02 - Hinter goldenen Gittern - Ich wurde im Harem geboren
nach dem Betttuch und riss es herunter, um es zum Waschen zu bringen.
„Ich will keinen Ärger mit Mama Felicitas“, antwortete sie kalt. „Mädchen, die ihre erste Regelblutung haben, dürfen nicht mehr im Kinderhaus wohnen.“
Mit eingezogenem Kopf schlich ich davon, das verräterische Betttuch unterm Arm zusammengerollt. Ich hätte mich ohrfeigen können für meine Unachtsamkeit.
In Mutters Räumen faltete ich den Beweis meines Frauseins über der Waschschüssel auseinander. Der Fleck war noch feucht. Ich stutzte. Wie konnte das möglich sein? Seit drei Stunden war ich auf den Beinen. Dann erinnerte ich mich, dass mein Nachthemd und meine Unterhose sauber gewesen waren.
Das war gar nicht mein Blut! Mama Idu hatte mir eine Falle gestellt! Ich war geradewegs hineingetappt, hatte mich selbst verraten. Wie konnte sie nur so niederträchtig sein und erst mein Vertrauen gewinnen, um mich anschließend zu verraten! Ich war verzweifelt, wollte Mutter um Rat fragen. Doch sie war zu beschäftigt mit Papa David. Mama Felicitas und Mama Patty ging es nicht anders, deshalb geschah eine Weile lang gar nichts. Nach einigen Tagen hatte ich den Vorfall fast vergessen, mied jedoch fortan Mama Idus Gesellschaft. Zu meiner Überraschung durfte ich weiterhin im Kinderhaus bleiben.
Mein Vater war nun schon seit einem halben Jahr krank und auch die vielen Ärzte konnten ihm offensichtlich nicht helfen. Zeitweise ging sogar das Gerücht, er sei gar nicht mehr auf dem Gelände des Compound, sondern im Ausland zur Kur. Die Stimmung unter den queens war sehr gespannt. Wo vorher Harmonie geherrscht hatte, begann sich Zwietracht auszubreiten. Die Frauen stritten um die Reihenfolge beim Kochen, Waschen und Reinhalten der großen Anlage.
Solange Papa David gesund gewesen war, hatte im gesamten Compound ein fester Rhythmus bestanden, der durch das Zusammensein mit ihm bestimmt wurde. Vaters wichtigste Stützen, Patty, Felicitas und meine Mutter, hatten selbst gemeinsam nicht die nötige Autorität, um den Tagesablauf bestimmen zu können. Außerdem fehlte ihnen die Zeit; Vater verlangte ihre ganze Aufmerksamkeit. Insgeheim hoffte ich, dass meine Monatsblutung verglichen mit diesem Durcheinander zu unwichtig sei, um Konsequenzen zu haben.
Doch dann wurde ich eines Morgens unsanft geweckt, als mir jemand die Bettdecke wegriss.
„Ich habe es doch gesagt! Sie gehört nicht mehr ins Kinderhaus!“ Mama Idu hatte eine Gruppe von Frauen um sich geschart. Alle gafften mich an. Es war wieder einmal so weit gewesen und meine Vorsichtsmaßnahmen hatten nicht ausgereicht: Das Bett war beschmutzt.
Die jüngeren Mädchen kicherten, als ich meine Sachen zusammensuchte und mit fast 15 Jahren aus dem Kinderhaus
auszog. Für immer. So schändlich hatte ich mir den Abschied von meiner Kindheit nicht vorgestellt! Ich wurde in einem Haus untergebracht, das den wenig schmeichelhaften Namen „Hühnerhaus“ trug. Dort wohnten die geschlechtsreifen jungen Mädchen, zu deren Kreis ich nun auch offiziell gehörte. Sie standen unter besonderer Bewachung der queens, die darauf zu achten hatten, dass sich keine Männer an die Jungfrauen heranmachten.
Wie sehr sehnte ich mich damals nach Beistand durch meine Mutter, damit sie ein gutes Wort für mich einlegte. Damit sie verhinderte, was mir als nächtlicher Albtraum immer wieder erschien - die aufgezwungene Heirat mit einem fremden Mann, den ich nicht kannte, der mich genauso wenig liebte wie ich ihn.
Wochen später fand meine Mutter etwas Zeit, um sich meine Sorgen anzuhören, doch sie war nicht besonders beunruhigt.
„Dein Vater wird in nächster Zeit keine Hochzeit ausrichten lassen; er ist nicht in der Verfassung dazu“, sagte sie nur.
„Was hat er denn?“, wollte ich wissen.
„Er hat sich eine schwere Lungenentzündung geholt. Wahrscheinlich hat er sich auf der Fahrt von Jeba hierher erkältet und es nicht ernst genommen“, behauptete Mutter.
„Und wenn er wieder gesund ist? Wen muss ich dann heiraten? Bitte, Mama, sag ihm, ich möchte nicht gegen meinen Willen verheiratet werden!“
„Das werde ich ihm so gewiss nicht sagen, mein Kind. Vertrau mir. Ich werde schon einen geeigneten Weg finden.“
Im „Hühnerhaus“ stellte die zuständige Mama Uloma, die selbst sechs bereits verheiratete Töchter hatte, uns vier Jungfrauen jene Aufgabe, die alle bewältigen müssen, deren Vermählung unmittelbar bevorsteht: Wir hatten unser Hochzeitskleid zu nähen.
Ich konnte zwar mit Pflanzen umgehen
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