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0173 - Die Werwolf-Sippe

0173 - Die Werwolf-Sippe

Titel: 0173 - Die Werwolf-Sippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zog dann ihre Armeepistole hervor.
    Marcel wandte ihr den Rücken zu und schlief. Er schlief, als hätte er ein gutes Gewissen, als könnte er kein Wässerchen trüben. Aber das war ein Irrtum, sogar ein gefährlicher.
    Die Decke war etwas herabgerutscht. Frei lag der Rücken vor der Mündung.
    Sie lächelte. Sollte sie ihn erst ansprechen?
    Nein, sie würde ihn so töten. Der Haß hatte sämtliche Bedenken weggeschwemmt. Dieser Mann mußte umgebracht werden. Er hatte sie zu sehr enttäuscht.
    Ihr Zeigefinger umfaßte den Stecher. Sie brauchte ihn nur zurückzuziehen, dann war alles erledigt.
    Sue überwand den Druckpunkt.
    Es gab ein peitschendes Geräusch, das unnatürlich laut in der herrschenden Stille wirkte. Die Kugel verließ den Lauf und hieb in den Rücken des Schlafenden. Sue sah, wie er unter dem Einschlag zusammenzuckte, sie wollte noch einmal schießen, brachte es jedoch nicht übers Herz.
    Der Arm mit der Waffe sank nach unten.
    Hinter ihr schreckte das Mädchen hoch. Sue drehte sich um und sah die Bewegung. Dieses kleine schwarzhaarige Biest hatte sich hingesetzt, und Sue legte auf sie an.
    »Du bist auch noch an der Reihe«, flüsterte sie. Sie schaute die Fremde dabei an, bohrte ihren Blick in deren Augen und genoß es, die rächende Siegerin zu sein. »Laß das!«
    Wie unter einem Peitschenhieb zuckte sie zusammen, als die Stimme in ihrem Rücken aufklang. In ihren Adern schien plötzlich kein Blut mehr zu fließen, sondern Eis. Auf einmal war sie unfähig, sich zu rühren. Die Stimme hinter ihr gehörte einem Mann, der eigentlich hätte tot sein müssen.
    Marcel hatte gesprochen!
    Schritte, die sich ihr näherten. Sie sah ihn nicht, aber sie spürte, daß er dicht hinter ihr stand. Er griff an ihr vorbei und seine rechte Hand fand ihr Gelenk.
    Er drückte zu.
    Sue schrie auf. Der Kraft hatte sie nichts entgegenzusetzen.
    Automatisch öffnete sie die Finger. Die Waffe polterte zu Boden.
    Und sie sah noch mehr.
    Die Hand war nicht mehr normal, sondern eine fellüberwucherte Pranke.
    Sue bekam einen regelrechten Schock. Im ersten Moment begriff sie nichts, dann jedoch wurde ihr bewußt, daß Marcel nicht mehr der war, den sie kannte. Alte Gespräche fielen ihr wieder ein. Hatte er nicht von Werwölfen geredet? Von den hellen Vollmondnächten, die für Werwölfe Balsam waren?
    Ja, sie erinnerte sich genau, und plötzlich wußte sie die Wahrheit.
    »Dreh dich um, kleine Sue!«
    Auch die Stimme klang nicht mehr normal. Sie war mehr ein gefährliches Knurren.
    Sue gehorchte zitternd.
    Diesmal konnte sie einen Schrei nicht unterdrücken. Aus Marcel war ein Werwolf geworden!
    ***
    Sue Rutland schaute auf eine Bestie!
    Über und über war der Mann mit einem pelzigen Fell bedeckt.
    Der Kopf war eine längliche Schnauze, die, aufgeklappt, gefährliche Reißzähne zeigte. Tückische, schmale, gelbe Augen starrten sie mit einem erbarmungslosen Blick an. Lebensgroß war der Wolf. Die Füße waren zu Tatzen geworden, die Hände zu gefährlichen Pranken, die mit ihren Nägeln an scharfe Messer erinnerten.
    Marcel war zu einer Horror-Gestalt geworden. Vor ihr stand ein Abziehbild des Schreckens.
    Die Angst überfiel sie mit Macht. Sie zitterte. Es war Sue nicht möglich, ein klares Wort herauszubringen. Wie zugebunden war ihre Kehle.
    Sie nahm die Scheußlichkeit der Bestie voll in sich auf, und sie wußte plötzlich, daß auch der Schuß auf ihn nichts hatte nutzen können. Werwölfe konnte man nicht mit einer Kugel töten. Sie hätte schon Silber nehmen müssen.
    »Du wolltest mich umbringen?« flüsterte Marcel. Sue mußte sich anstrengen, um ihn überhaupt zu verstehen. »Wolltest du mich wirklich töten, kleine Sue?«
    Die Schülerin nickte, obwohl sie es gar nicht wollte. Aber sie stand dermaßen unter dem Bann dieser Bestie, daß es ihr unmöglich war, eine gegenteilige Antwort zu geben.
    »Warum wolltest du mich umbringen?«
    »Wegen ihr.« Die Antwort war kaum zu verstehen.
    Da lachte der Werwolf. Es war kein menschliches Lachen, sondern ein keuchendes Gelächter, das irgendwie abstoßend klang.
    »Wegen ihr wolltest du mich umbringen? Du bist verrückt, du bist wahnsinnig, meine Kleine.«
    »Sag das nicht!«
    Marcel wischte mit der Pranke durch die Luft. Sue zuckte zusammen. Ein gieriges Fauchen drang aus dem Maul. »Weißt du, wer sie ist, Kleine?«
    Sue schüttelte den Kopf. »Sie ist meine Schwester. Meine Schwester Jovanka! Hast du verstanden?«
    Sue erstarrte. In ihrem Kopf überschlugen sich die

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