0124 - Wir entrissen den Raubtieren ihr Opfer
eine frühere Mieterin von Ihnen.«
»Kommen Sie herein«, antwortete sie und führte uns in die kleine Küche, die zwar altmodisch, aber recht sauber war.
Wir setzten uns auf zwei harte Küchenstühle, und dann fragte Phil:
»Wir suchen eine junge Frau, die wahrscheinlich zusammen mit einer Freundin vor ungefähr fünfeinhalb Jahren bei Ihnen wohnte. Sie heißt Phylllis Martin. Erinnern Sie sich daran?«
»Lassen Sie mich nachdenken.« Sie legte einen ihrer knochigen Finger an die Geiemase und kniff die Augen zusammen. »Ja, ich erinnere mich. Phyllis Martin. Als sie aus dem Krankenhaus kam, brachte sie eine andere mit. Pat hieß das Mädchen. Sie wohnte mit Phyllis im selben Zimmer. Zuerst wollte ich sie nicht aufnehmen, aber dann tat sie mir Leid. Sie war noch ein Kind. Nach ungefähr drei Tagen bekam Phillys Arbeit, und die andere blieb zu Hause. Später fing Pat an, abends auszugehen und das passte mir gar nicht. Ich halte nichts von Mädeln, die sich nächtelang herumtreiben. Aber die Miete wurde bezahlt, und das genügte mir. Ungefähr sechs Monate später kündigte Phyllis. Sie sagte, sie hätte ein gewaltiges Glück gehabt und würde heiraten. Pat wohnte dann noch drei Monate hier. Sie schlief bei Tag und war des Nachts unterwegs. Dann verschwand sie eines Tages von einer Stunde auf die andere. Wohin, weiß ich nicht. Ich fürchte, sie ist vor die Hunde gegangen.«
»Und die Kinder?«, warf ich ein. »Nahmen sie die mit?«
»Wieso, Kinder? Da war doch nur eines, Phyllis, kleiner Junge… oder war es vielleicht Pat’s? Sie dürfen mich totschlagen, ich weiß es nicht mehr.«
Wir blickten uns an. Die beiden Mädchen hatten in der Entbindungsabteilung gelegen, und als sie zurückkamen, war plötzlich nur ein Kind vorhanden. Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zu gehen.
»Wer von beiden nahm denn nun diesen kleinen Jungen mit?«
»Ich muss überlegen. Es ist ja schon so lang eher… Doch jetzt weiß ich es. Es war Phillys, die das Kind mitnahm. Ich weiß noch, dass Pat, die sehr an dem Jungen hing, heulte wie ein Schlosshund und ihn gar nicht hergeben wollte.«
»Haben Sie jemals wieder etwas von einem der beiden Mädchen gehört?«, fragte Phil.
»Nein, niemals. Im Anfang habe ich manchmal an sie gedacht, aber mit der Zeit und bei den vielen Mietern, die 30 man so hat, vergisst man doch die einzelnen Leute.«
Das war alles was wir erfahren konnten.
***
»Jetzt möchte ich wissen, wo Pat Wheath ihr Kind gelassen hat«, meinte Phil, als wir wieder auf der Straße standen. »Sie muss sich des Jungen auf dem Weg vom Krankenhaus zu Mrs. Comber entledigt haben.«
»Das ist kein großes Problem«, erwiderte ich. »Mit Kindern ist schon immer gehandelt worden. Ich verpflichte mich innerhalb einer Stunde glücklicher Vater zu sein, wenn ich ein paar hundert Dollars dafür ausgebe. Manchmal kann man so ein fremdes Kind sogar umsonst bekommen, und kein Mensch kümmert sich jemals darum, woher es stammt.«
»Das merkwürdige an diesem Fall ist, dass sich doch jemand darum kümmert, oder vielmehr verschiedene Leute. Da sind der alte Wheath, seine Frau, sein Stiefsohn und noch irgendjemand, den wir nicht kennen. Wenn wir nur diese Phyllis Martin ausfindig machen könnten. Sie müsste Bescheid wissen.«
Wir kletterten in meinen Jaguar. Ich startete, und gerade, als ich die Kupplung hineinschob, kam mir eine Idee.
»Wo willst du denn hin?«, fragte Phil. »Zum Districtsbüro geht es doch in die entgegengesetzte Richtung.«
»Du wirst lachen, zum Central Arbeitsamt. Mrs. Comber behauptete, die Martin habe nach drei-Tagen eine Stellung bekommen Was liegt näher, als das sie diese vom Arbeitsamt bekam. Ein Versuch kann nicht schaden.«
Die Idee war gut, aber die Ausführung erwies sich als schwierig. Ungefähr zwei Stunden lang fuhren wir Stockwerke hinauf und hinunter, wanderten endlose Gänge entlang und verhandelten mit mehreren Dutzend verschiedenen Abteilungsvorstehern und Vermittlern. Akten wurden gewälzt, Katotheken durchgeblättert, überall schüttelte man bedauernd den Kopf.
Endlich, wir waren schon im Begriff aufzugeben, da hatten wir Erfolg. Eine Phyllis Martin war am 2 9. April als Stenotypistin vermittelt worden. Die Firma hieß James Webster Incorp. und hatte ihren Sitz in der Madison Avenue 183.
Bevor wir uns dahin auf den Weg machten, stoppten wir vor einem Quick Lunch Restaurant, um etwas zu essen. Es war immerhin schon zwei Uhr geworden, und wir hatten beide einen fürchterlichen
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