0112 - Die Drachensaat
eines kleinen Hügels erreicht hatten, der im Schatten zweier Berge lag, wandten sie sich nach links, einem Plateau zu.
Dort war ihr Ziel!
Und dort war alles vorbereitet.
Auf dem Plateau stand ein ähnliches Bassin, wie Suko es bereits in dem Keller gesehen hatte. Noch war es leer, doch die Männer, die ihn begleitet hatten, lösten sich von der Gruppe und schritten auf das Bassin zu. Sie trugen Gefäße bei sich, die mit dem Drachenblut gefüllt waren.
Doch nicht nur das Bassin erregte Sukos Aufmerksamkeit. Es war auch das Gestell, das darüber stand. Vier in den Boden gerammte Pflöcke hielten eine Plattform, die das Bassin wie einen Himmel abdeckte. Die Plattform bestand aus Holzstämmen, die allerdings so aneinandergelegt waren, dass immer ein handbreiter Zwischenraum blieb.
Auf diese Plattform wurde Suko gehievt.
Steif und starr lag er da. Er konnte nicht mal den kleinen Finger rühren.
Mehrere Männer kletterten auf die Plattform. Sie zogen sich mit Klimmzügen hoch und holten Stricke aus ihren Taschen.
Damit fesselten sie Suko.
Der Chinese beobachtete nur. Er sah die Kerle um ihn herumlaufen, und auf ihren Gesichtern stand das Grinsen wie eingefroren.
Suko wurde verschnürt wie ein Rollbraten. Sie banden ihm die Fesseln um den Leib und verknoteten sie unterhalb der Plattform. Suko lag still.
Dann trat Asmodina heran, bückte sich und strich mit ihren kalten Totenfingern durch Sukos Gesicht. Augenblicklich hörte die Starre auf.
Suko konnte sich wieder bewegen, aber die Fesseln saßen so stramm, dass es kaum einen Unterschied zu der vorherigen Starre gab.
»Nun?« fragte Asmodina. »Wie schmeckt dir das?«
»Überhaupt nicht«, gab der Chinese zu.
Asmodina lachte. »Das kann ich mir denken, aber du hast es nicht anders gewollt. Du hättest dich eben auf die andere Seite schlagen sollen, jetzt ist es zu spät. Barrabas wird dich holen!«
»Wo sind die Kinder?« fragte Suko.
»Oh, du weißt gut Bescheid. Hast du Angst um sie?« höhnte die Teufelstochter.
In Suko stieg die Wut hoch. Asmodina sprach so kalt und grausam über die unschuldigen Geschöpfe, dass er sie am liebsten gekillt hätte. Doch die verdammten Fesseln saßen einfach zu fest.
»Sie werden um Mitternacht hergeschafft«, antwortete die Teufelstochter. »Noch befinden sie sich im Dorf!«
»Wie viele sind es?«
»Genau zehn!«
»Lass sie frei, du hast mich doch«, bat der Chinese, obwohl es ihm widerstrebte, Asmodina um einen Gefallen zu bitten. »Nein!«
»Was willst du mit ihnen?«
»Die Kinder geben dem Drachen die Kraft!« Mit dieser Antwort musste sich Suko zufriedengeben, denn die Teufelstochter sprang von dem Podest herunter.
Suko blieb allein zurück. Der kühle Wind fuhr ihm über das schweißnasse Gesicht. Er hörte sein Herz schmerzhaft schlagen.
Über sich sah er einen verhangenen Himmel. Die Sonne kam nicht mehr richtig durch, es kündigte sich ein Wetterumschwung an.
Die Diener des Drachen erwachten zu einer fieberhaften Aktivität. Sie füllten das Bassin mit Drachenblut und bereiteten alles für die Taufe vor.
King Cutler überwachte die Vorgänge. Hin und wieder gab er Kommandos.
Sie klangen aus seinem Drachenmaul seltsam dumpf und verzerrt, wurden aber verstanden.
Schließlich war das Bassin zur Hälfte gefüllt.
King Cutler kletterte auf das Gerüst und blieb neben Suko stehen. Er gönnte ihm keinen Blick, sondern schaute nur hinunter auf seine Diener.
»Bis jetzt haben wir alles gut geschafft!« rief er. »Barrabas wird zufrieden sein. Aber etwas fehlt noch. Die Kinder! Holt sie!«
Plötzlich krampfte sich Sukos Magen zusammen…
***
Ich schüttelte die Todesangst ab. Verdammt, ich hatte schon in zahlreichen brenzligen Situationen gesteckt und war immer davongekommen. Das wollte ich auch hier. Plötzlich konnte ich wieder klar denken, achtete auf den Ritter, der sein Schwert vorstieß.
Ich zuckte zurück, die Spitze traf nicht.
Rufus lachte. Er machte sich jetzt einen Spaß daraus, mit mir zu spielen.
Meine Hand glitt hoch zum Kreuz.
»Das nützt dir nichts«, grollte er. »Ich bin schneller!«
»John Sinclair!«
Myxins Ruf hallte über den Burghof. Die Stimme kippte fast über, so strengte er sich an.
Rufus und ich wandten die Köpfe. Auch der Ritter war durch diesen Schrei erschreckt worden.
Der kleine Magier rannte auf die Mauer zu. Seinen rechten Arm hielt er hoch erhoben, und zwischen seinen Fingern sah ich meinen silbernen Bumerang.
Ich begriff.
»Wirf ihn her!« brüllte ich.
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