015 - Die Heiler
während eines Gesprächs gefragt, ob man sie nicht ebenfalls zu Meedecins ausbilden könne, damit sie ihr Wissen in die Welt tragen könnten.
Jon hatte das natürlich abgelehnt. Er wusste, wie Danielle auch, dass dieses Wissen ein Geheimnis war und nur innerhalb der Gruppe an die Kinder weitergegeben werden durfte. Schließlich bekamen sie nur deshalb Lebensmittel und Ausrüstung, weil sie etwas hatten, das die anderen brauchten.
Raoul verstand das nicht. Er wollte sogar das Atonum verlassen, weil er Angst vor etwas hatte, das er »Inzucht« nannte. Ein paar andere
Meedecin schlossen sich ihm an. Beinahe wäre es zu einer Revolte gekommen, aber dann verschwand Raoul plötzlich.
Jon sagte, er sei zu den fremden Menschen gezogen, um sich mit ihnen gegen seine Gruppe zu verbünden. Um sie zu schützen, verbot Jon den Kontakt zu diesen Menschen und behandelte die Kranken nur noch, wenn sie betäubt waren.
Danielle hatte ihn später einmal gefragt, ob sie denn nie wieder andere Menschen sehen dürften . Daraufhin hatte ihr Jon geduldig erklärt, es ginge um Macht und dass man mehr davon hätte, wenn die anderen wenig über einen wüssten. Jon nannte das »die Erhaltung der Aura des Geheimisvollen«
Ruut wirkte immer noch blass, doch der fiebrige Glanz auf seinem Gesicht war verschwunden. Tschak ergriff seine Arme.
»Mein Junge, geht es dir gut?«
»Ja, Vater. In ein paar Tagen werde ich sicher wieder auf die Jagd gehen.« Er sah fragend zu Matt herüber.
»Das ist Maddrax«, sagte Tschak. »Er steht unter dem Schutz von Urk. Wir werden die Heiler bitten, seine Gefährtin zu retten.«
»Können wir sie jetzt darum bitten?«, mischte sich Matt in die Unterhaltung ein.
»Nein«, entgegnete der Majistee bedauernd.
»Zuerst müssen wir neue Geschenke für die Heiler holen.«
Matt fluchte lautlos. Er hätte die Zeit, in der Ruut in den Kugeln war, nutzen können, um das zu erledigen. Aber Tschak hatte ja nichts gesagt…
Er ging neben Aruula in die Hocke und strich ihr über das Gesicht. Das Fieber zehrte ihren Körper immer weiter aus.
»Sorge dich nicht«, sagte eine der Frauen, die neben ihr saßen. »Sie wird bald wieder gesund sein.«
Matt nickte. Die schnelle Heilung Ruuts machte ihm Hoffnung, dass die Bewohner des Atomiums in der Lage waren, auch die Blutvergiftung zu kurieren. Matt ging davon aus, dass die Heiler über einen neuen Strang von Antibiotika verfügten, die in den letzten Jahren vor der Katastrophe perfektioniert worden waren. Nur so war es zu erklären, dass Ruut schon nach wenigen Minuten fieberfrei war.
»Tschak«, bat er den Majistee ungeduldig.
»Wo kann ich die Geschenke für die Heiler bekommen?«
Der ältere Mann lächelte. »Da heute ein Freudentag ist, werde ich meine privaten Vorratskammern öffnen, um die Herren der Himmelskugeln zu beschenken. Du bist mein Gast, Maddrax. Folge mir in mein Haus.«
Matt sah zurück zu Aruula. Sie schien bei den Frauen gut aufgehoben zu sein. Am liebsten wäre er bei ihr geblieben, aber im Moment half er ihr nur, wenn er so schnell wie möglich die Geschenke besorgte. Also folgte er Tschak und seinem Gefolge durch das Dorf und richtete es so ein, dass er neben Ruut ging. Möglicherweise wusste dieser mehr über die Heiler.
Aber der junge Mann schüttelte auf seine Frage nur den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Der Raum, in dem ich aufwachte, war dunkel und sehr kalt. Es war beinahe wie im Winter.«
Ruut dachte einen Moment nach. »Da waren Schatten, aber ich konnte niemanden erkennen. Ich weiß nicht, was die Heiler getan haben, aber mein Kopf ist jetzt wieder klar. Nur hier tut es weh.« Er berührte seinen Hals.
Seltsam, dachte Matt. Wenn er sich nicht täuschte, lagen an dieser Stelle die Lymphdrüsen. Wieso hatte Ruut nach der Behandlung durch die Heiler dort Schmerzen? Aus den Augenwinkeln musterte er Ruut genauer. Er schien nicht so gesund zu sein, wie er sich fühlte. Obwohl sie erst mehrere Minuten gegangen waren, hatte sich ein dünner Schweißfilm auf seiner Stirn gebildet. Matt glaubte dunkle Flecken unter seiner Haut zu erkennen.
Tschaks Stimme riss ihn aus seinen Beobachtungen. »Bitte tritt ein, Maddrax.«
Sie waren vor einer Holzhütte stehen geblieben, die nur unwesentlich größer als die anderen Wohnhütten war. Der Majistee schien seine Stellung nicht auszunutzen.
Matt zog den Kopf ein, um sich nicht an der niedrigen Tür zu stoßen, und betrat den Wohnraum.
In einer Ecke sah er eine große Feuerstelle, die im Winter wohl
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