02 Nightfall - Rueckkehr des Engels
Gloria angeschlossen war, blinkten und piepsten gleichmäßig, was ihn unendlich beruhigte.
»Wie um Himmels willen hat Athena es geschafft, dich außer Gefecht zu setzen?«, fragte Gloria. Ihre Stimme klang so dünn wie Papyrus oder ihre eigene Haut.
Wells schaffte es, wehmütig zu kichern. »Ich hatte mit der Schattenabteilung gerechnet, ich hatte mit einem Putsch Alexanders gerechnet, aber nicht mit unserer Tochter.«
Leder knarzte, als Wells seine Handgelenke noch einmal drehte, um zu versuchen, ob sich die Fesseln irgendwie lösen ließen. Doch wie zuvor musste er wieder feststellen, dass sie das nicht taten. Wann hatten Athena und diese andere Frau – eine Killerin, eine Auftragsmörderin, die aber nicht abgedrückt hatte … noch nicht – das Zimmer verlassen? Vielleicht vor einer Stunde.
»Bob?«
»Ja, Schatz?«
»Alexander hat Athena wahrscheinlich Instruktionen gegeben. Das hier ist sein Putschversuch.«
Wells runzelte die Stirn. Das ergab keinen Sinn. »Nein«, sagte er. »Alexander würde warten, bis er gelernt hat, wie man S benutzt. Er würde mir in die Augen schauen wollen, während er das Messer umdreht. Nein. Athena hat allein gehandelt.«
»Alexander der Große ließ seinen Vater umbringen.«
Ein altbekannter Streit. Selbst jetzt, da Gloria in einem Bett starb und er an das andere gefesselt war, stritten sie sich noch immer über diese Frage der Geschichte. Er seufzte. »Er hatte nichts mit Philipps Tod zu tun. Es wäre außerordentlich dumm von Alexander gewesen – von unserem Alexander –, mich umzubringen, ehe er mein Wissen an sich gebracht hat. Es wäre …«
»Verrückt«, beendete Gloria tonlos. »Habe ich dich nicht gebeten, die Zwillinge zu töten, sobald Athena abzudrehen begann? Ihr Wahn ist Alexanders Wahn. Ich habe dich gewarnt, Schatz, ich habe dich gewarnt.«
»Das hast du. Aber ich glaube trotzdem, dass Alexander nichts damit zu tun hat.«
Blinken und Piepsen. Das Knarzen der Fesseln. Das verängstigte Schweigen seiner Frau.
»Ist die Spritze noch unter deinem Kissen?«, fragte Wells. Weder Athena noch die Assassinin würden einen Angriff Glorias erwarten.
»Ja.«
»Nimm sie. Halte sie in der Hand versteckt.« Wells sah zu, wie Gloria mühevoll eine Hand unter das Kissen schob. »Vorsichtig. « Sie zog die Hand wieder heraus und hielt die Spritze zwischen den Fingern. Mit einem schwachen Lächeln zeigte sie sie ihrem Mann.
Wells erwiderte ihr Lächeln. »Gut.«
Gloria zog die Kappe von der Nadelspitze und drehte die Spritze um, damit sie auf die Innenseite ihres Unterarms wies. Sie entglitt ihr, und ihre Finger begannen, angsterfüllt das Bett abzutasten, um sie zu suchen.
Wells starrte sie starr und wortlos an. Eisige Kälte breitete sich in seiner Seele aus. »Nein«, flüsterte er schließlich. »Nicht für dich …«
»Dein großes Herz war immer dein größter Schwachpunkt«, erklärte sie voller Zärtlichkeit.
»Alexander wird S herbringen. Der Junge hat die Fähigkeit zu heilen. Er kann dich neu machen …«
»Bobby, bitte. Ich bin so müde. Lass mich gehen.«
Glorias tastende Finger fanden die Spritze und umschlossen sie. Sie sah ihren Wells an, ein befreites Lächeln auf den Lippen – Lippen, die er einmal so genau gekannt hatte.
S konnte Gloria retten. Er wusste es. Er spürte es mit seinem ganzen Körper.
Ein leises Geräusch drang ins Zimmer und schlängelte sich um all das Piepsen und Blinken – ein Geräusch wie das Rascheln von Blättern im Wind.
»WillkommeninderHöllewillkommeninderHöllewillkommeninderHöllewilllkommeninderHölle …«
Wells’ Herz donnerte in seiner Brust. Glorias Augen weiteten sich, und sie riss die Spritze hoch. Doch ihre Finger zitterten so sehr, dass sie sie fallen ließ.
»Nein!«, ächzte sie. Sie griff nach den Gitterstäben ihres Betts und zog sich an den Rand der Matratze. Mit zusammengebissenen
Zähnen und Schweißperlen auf der Stirn streckte sie eine zitternde Hand Richtung Boden aus.
»WillkommeninderHöllewillkommeninderHölle.« Athena trat ein, den Speer in der Hand.
Glorias Finger tasteten nach der Spritze, doch sie befand sich genau außerhalb ihrer Reichweite.
»Athena«, sagte Wells und bemühte sich, ruhig zu klingen, während er hoffte, seine lächelnde Tochter ablenken zu können. »Hat Alexander schon angerufen? Weiß er, was du tust?«
Athena ignorierte ihn. Sie trat zwischen die beiden Betten, bückte sich und hob die Spritze auf. »Hast du etwas verloren? « Sie richtete sich
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