0112 - Die Drachensaat
er.
»Das geht vorbei«, erwiderte ich zuversichtlich.
Myxin lächelte nur. Er schaute auf mein Kreuz.
Ich ahnte, was in seinem Kopf vorging, und fragte: »Willst du es anfassen?«
»Eigentlich ja.«
»Hier.«
Ich reichte es ihm. Es war die berühmte Nagelprobe, und Myxin zögerte noch.
»Nimm es!« forderte ich ihn auf.
Er gab sich einen innerlichen Ruck, krümmte die Finger und nahm mir das Kreuz aus der Hand.
Es geschah - nichts.
Myxin konnte das Kreuz in der Hand behalten, ohne das es reagierte. Er, nein, wir hatten es geschafft.
»Ich - ich bin kein Dämon mehr!« flüsterte er. »Kein Schwarzblüter. Es ist vorbei…«
»Ja, es ist vorbei«, bestätigte ich.
»Aber wieso?« Myxin schüttelte den Kopf. Er war völlig durcheinander.
»Dann habe ich all meine Kräfte verloren?«
»Sieht so aus.«
»Demnach bin ich jetzt hilflos?«
»So hilflos wie ich.«
»Nein, John Sinclair. Du hast dein Kreuz, dazu deinen Bumerang, aber für mich ist Schluss. Ich bin ein Verräter, bin vogelfrei. Jeder Dämon wird mich leicht töten können. Sie setzen mich auf die Schwarze Liste, nichts kann mich retten.«
Aus seiner Sicht betrachtet, hatte er recht. Aber was sollte ich ihm sagen? Er würde mir nichts glauben. Beinahe hastig gab er mir mein Kreuz zurück und senkte den Kopf. »Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, als ich mich auf deine Seite stellte, John Sinclair. Vielleicht. Nun es ist nicht mehr rückgängig zu machen. Ich muss damit existieren. Aber ich glaube, dass mich Asmodina schlimm bestrafen wird.«
»Das warten wir einmal ab. Zuerst muss ich mich um die verdammten Ritter kümmern.«
»Soll ich dir helfen?« fragte er.
»Nein, bleib lieber hier.«
»Du hältst mich für schwach?«
»Keineswegs, die anderen sind zu stark.«
»So kann man es auch sehen.« Der kleine Mann lachte bitter. Er schien ungeheuer deprimiert zu sein. Auch die Haut schimmerte nicht mehr so stark grünlich wie früher. Sie war grauer geworden und auch blasser.
Wie bei einem Menschen, dem man einen großen Schrecken eingejagt hatte.
»Vielleicht bekommst du deine Kräfte irgendwann einmal wieder«, versuchte ich ihn aufzurichten. Ich hatte einfach das Gefühl, etwas sagen zu müssen.
»Daran glaube ich nicht«, erwiderte Myxin. Ich hob die Schultern.
Im selben Augenblick hörten wir das Knirschen über uns. Sofort warf ich einen Blick hoch zur Decke und sah die breiten Risse.
»Weg hier!« brüllte ich Myxin zu und packte ihn an den Schultern. Jetzt mussten wir rennen, wenn uns unser Leben lieb war…
***
Suko war geschockt! Die Gestalt dort im Bottich schien einem Alptraum entsprungen zu sein.
Ein Mensch mit einem Drachenschädel. Die Flüssigkeit reichte dem Drachenmenschen bis zur Hüfte. Er hob beide Arme und drehte sich im Kreis. Dabei öffnete er sein Maul, und beschwörende Worte drangen daraus hervor.
»Brüder!« rief er mit lauter Stimme. »Die Zeit des Drachen hat begonnen. Barrabas ist erwacht. Er hat gerufen, und wir werden ihm folgen. Was vor Urzeiten begonnen hat, müssen und werden wir fortsetzen. Wir - die Diener des Drachen!« Gemurmel drang über die Lippen der Anwesenden. Sie alle stimmten dem Drachenmenschen zu.
Denn er war Barrabas' großer Diener, und ihm hatten sie zu gehorchen.
Blind…
Suko sah dies alles und bekam jede Einzelheit mit. Er war zwar geschockt, jedoch nicht so stark, als dass seine Gedanken eingefroren wären. Er überlegte.
Erstens: Wo waren die Kinder? Und was geschah mit ihnen, wenn Barrabas kam? Würden all die Versammelten dem Diener des Drachen treu folgen? Ja, es sah ganz so aus.
Aber Suko wollte ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Er zog seine Beretta, die er zuvor weggesteckt hatte. Noch nie hatte er gern getötet, aber er sah in diesem Fall einfach keine andere Möglichkeit.
Wenn er King Cutler, den Drachenmenschen, ausschalten konnte, war viel gewonnen.
Langsam hob er den rechten Arm und legte ihn mit der Innenseite nah an die Säule, so dass er die Kühle des Gesteins spüren konnte. Suko visierte genau. Doch er kam nicht zum Schuß. Noch nicht…
Bewegung geriet in die Männer. Hilfreich streckten sie ihre Arme aus, um Cutler aus dem Bassin zu ziehen. Er sollte sich nicht anstrengen, er wurde noch gebraucht. Zahlreiche Körper deckten ihn, und Suko musste seinen Plan verschieben.
Der Chinese war jedoch davon überzeugt, dass sich bald eine günstigere Gelegenheit ergeben würde.
King Cutler, der Drachenmensch, wurde aus dem Bassin
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