0140 - Schreie in der Horror-Gruft
zusammen.
Diese kalten Totenfinger irritierten sie, sie strömten die Kühle einer Gruft aus, und der Vampir lachte leise. »Du wirst dich an mich gewöhnen müssen, kleine Ilona. So heißt du doch, nicht wahr?«
»Ja!« hauchte sie.
»So wie du jetzt lebst, geht es nicht mehr«, flüsterte der Vampir. »Du wirst bald eine Dienerin sein. Ich werde dich spüren, werde dich trinken, und deine Seele wird ein Teil meiner eigenen werden und umgekehrt. Wir beide ergänzen uns. Wir allein bilden eine Blutgemeinschaft.«
Ilona vernahm die Worte, verstand auch ihren makabren Sinn und bekam Angst.
Unheimlich stark wurde sie, ihre Knie zitterten, sie hätte am liebsten geschrien, aber nicht ein Laut drang über ihre Lippen. Der Vampir war zu beeindruckend, er starrte sie an, und sein Blick hatte etwas Hypnotisches an sich.
Ilona nickte.
Jetzt lachte Fariac. »Siehst du, kleine Ilona. Du kannst es kaum erwarten, daß ich dich zu meiner Gefährtin mache. Keine Angst, es dauert nicht mehr lange…«
Er lehnte sich wieder zurück.
Dann hob er die Arme und klatschte einmal in die Hände. Auf dieses Zeichen hatten die fünf Dienerinnen gewartet. Sie traten vor den Thron des Vampirs und begannen mit ihrem Gesang.
Ilona konnte nur schwer etwas verstehen, weil es eine sehr alte Sprache war. Wortfetzen jedoch bekam sie mit.
Da wurde vom Sterben und von der Blutseuche gesprochen. Von der dunklen Seele und vom Teufel, von Hexen, Vampiren und Werwölfen. Immer wieder tauchte das Wort Blut auf.
Der Blutgesang!
Die Stimmen der Mädchen waren eintönig, ohne Modulation. Es war ein Leiergesang, keine Stimme klang heraus, alles ging unter in einer Monotonie.
Ilona hörte zu und hörte es wiederum nicht. Der Gesang glitt an ihren Ohren vorbei.
Bis er aufhörte, da zuckte sie zusammen.
Jetzt war es soweit.
Fariac winkte ihr zu. »Komm noch näher!« flüsterte er mit heiserer Stimme.
Ilona ging. In der Bewegung öffnete der Graf seinen Mund, und sie sah die beiden Zähne.
Zum erstenmal wurde sie mit den blutsaugenden Vampirzähnen konfrontiert, und sie erschrak bis ins Mark.
Es waren grausame Hauer, lang und spitz, dazu ein wenig nach innen gebogen. Ilona konnte sich gut vorstellen, daß diese Zähne leicht in ihr Fleisch am Hals schlugen.
Hände wühlten in ihrem langen Haar, bauschten es auf und ließen es durch die Finger gleiten, wobei der Hals des Mädchens plötzlich frei lag.
Frei für den Biß…
Fariac zog Ilona noch weiter zu sich heran. Er wollte das helle Fleisch sehen, die weiße Haut am Hals, die bald zwei Bißstellen aufweisen würde…
Das Zigeunermädchen spürte den Modergeruch, den Fariac ausströmte. Er roch, als wäre er frisch aus einem alten Grab gestiegen.
Auch das Parfüm, mit dem die Mädchen sich bespritzt hatten, konnte den fauligen Gestank nicht überdecken.
Ilona ekelte sich.
Und doch wußte sie, daß sie dieser Ekel nicht davon abhielt, gebissen zu werden.
Sie war für die Vampirtaufe vorgesehen.
Sie würde das Opfer sein…
Die fünf Mädchen hatten den Kreis enger gezogen. Sie wollten genau mitbekommen, was mit der Neuen geschah. Eine Vampirtaufe zu erleben, war immer etwas Besonderes.
Ilona versteifte sich. Sie wehrte sich, so gut sie konnte. Ihre Arme bekam sie nicht mehr in die Höhe, dazu war sie zu schlapp. Aber sie wollte es dem Vampir nicht so leicht machen.
Die Gräfin sah es. Sie trat rasch einen Schritt vor und drückte wieder gegen den Rücken des Mädchens.
Ilona fiel dem Blutsauger in die Arme.
Der lachte.
Schaurig klang das Lachen dicht an Ilonas Ohr. Feurige Räder drehten sich vor ihren Augen. Bilder entstanden. Sie sah sich mit John Sinclair und ihrem Bruder zusammen. Sie wollte schreien, um Hilfe rufen… warum kamen die beiden denn nicht? Sie wollten ihr doch helfen!
Dann spürte sie die Lippen an ihrem Hals.
Kalte Lippen…
Die Zähne waren warm. Es schien, als würden sie leben.
Ergeben schloß sie die Augen.
Da erfolgte der Biß!
Ein kurzer, scharfer Schmerz. Aus dem Mund des Mädchens drang ein Stöhnlaut, wie aus weiter Ferne hörte sie das Schreien der Vampirinnen. Im nächsten Augenblick schwemmte sie eine gewaltige Woge fort, ließ sie wie auf Flügeln dahingleiten, hinein in das Dunkel des seelenlosen Todes…
***
Wir huschten die Treppe hoch.
Sie war ziemlich lang. Dieser verdammte Irrgarten hatte uns schon genügend Sorgen und Schwierigkeiten bereitet, und ich war froh, als ich die Tür sah.
Das Licht meiner kleinen Lampe traf das matt
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