0132 - Der Schwarze Graf
Helligkeit spendete ihnen das von draußen hereinfallende Tageslicht. Schließlich erreichten sie die Grenze zur völligen Dunkelheit, so daß die Carabinieri ihre starken Taschenlampen einschalten mußten.
Schon längst hatten sie den kleinen Raum passiert, in dem vor Monaten ein junger Tourist ums Leben gekommen war. Sein Gerippe lag unweit seines Schlafsacks, den mittlerweile eine dicke Staubschicht bedeckte.
Seltsamerweise wurde gerade dieser Raum von Piecollo unbeachtet gelassen…
Die Männer hatten bereits eine beträchtliche Strecke hinter sich gebracht, als der Alte plötzlich nach rechts in einen unscheinbaren, etwas abseits gelegenen Gang trat.
»Leuchte mal hier unten! Auf der linken Seite muß es sein.« Lancone richtete den hellen Lichtstrahl auf die ihm bezeichnete Stelle.
Eine steinerne Platte!
Sofort bemerkte er den kleinen, rostigen Metallring, der an einem tief im Fels steckenden Haken befestigt war.
»Was ist denn das?«
»Der Einstieg zu dem unterirdischen Gewölbe, von dem ich euch erzählt habe. Ab hier wird's etwas schwieriger für uns werden.«
»Louis! Halte mal für einen Moment und leuchte!« Lancone reichte seinem Kollegen die Taschenlampe.
Mit beiden Händen versuchte er, den schweren Brocken anzuheben. Zu seiner eigenen Überraschung mußte er feststellen, daß ihm dies wider Erwarten fast mühelos gelang.
Mit Leichtigkeit schob er die Platte knirschend zur Seite. Staubwolken wirbelten auf und vernebelten die Sicht. Doch im Licht der starken Lampen wurde schemenhaft eine steil nach unten führende, in den Fels gehauene Treppe sichtbar.
Eine Woge bestialischen Gestanks schlug den Männern entgegen.
»Sollte mal gelüftet werden«, lachte Louis Walther. »Also wer sich in so einer Gruft über längere Zeit versteckt hält, muß schon eine verdammt unempfindliche Nase haben.«
»Ich glaube auch nicht, Piecollo, daß außer dir jemand diese unterirdische Anlage kennt.« Lancone schien seinen ursprünglichen Plan, sich dort unten umzusehen, plötzlich aufgeben zu wollen.
Die Vorstellung, daß sich jemand in dieser stockfinsteren, luftverpesteten Hölle aufhalten könnte, erschien ihm mittlerweile wohl doch zu unwahrscheinlich.
»Also wollt ihr nun nachsehen oder nicht?« Die Stimme des Alten klang fremd und seltsam drängend aus der Dunkelheit, als er das Zögern seiner Begleiter bemerkte.
Lancone focht einen verzweifelten inneren Kampf aus. Dann hatte er sich entschieden.
»Also gut. Wir haben schließlich nicht den ganzen verdammten Weg hier herauf gemacht, um die schöne Aussicht zu genießen.« Er überwand seinen Ekel und stieg vorsichtig die Stufen hinunter.
»Außerdem ist das Wetter ja auch nicht danach«, bemerkte der immer gutgelaunte Louis Walther und verschwand ebenfalls in der gespenstischen Stille des unterirdischen Gewölbes. Beide hatten nicht bemerkt, wie sich das Gesicht Francisco Piecollos zu einer bösartigen Grimasse verzog. Langsam, fast bedächtig folgte er den Beamten.
Marco Lancone konnte sich eines unangenehmen Gefühles nicht erwehren.
Das war doch eine Irrsinnsidee!
Schon nach ein paar Schritten wußte er mit fast tödlicher Sicherheit, daß er einen Fehler gemacht hatte.
Hier war außer ihnen niemand.
Im Licht ihrer Lampen zeigte sich ein wahres Labyrinth von beiderseits abzweigenden Gängen und Räumen, in denen es von Ratten und Ungeziefer aller Art nur so wimmelte. Die vermoderte, stickige Luft schmerzte in ihren Lungen. Ein undefinierbares Grauen packte Lancone und ließ ihm eine Gänsehaut über den Körper laufen.
Kleine, kalte Schweißtropfen traten auf seine Stirn. Nervös wischte er sich über die Lippen.
Eine solche Stille und Finsternis hatte er noch nie erlebt. Noch war Zeit, umzukehren.
Niemals! hämmerte es in seinem Kopf. Er besann sich auf die Pflichten, vor die er sich als Ordnungshüter gestellt sah und die er um jeden Preis erfüllen wollte - wenn es auch noch so schwerfiel.
Er mußte hier unten weitersuchen.
Wenigstens noch ein Stückchen…
»Louis? Louis Walther!« rief Lancone fast ängstlich in die Dunkelheit, denn Walther war plötzlich in einem der vielen seitlich abzweigenden Gänge verschwunden, um wohl irgendeiner Spur nachzugehen.
Der gebündelte Lichtstrahl einer starken Taschenlampe stach so unerwartet in Lancones Augen, daß er vor Schmerz aufschrie.
»Nimm gefälligst das Ding runter, du verdammter Idiot!« herrschte er nervös seinen jüngeren Kollegen an.
Der Angesprochene richtete den Strahl
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