0123 - Dr. Tods Monsterhöhle
ihnen. Sie war nicht einmal als grauer Strich zu erkennen, so weit befanden sie sich bereits auf dem Meer.
Am Anfang hatte sie Dr. Tods seemännischen Kenntnissen nicht getraut. Es war ein Unterschied, ob man ein Schiff auf der Themse steuerte oder über das offene Meer.
Doch Solo Morasso kam gut zurecht.
Zudem hatten sie guten Wind, der keine querlaufenden Wellen herantrieb und eine ziemlich gute Fahrt garantierte.
»Wie lange dauert es eigentlich noch?« erkundigte sich Lady X.
Dr. Tod schaute auf die Seekarte und verglich einige Daten.
»Vielleicht noch eine halbe Stunde.«
»Dann müßten wir die Insel ja sehen.«
»Da liegt sie.« Solo Morasso deutete nach vorn. Er hatte bessere Augen als die Frau. Lady X hatte Mühe, den schmalen grauen Strich am Horizont zu sehen.
»Du kannst auf Deck gehen, da hast du einen besseren Ausblick«, schlug Dr. Tod vor.
Das tat Pamela Scott auch.
Tokata hockte noch immer am Heck des Bootes und starrte auf die Planken. Wieder rieselte ein Schauer über den Rücken der Frau, und als der Samurai jetzt den Kopf hob und sie anblickte, schaute sie in dieses verweste Gesicht hinter der Maske.
Schnell drehte sich die Frau um.
Die lange Dünung trieb auf das Schiff zu. Hier merkte Pamela das Schaukeln stärker als im Ruderhaus. Wenn sie die Augen schloß, mußte sie sich konzentrieren, damit es ihr nicht den Magen hob.
Die Insel war nun besser zu sehen. Am Horizont nahm sie langsam Konturen an. Die Linie wurde zu einem wellenförmigen Gebilde mit allerlei Einbuchtungen und Landzungen.
Ja, das war die Insel.
Lady X lächelte, als sie daran dachte. Sie und Rudy hatten damals den Coup allein durchgeführt, und es war wirklich ein lebensgefährlicher Job gewesen, an das Zeug heranzukommen.
Es war ein mörderisches Gas. Unter ungeheuren Sicherheitsmaßnahmen entwickelt, unter Verschluß gehalten und zum absoluten Staatsgeheimnis erklärt.
Dieses Gift war so schlimm, daß es alle anderen bisher bekannten in den Schatten stellte. Einmal eingeatmet, veränderte es Menschen und Tiere, machte aus ihnen Mutanten, so daß es möglich war, aus einer kleinen Katze ein riesiges Monster zu entwickeln.
Unvorstellbar…
Lady X hatte Dr. Tod genau die Stelle gezeigt, wo sie an Land gehen sollten. Sie hatten dort damals auch angelegt. Von dem Landeplatz aus gab es den kürzesten Weg zu den alten Klosterruinen.
Und dort hatten sie das Zeug versteckt. Die Behälter waren gut verschlossen gewesen, und Lady X hoffte, daß dies auch so geblieben war. Wenn sie das Gift erst einmal hatte, dann kam die große Apokalypse. Vor allen Dingen, wenn es sich in den Klauen des Menschenhassers Dr. Tod befand.
Der Gedanke daran ließ sie lächeln. Noch vor dem Dunkelwerden würden sie die beiden Kanister in den Händen haben, und dann gab es nichts mehr, was sie aufhielt.
Lady X griff nach ihren Zigaretten. Sie wollte gerade das Stäbchen aus der Schachtel nehmen, als ihr Blick abermals über das Meer fiel.
Vor dem Schiff entstand ein Strudel. Etwas bewegte sich unter der Oberfläche und trieb auf das Schiff zu.
Pamela Scott lief an die Reling und schaute genauer hin. Dicke Blasen stiegen an die Oberfläche und zerplatzten. Das Wasser geriet in einen wirbelnden Sog, und im nächsten Augenblick tauchte der riesige Kopf eines Monsters auf.
Lady X erschrak so sehr, daß sie lauthals aufschrie.
Der Kopf sah schrecklich aus. Vor allen Dingen die Augen, die ausgelaufen waren.
Eine Seeschlange! schoß es der Scott durch den Kopf. Nein, keine.
Das Untier sah aus wie eine Echse.
Sie warf einen Blick über die Schulter zurück und sah, daß Tokata sich erhoben hatte. Auch er mußte etwas bemerkt haben.
»Da!« schrie Pamela Scott und deutete auf die Wasseroberfläche.
»Da ist es!«
Im selben Augenblick erschien auch Dr. Tod an Deck. In seinen Augen stand die Ratlosigkeit. Er wußte ebenfalls nicht, was das Auftauchen des Monsters zu bedeuten hatte.
Die Echse schwamm weiter. Dann stieß sie mit dem harten Schädel gegen den Rumpf des Schiffes. Der Aufprall erschütterte den Kahn bis in seine Schweißnähte.
Dr. Tod und Lady X flogen zurück.
Nur der Samurai hielt sich.
»Tokata!« befahl Dr. Tod. »Töte dieses Biest!«
Der riesenhafte Samurai nickte. Er machte einen Schritt, stand auf der Reling und sprang ins Wasser. Noch während des Falls zog er sein gewaltiges Schwert, und Lady X sah diesen lebenden Leichnam zum erstenmal in voller Aktion…
***
Vor uns stand ein Mann.
Weißhaarig, alt und
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