02 - Geheimagent Lennets erster Auftrag
geschrieben hat. Er wußte nicht, was das bedeuten sollte. Aber ich hab's sofort begriffen, ich hab beim Armeefunk gedient.«
»Und Sie haben nichts gesagt?«
»Ich bin doch nicht so blöd. Habe mir vorgenommen, ihm sein Gerät zu klauen, sobald er mir den Rücken dreht, und Sie anzurufen.«
»Warum rufen Sie mich an?«
»Weil ich's schon langsam satt habe, bei diesen Kerlen zu sein, die mich entführt haben, ohne mich um meine Meinung zu fragen, und die mir keinen Sou als Entschädigung für die Ruhestörung gegeben haben.«
»Wieviel verlangen Sie?«
»Puh! Weiß nicht. Sagen Sie eine Zahl.«
»Tausend Franc.«
»Lachhaft! Zehntausend ist das mindeste.«
»Dreitausend.«
»Hör ich recht? Achttausend, und wir sind quitt.«
»Fünftausend und damit basta.«
»Annehmen", flüsterte Lennet.
»Fünftausend? Na ja, nur weil ich ein umgänglicher Mensch bin. Schön. Heute abend...«
»Stop. Von wo sprechen Sie?«
»Vom ersten Stock der Villa.«
»Welcher Villa?«
»Sie kennen Sie recht gut, weil Sie doch knapp vor ihr auf unseren Leutnant geschossen haben.«
Schweigen. Dann sprach Miß Saphir weiter, doch in verändertem Tonfall. »Lassen wir das. Erklären Sie mir genau den Ort, wo Sie sich befinden.«
Timotheus beschrieb die Villa Oleander.
»Wer ist außer Ihnen noch dort?«
»Der Professor, seine Tochter und der Junge, den Sie gefangengenommen hatten.«
»Und der zweite Offizier?«
»Da er schwer verwundet ist, hat man ihn ins Dorf gebracht.
Ein Arzt versorgt ihn.«
»Beschreiben Sie das Innere der Villa.« Timotheus schilderte die Aufteilung der Räume. Die Panzertür des Kellers ließ er unerwähnt.
»Der Keller", sagte er, »ist wie ein Zimmer eingerichtet. Dort halten wir uns fast dauernd auf. Der kleine Blonde verlangt das.
Heute nacht werden wir alle der Reihe nach Wache halten. Als erster der kleine Blonde, bis zehn Uhr. Um zehn beziehe ich meinen Posten. Das dürfte der gegebene Augenblick sein...«
»Wo halten Sie Wache?«
»Am Kellereingang.«
»Und die Eingangstür der Villa?«
»Die wird versperrt sein, aber ich bekomme bei Antritt der Wache den Schlüssel. Dann öffne ich sie.«
»Gut. Sie verstehen wohl, daß wir uns, sollten Sie uns in eine Falle locken, genötigt sähen, Sie zu erschießen.«
»Mich erschießen... Haben Sie keine Angst. Sie werden mit mir zufrieden sein, Fräuleinchen. Sie hingegen, versuchen Sie ja nicht, mich mit Falschgeld zu bezahlen. Fünftausend Franc in gutem Geld, in kleinen Scheinen.«
»Versteht sich. Auf heute abend, Herr Franzose.« Mit welcher Verachtung die Agentin diese letzten Worte ausgesprochen hatte! Lennet trieb es die Röte in die Wangen. Für sie war Timotheus der schäbigste Verräter, während er sich in Wirklichkeit mit viel Geschick einer schwierigen Aufgabe entledigt hatte. Heute abend würde Miß Saphir schon andere Töne anschlagen!
»Danke, Herr Timotheus. Sie waren hervorragend!« Lennet stieg wieder in den Keller hinab. Der Professor hatte in der einen Ecke den Gaskocher aufgestellt; er zankte sich eben mit seiner Tochter, weil beide das Mittagessen kochen wollten.
»Papa, ich koche doch sonst nie, immer nur Marthe! Nur ein einziges Mal...«
»Auch ich, Silvia, koche sonst nie.«
»Daher weißt du nicht, wie man das anstellt. Das ist doch nicht dein Fach!«
»Wieso denn nicht? Meinst du vielleicht, daß es leichter ist, die Treibstoffe einer Rakete zu dosieren, als Pfeffer und Salz an ein Steak zu geben?«
»Papa, wir haben keine Steaks.«
»Darum handelt sich's hier auch nicht. Wir haben Kaviar, Reibkäse und Ananas. Ich stelle mir vor, eine schöne Schicht Kaviar auf jeder Ananasscheibe, Reibkäse daraufgestreut, das Ganze ins Rohr gegeben, könnte eine recht pikante Sache werden!«
»Silvia", unterbrach Lennet, »laß deinen Vater uns ein Propergolgericht zubereiten, und wir erkunden inzwischen die Nebenvilla.«
Als sie draußen waren, meinte er: »Solange dein Vater seinen Spaß hat, besteht keine Gefahr, du verstehst mich doch? Hab keine Angst, sobald er wissenschaftlich festgestellt hat, daß seine Kocherei ungenießbar ist, wird er dir seinen Platz überlassen.«
Die Villa Geißblatt war versperrt, doch das einfache Sicherheitsschloß vermochte nicht länger als drei Minuten dem FND-Agenten Widerstand zu leisten, dem eine vollständige Einbrecherausrüstung zur Verfügung stand.
Sobald die Tür geöffnet war, wollte Silvia eintreten, doch Lennet hielt sie zurück. »Laß mich vorausgehen. Man kann nie
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