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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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der erste, der nicht auf natürliche Art ums Leben gekommen war. Clavers war im Krieg drüben in Frankreich gewesen, und später hatte er an der Eroberung des Ruhrgebietes teilgenommen; genug, um einem Mann das Gruseln abzugewöhnen.
    Und trotzdem schrie er beim Anblick der Leiche auf. Hätte der Mann nicht die zerfetzten Überreste einer Polizeiuniform getragen, hätte Clavers den Toten kaum als menschlichen Körper identifiziert.
    Minutenlang stand er reglos da, unfähig, sich zu bewegen oder auch nur zu schreien, und starrte aus entsetzt aufgerissenen Augen auf das, was von Jakobson übriggeblieben war.
    Schließlich, nach einer Ewigkeit, hatte er sich wieder soweit in der Gewalt, daß er einen Schritt auf die Leiche zutun konnte. Er drängte die aufkommende Übelkeit mit aller Kraft zurück und kniete neben dem Toten auf dem Boden. In dem Körper schien es keinen heilen Knochen mehr zu geben. Geronnenes Blut bildete eine dunkle, glitzernde Lache rings um die Leiche, und das, was von seiner Uniform übrig geblieben war, wirkte versengt und angekohlt.
    Clavers stand langsam auf. Er rief noch einmal nach Beren, aber seine Stimme klang hoch und schrill und war kaum zu verstehen. Seltsamerweise hatte er keine Angst.
    Er hob die Taschenlampe und ließ den Strahl langsam kreisen, darauf gefaßt, einen zweiten Leichnam zu finden. Aber da war nichts.
    »Beren?« Er hatte seine Stimme wieder in der Gewalt. Aber er bekam keine Antwort. Die Dunkelheit ringsum schien den Klang seiner Worte aufzusaugen, eine wattige, erstickende Masse, die sich wie eine dunkle Decke über den Hang und das Seeufer gelegt hatte. Alles schien mit einem Mal unwirklich zu sein, Bilder aus einem bizarren Alptraum, in dem er gefangen schien. Die vertrauten Umrisse der Bäume dort vor ihm hatten plötzlich etwas Bedrohliches, Beunruhigendes, ohne daß er erklären konnte, worin die Veränderung bestand.
    »Unsinn«, flüsterte er, um sich selbst iviut zu machen. Er schlug einen großen Bogen um den Leichnahm und marschierte zu dem Gebüsch, in dem sie den Wagen versteckt hatten.
    Aber Beren war auch nicht beim Rover. Eine Zeitlang stand Clavers hilflos zwischen den beiden Fahrzeugen, rief von Zeit zu Zeit Berens Namen und versuchte, die Geschehnisse zu rekonstruieren.
    Jakobson mußte den Wagen in seinem Versteck entdeckt haben. Und vielleicht hatte er auch Beren überrascht, der gerade zurückgekommen war, um das Seil zu holen. Und dann… Clavers weigerte sich, die Vorstellung anzuerkennen, die sich ihm aufdrängte. Beren nahm es mit dem Gesetz nicht allzu genau, ebensowenig wie er, aber Mord…?
    Und doch - es war die einzige Erklärung. Jakobson hatte ihn gezwungen, mit ihm zum Trümmergrundstück zu gehen, und dabei mußte es zum Kampf gekommen sein.
    Das erklärte auch, warum Beren verschwunden war. Seine Nerven waren wahrscheinlich unter dem Schock zusammengebrochen. In ein, zwei Stunden, wenn er sich beruhigt hatte, würde er wieder auftauchen.
    Aber es erklärte nicht den Zustand, in dem sich Jakobsons Leiche befand.
    Er öffnete die Wagentür, schwang sich hinter das Steuer und schaltete das Autoradio ein. Klassische Musik füllte den Fahrerraum aus. Clavers haßte Klassik, aber die Musik vertrieb wenigstens die Stille und die Gespenster, die sich dahinter verbargen.
    Er schloß die Tür, drückte den Sperrknopf herunter und vergewisserte sich, daß die Beifahrertür ebenfalls verschlossen war. Dann wartete er.
    ***
    Steven Martens Eltern waren nette, alte Leute, die sich aufrichtig über den unverhofften Besuch freuten. Martens hatte vom Dorf aus mit ihnen telefoniert, und als Nicole den Bentley wenige Minuten später vor dem Tor des alten Gutshofes parkte, wartete bereits ein rasch improvisiertes Abendessen und eine gute Flasche Wein auf die Besucher.
    Die Martens waren so gastfreundlich, daß es schon beinahe peinlich für Zamorra und die anderen war. Nach dem Abendessen lud Greg Martens sie alle noch auf einen Drink in die Bibliothek ein. Zamorra nahm die Einladung dankend an, nicht zuletzt, weil er hoffte, näheres über Celham und seine Arbeit in Erfahrung bringen zu können.
    Der Raum war groß und hoch. Drei Wände wurden von kostbaren, handgeschnitzten Bücherregalen eingenommen, in denen hunderte von alten und wertvollen Folianten standen, während an der Südwand ein behagliches Kaminfeuer flackerte. Marten bot ihnen Platz an und schenkte Whisky in alten, kostbaren Gläsern aus.
    »Ich muß mich noch bei Ihnen bedanken,

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