019 - Das Sklavenspiel
ausgeschert, um zu prüfen, ob sie zu einem menschlichen Skelett gehörten, traute sich aber nicht. Grath würde jeden Ungehorsam mitleidlos bestrafen.
Plötzlich trat Sulang auf eine Unebenheit. Knirschend zerbrach sie unter der Ledersohle seines Mokassins. Als er in die Tiefe sah, hätte er sich fast übergeben.
»Hier liegt ein Schädel!«, schrie er entsetzt auf.
Hastig drehte sich Sulang zu den nach- folgenden Männer um, die sich exakt in ihrer Spur hielten. Ohne diesem Umstand nähere Beachtung zu schenken, brüllte er Grath zu: »Es ist ein abgerissener Männerkopf! Er kann hier noch nicht lange liegen, er sieht furchtbar aus.«
Der Hüne winkte ab, als ob er nichts anderes erwartet hätte. »Immer schön weiter gehen!«, befahl er. »Und kleine Schritte machen!«
Sulangs Adamsapfel hüpfte hektisch auf und ab, während er vorsichtig einen Schritt weiterging. Irgendetwas stimmte hier doch nicht! Fast schien es, als wüsste Grath etwas, das er vor ihnen verheimlichte. Eisige Kälte kroch unter die Ärmel seiner Fransenlederjacke. Schlich, eine Gänsehaut hinterlassend, langsam an ihm empor, bis sie den schweißbedeckten Nacken erreichte.
Zitternd setzte Sulang einen Fuß vor den anderen, jederzeit darauf gefasst, dass ein fauchendes Untier aus dem Dickicht sprang. Doch so intensiv er die wogenden Halme auch beobachtete, er konnte nichts Verdächtiges entdecken.
Nur ein Erdloch, das wenige Schritte später auftauchte. War es der Eingang zu einem unterirdischen Bau, in dem ein gefährliches Tier lebte? Nein, von einem Tunnel war nichts zu sehen. Dafür jede Menge Körperteile, die rund um die Kuhle verstreut waren. Fast so, als wenn es einen Mann genau über dem Loch in Stücke gerissen hätte. Aber welches Tier war zu solchen Verletzungen fähig? Und warum ließ es dann das erbeutete Fleisch in der Sonne verfaulen?
»Die Totengeister«, hauchte Azu, »die Legenden sind also wahr.«
»Unsinn«, zischte Sulang, während er mutig seinen Fuß in die Vertiefung setzte. »Siehst du, nichts passiert. Hier liegt niemand begraben.« Um sich und den anderen Mut zu machen, schritt er von nun an forscher voran. »Was auch immer über diese Männer hergefallen ist«, erklärte er, »es hat vermutlich aus dem Wald heraus angegriffen. Wir müssen also nur die Augen offen halten, dann kann uns gar nichts…«
KLACK.
Irgendetwas unter ihm hatte ein metallisches Geräusch von sich gegeben. Er riss seinen Fuß hoch BOOOMM.
Sulang spürte, wie ein reißender Schmerz in ihm empor schoss, noch bevor die Explosion in seinen Ohren hallte. Etwas packte ihn mit großer Kraft und schleuderte ihn in die Höhe. Er konnte noch sehen, wie seine Arme in zwei verschiedene Richtungen davon gewirbelt wurden, während sich sein Kopf in einer blutigen Fontäne einmal um sich selbst drehte. Dann wurde alles Schwarz um ihn herum. Er war tot, noch bevor er begreifen konnte, was eigentlich passiert war.
***
Rozak brüllte panisch auf, als sein Freund neben ihm in Stücke gerissen wurde. Ein Teil der Explosionswucht zerfetzte seine rechte Wade. Stöhnend knickte er ein, bedeckt vor einem roten Regen, der einst durch Sulangs Körper geflossen war.
Azu blieb unverletzt, trotzdem schrie er am lautesten! Vielleicht weil er am besten sehen konnte, was mit seinen Freunden passierte.
»Hilfe! So helft uns doch«, jammerte er. Tatsächlich eilten Grath und die anderen näher. »Achtet darauf, das ihr in den Spuren der Idioten bleibt«, befahl der Hüne seinen Männern.
Die Ermahnung war überflüssig. Angesichts des Donnerzaubers, der sich vor ihren Augen abgespielt hatte, war jeder peinlich darauf bedacht, keinen falschen Schritt zu machen.
Der Wind trug den tosenden Applaus der Zuschauer herüber, die das blutige Spektakel von ihren Plattformen aus verfolgten.
Offensichtlich hatten sie nur darauf gewartet, dass der erste Spieler in der Luft zerrissen wurde.
»Zugabe, Zugabe!«, forderte die vergnügungssüchtige Menge. Der sich ständig wiederholende Ruf war so laut, dass Grath ihn trotz der herrschenden Aufregung verstehen konnte.
»Ihr sollt euren Willen haben«, murmelte er leise, während er fast über Sulangs abgerissenen Oberschenkel stolperte. »Ich will nämlich so schnell wie möglich von hier verschwinden.« Zwei Schritte später stand er vor Rozak, der sich jaulend auf dem Boden wälzte. Neben ihm hockte Azu, dessen Gesicht und Kleidung mit roten Blutspritzern übersät waren. Weinend schlang er die Arme um den Brustkorb und
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