und unterlegen.
»Soll ich dir den Kopf abschlagen?« drohte Rufus.
»Ich weiß nichts.« Myxin blieb standhaft. »Dieser Mann hat einen von uns getötet. Wie sollte er sich auf unsere Spur gesetzt haben, wenn nicht durch dich?«
»Ich war immer hier.«
»Das wissen wir auch!«
»Warum verdächtigst du mich dann?«
»Weil ich dir nicht traue.« Rufus zog sein Schwert wieder zurück.
»Aber wenn ich merke, daß du uns hintergangen hast, wirst du geköpft, du Wicht!«
Myxin zuckte unter dieser Beleidigung zusammen. Niemand hätte es früher gewagt, ihn auch nur schief anzusehen, und jetzt schleuderte man ihm die harten Worte ins Gesicht, ohne daß er etwas dagegen unternehmen konnte.
Wie tief war er gesunken!
Die übrigen Ritter wurden unruhig. Ein Zeichen, daß der Morgen dämmerte.
Auch Rufus merkte dies. Er drehte sich um und befahl den anderen, sich zurückzuziehen.
Die Ritter verschwanden wie Schemen in der Dunkelheit. Nur die Rüstungen klapperten und rasselten.
Rufus ging als letzter.
Seine Nische war etwas breiter als die der anderen. Er besaß auch den größten Sarg.
Diese Nischen waren den Rittern zum Schicksal geworden, denn vor Hunderten von Jahren hatte man sie bei lebendigem Leibe in die Särge gelegt und dort eingemauert.
Eine schlimme, grausame Strafe. Aber noch
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