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02 Jesses Maria: Wechseljahre

02 Jesses Maria: Wechseljahre

Titel: 02 Jesses Maria: Wechseljahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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Heinrich Höken. Meine macht da einen auf Sekretärin, also Tippse un Kaffeeköchin.“
    Heidi ist weiß vor Wut. Sie sagt: „Ich habe vor zehn Jahren Computerkurse gemacht und dann als Schreibkraft angefangen. Erst halbtags, dann ganze Tage und seit fünf Jahren bin ich Chefsekretärin.“
    Uwe schnaubt: „Cheftippse, jau.“
    Heidi sagt zu mir: „Er kann das nicht ab, dass ich fast so viel verdiene wie er.“
    Jetzt ist Uwe wieder dran: „Ich arbeite getz vierunddreißig Jahre bei Usol, seit ich inne Lehre kam, geh ich jeden Tach un jeden Tach denselben Wech um die dieselbe Zeit nache Arbeit un mache denselben Job. Un weisste was? So gehört sich das. Die Welt braucht zuverlässige Leute.“
    Usol ist die Mülltonnen-Fabrik in der Nordstadt, die produzieren die gelben und die blauen Mülleimer für ganz Ostwestfalen. Uwe hat da gelernt und ist seitdem geblieben. Seit irgendwann ist er Werkmeister.
    Ich weiß nicht, ob ich die Vorstellung gut oder gruselig finde. Vierunddreißig Jahre. Jeden Tag dasselbe.
    Das muss man mögen.
    Beide stecken sich eine neue Zigarette an. Heidi sagt, sie hätte mal versucht, aufzuhören, aber Uwe hätte nicht mitgezogen und deswegen hätte sie es auch nicht geschafft.
    „Wieviel rauchst du so?“ frage ich, nur um was zu sagen. Sie überlegt und sagt: „Zwei Päckchen am Tag. Und er auch, auch zwei.“ Sie zeigt mit dem Kopf auf Uwe. Das ginge alles ganz schön ins Geld, sagt Heidi, vier Schachteln am Tag, und eine kostet fünf Euro.
    „Teures Hobby. Habt ihr gar keine Angst wegen eurer Gesundheit?“ sage ich, und Uwe meint: „Pah! Wenn mir morgen ne Dachpfanne auf‘n Kopp knallt bin ich auch hin. Gefährlich lebste überall.“
    Ich hab keine Lust, das weiter auszuführen und bin froh, als das Telefon klingelt. Uwe schlurft hin.
    Heidi sagt: „Mal ganz unter uns, sobald ich genug gespart habe, ziehe ich hier aus.“
    Ich erinnere mich plötzlich an einen Silvesterabend vor vielen Jahren, den wir zusammen verbrachten. Die Kinder waren noch klein. Damals hatte Heidi nach einigen Sambuca jedem erzählt, dass sie abhauen würde, sobald die Zwillinge aus dem Hause seien.
    Die Zwillinge sind vor einigen Jahren ausgezogen. Ichseh mir Heidi an. Sie hat ostwestfälische Mundwinkel.
    Früher hatten wir beim Bier oft das Thema Nummer eins. Thema Nummer eins war: Er will immer, sie hat nie Lust. Das war damals in jeder Familie das Problem. Ich kannte keine Frau, der wirklich danach zumute war.
    Ich hab bei Manni immer mitgespielt, damit ich meine Ruhe hatte. Einmal die Woche hab ich mir meine sexy Sachen angezogen und hab ihn gelassen. Von Heidi weiß ich, dass sie Uwe nie ranließ. Jahrelang. Bei denen war immer Remmiddemmi nach so einem geselligen Abend, das erfuhr die ganze Nachbarschaft sonntags nach der Kirche, weil Krusebeckers von gegenüber das immer mitkriegten und gern davon erzählten.
    Heute muss ich grinsen, wenn ich sonntags Familien mit zwei Kindern beim Spaziergang sehe.
    Oft sind ganz gute Männer dabei. Sie haben ein Kind auf den Schultern und die Frau schiebt das zweite im Kinderwagen. Diese Frauen tragen ärmellose Westen von E-Sprit über schlichten Pullis, Jeans und Paul-Green-Schuhe. Ich weiß genau, dass solche Paare es nie machen, und dass sogar ich bei solchen Männern noch Chancen hätte, weil die sexuell gesehen auf dem Zahnfleisch gehen. Aber wer will das schon...
    Was hat Heidi grad gesagt? Und den Job hätte sie auch dick bis obenhin, sie zeigt mit der Hand, bis wohin, und ihr Chef, der könnte sie sowieso mal am Arsch lecken. Es wäre bald soweit, dann wär sie weg.
    Ich frage: „Und dein Mann?“
    Sie winkt ab: „Ach der…, Vorsicht, der hat wieder Dumbo-Ohren, der hört uns auch, wenn er telefoniert.“
    Uwe kommt zurück. „So, ich geh gleich spaziern, will einer mit?“
    „Och Uwe, wir haben Besuch! Bleib hier. Es ist Heiligabend. Und außerdem regnet es in Strömen!“
    Uwe macht ein Hohlkreuz und sagt: „Ich geh immer Heilichahmd spaziern! Genau wie ich Pfingstsonntach immer wandern geh un mir den Bredenkamper Posaunenchor am Mühlenteich anhöre! Muss auch Leute mit Sinn für Brauchtum gebn.“
    Heidi schreit hinter ihm her, dass er sich aber die Schuhe draussen ausziehen soll, wenn er zurückkommt, sie hätte im Flur gewischt.
    Sie macht mir noch einen Automatenkaffee und bringt eine Flasche Erdbeer-Wodka mit. Wir trinken davon einen doppelten aus geschliffenen Likörschalen und Heidi schüttelt sich. „Damit überall was hinkommt!“,

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