0142 - Das Geheimnis des Teufelshügels
sich den Mord nur eingebildet hatte?
Das Taxi fuhr vor.
Zamorra und Nicole verabschiedeten sich von dem Pfarrer.
Sie fuhren ins Nachbardorf.
***
Hinter einer honiggelben Mauer ragten prachtvolle Bäume auf. Das massive Gittertor ließ sich elektrisch öffnen und schließen. Vor dem Sanatorium, das wie eine hochherrschaftliche Villa aussah, befand sich ein kleiner Springbrunnen, der seinen Wasserstrahl hoch zum abendlichen Himmel hinaufspritzte. Wenige weiße Stufen führten zum Sanatoriumseingang. Professor Zamorra entlohnte den Taxifahrer und kletterte aus dem Wagen. Nicole Duval folgte seinem Beispiel. Eine häßliche Frau in Schwesterntracht empfing sie in einer nüchternen Halle. Sie hatte unzählige Runzeln im Gesicht, ein schwabbeliges Doppelkinn, auf dem der dunkle Flaum eines Altweiberbartes stand, einen mächtigen Busen und schwammige Hüften.
Professor Zamorra überredete sie mit Geld, ihm den Weg zu Dr. Ben Spence zu ermöglichen. Sie nahm die Scheine. Obwohl ihre Tracht keine Taschen aufwies, verschwanden die Banknoten wie durch einen Zaubertrick. Dann bat sie Zamorra und Nicole, mit ihr zu kommen. Sie führte sie in Dr. Spences Arbeitszimmer und bot ihnen Platz an.
»Der Doktor wird kommen, sobald er kann«, erklärte sie mit einer Freundlichkeit, die nicht echt war.
Professor Zamorra stand auf, sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Ich kann jetzt nicht sitzen«, murmelte er. »Ich kann es einfach nicht.«
Nicole blätterte desinteressiert in einer Fachzeitschrift. Zwei Beiträge behandelten das Thema Gehirntumor und wie man einen solchen operativ entfernte. Dazu gab es zahlreiche gestochen scharfe Farbfotos. Nicole wurde übel. Sie klappte die Zeitschrift zusammen und schleuderte sie auf den Stuhl, auf dem sie gelegen hat.
Zamorra zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch zur Decke. Der Professor zog viermal an seiner Zigarette, dann drückte er sie in dem Aschenbecher aus, der auf Dr. Spences Schreibtisch stand. Seine Kippe gesellte sich zu jener Legion, die sich bereits in dem gläsernen Behälter befand.
Als sich die Tür öffnete, zuckte Zamorra herum.
Der Eintretende war erstaunlich klein. Sein schwarzes Haar war streng zurückgekämmt und an den Schläfen ein wenig silbrig. Er trug eine moderne Krawatte, deren Knoten größer als sein Kinn war. Der weiße Arztkittel war nicht geschlossen.
»Dr. Spence?« fragte Zamorra.
Der Kleine nickte, während er Zamorra und Nicole aufmerksam musterte. Es schien, als wollte er sich ein Bild von den beiden machen, ob sie behandelt werden müßten oder nicht.
Zamorra erklärte dem Nervenarzt die Zusammenhänge und äußerte hinterher mit erhobener Stimme den Wunsch, Jody Kingsbury zu sehen.
Dr. Ben Spence überlegte kurz. Dann erklärte er sich einverstanden, Zamorra und Nicole zu dem Mädchen zu bringen.
Sie verließen das Arbeitszimmer des Arztes, gingen einen Korridor entlang, der bald einen Knick nach rechts machte. Hinter einer Klapptür erstreckte sich ein Gang mit zehn weißen Türen - fünf links, fünf rechts. Tür Nummer sieben war in ihrem Fall die richtige. Der kleine Arzt legte seinen schlanken Finger an die schmalen Lippen.
»Ich muß Sie bitten, sich absolut still zu verhalten«, sagte Spence mit seiner dünnen Stimme.
Zamorra und Nicole Duval sicherten ihm dies mit einem Kopfnicken zu.
Dr. Ben Spence öffnete die Tür.
Vor weißen Wänden standen unzählige verschiedenfarbige Scheinwerfer, die alle auf ein gemeinsames Zentrum gerichtet waren.
Dieses Zentrum war Jody Kingsbury.
Sie saß halb liegend in einem bequemen Lederstuhl, den man beliebig verstellen konnte. Ihr blondes Haar war zerzaust. Schweiß bedeckte ihre Stirn. Ihre Augen waren geschlossen. Sie schien zu schlafen.
Professor Zamorra sah sie mitleidvoll an.
»Wie geht es ihr?« fragte er den Arzt, der neben ihm stand, flüsternd.
»Sie hat einen schweren Schock erlitten. Sie bekam vorhin eine Injektion.« Spence schaute auf seine goldene Armbanduhr. »Das Serum wird gleich zu wirken beginnen.«
»Was haben Sie ihr gegeben?« fragte Zamorra besorgt.
»Etwas, was die Verkrampfung ihres Geistes lockert.«
»Was haben Sie mit ihr vor?«
»Ich will versuchen, tief in ihr Unterbewußtsein einzudringen.«
»Weshalb?«
»Ich muß wissen, wodurch dieser schwere Schock ausgelöst wurde. Wenn sie wach wäre, würde sie niemals darüber sprechen. Sie hätte Angst davor, bloß daran zu denken. Wenn ich weiß, was ihrem Geist so schwer
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