02 - Schwarze Küsse
dass der Bürgerkrieg um 1680 stattgefunden hatte; das Rockkonzert, wegen dem Phoebe die Schule geschwänzt hatte, um ein Autogramm zu bekommen, und das dann abgesagt worden war; Pipers Teddybär, dem es gelungen war, ein kostenloses Zeitschriftenabo zu ergattern.
»Und noch jahrelang«, sagte Piper, während sie das Frisbee aufhob, »habe ich Golfmagazine zu Händen Ted Halliwell zugesandt bekommen.«
»Richtig«, bestätigte Phoebe. »Hat ihm nicht sogar jemand eine Schachtel mit Golf-Markern und Schuhen geschickt? Ich war sicher, er würde irgendwann an einem Turnier teilnehmen.«
Prue lachte und genoss die Erinnerungen. Wir müssen mehr Zeit zusammen verbringen, entschied sie. Das soll mein guter Vorsatz fürs neue Jahr sein: mehr Zeit mit meinen Schwestern verbringen.
Das Frisbee kam auf sie zugeflogen, beschrieb dann jedoch einen Bogen nach oben und schwebte über sie hinweg.
Prue sprang in die Höhe, um das Frisbee doch noch zu fangen, aber ihre Finger streiften es nur. Sie landete wieder auf dem Boden und stemmte die Hände in die Hüften. »Wer glaubst du, dass ich bin, Piper? Michael Jordan?«
»Na, dann lauf halt los und hol es«, rief Phoebe ihr zu.
Prue rollte mit den Augen und rannte dem Frisbee hinterher. Sie entdeckte es in der Nähe eines Asphaltweges, auf dem ein paar College-Jungs mit ihren Skateboards trainierten. Sie blieb stehen und sah fasziniert zu. Die Jungs waren wirklich gut. Besonders einer von ihnen, der gerade einen atemberaubenden Sprung vollführte, sich dabei in der Luft drehte und seitenversetzt auf seinem Brett landete, als würden die Gesetze der Schwerkraft für ihn nicht gelten.
Skateboards hatten Prue nie besonders gereizt, aber dieser Typ hier tat es. Er erwiderte ihren Blick, lächelte breit und absolvierte eine ganze Reihe schwieriger Sprünge, Überschläge und Drehungen.
Ein leichtes Schaudern durchlief sie, als ihr klar wurde, dass er versuchte, ihr zu imponieren. Normalerweise hätte so eine Show sie eher abgestoßen, aber nicht in diesem Fall. Sie sah ihm zu wie hypnotisiert. Sie spürte die Hitze in ihrem Körper aufsteigen, und die Lippen begannen wieder zu kribbeln. Verlangen pulsierte durch ihren Körper.
Der Junge beendete seine Show. Prue klatschte. Er trat mit einem Bein auf sein Board, und es flog in hohem Bogen in seine Hand. Dann schlenderte er zu ihr herüber.
»Na, wie geht's?«, fragte er lässig.
»Sag du's mir«, flüsterte sie mit einer heiseren, kehligen Stimme, während sie ihre Hände auf seine Wange legte. Dann küsste sie ihn leidenschaftlich.
Sie war so darin versunken, dass sie Phoebes empörten Aufschrei kaum wahrnahm: »Prue!«
Relax, Phoebe, dachte sie. Er ist harmlos. Sie zog sich von dem Skateboarder zurück - und keuchte, als sie sein Gesicht erblickte. Ein nebelhaftes Bild baute sich vor ihm auf, genau wie bei den Männern der letzten Nacht!
Prue stöhnte auf, als sie zusehen musste, wie die Haut des jungen Mannes verschrumpelte und sich über seinen Wangenknochen spannte. Seine Wangen fielen ein, und die Umrisse seine Kiefers wurden sichtbar. Seine Lippen zogen sich zurück und legten schwarze Zähne frei. Er stöhnte, als seine aufgedunsene, verfärbte Zunge aus dem Mund rollte.
Prue schloss die Augen und trat einen Schritt zurück. Was ist hier los?, fragte sie sich. Warum sehe ich diese Dinge?
Sie öffnete die Augen und war froh, den Jungen wieder breit grinsend und sehr gesund vorzufinden. Sie lehnte sich vor, um ihn noch einmal zu küssen.
Dieses Mal hörte sie ihre beiden Schwestern rufen: »Prue!«
Was ist ihr Problem?, dachte Prue genervt.
Sie legte den Kopf leicht in den Nacken. Der Nebel war wieder da. Sein bleiches, maskenhaftes Gesicht sah schlimmer aus als zuvor. Seine Lippen waren schwarz und voller Blasen. Der Geruch verwesenden Fleisches stach ihr in die Nase. Die vertrocknete Haut und das Muskelgewebe fielen Stück für Stück von seiner Stirn, seinen Wangen, seiner Nase ab. Knochen traten hervor. Auch sie begannen zu zerbröseln und wurden wie von einem Windhauch in der Wüste hinweggetragen.
Nach Atem ringend strauchelte sie rückwärts. Eine schreckliche Erkenntnis überfiel sie.
Ich habe gerade den Tod geküsst!
5
»WARUM STARRST DU MICH mich so an?«, fragte der Skateboarder Prue.
Angewidert schloss sie die Augen und schüttelte den Kopf. »Es, es tut mir Leid«, konnte sie gerade noch hervorpressen.
»Mir nicht«, sagte er, »kann ich deine Telefonnummer haben?«
Sie öffnete die Augen. Mit
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