02 - Von dir kann ich nicht lassen
außerordentlich auf Ihren Debütantinnenball bei Lady Webb«, sagte
sie. »Unsere Einladung wurde uns am späten Vormittag übermittelt. Vermutlich
wird Heyward mich begleiten, was bei ihm selten genug vorkommt, da er Bälle
langweilig findet. Können Sie sich vorstellen, dass man sich beim Tanzen langweilt,
Lady Sara? Und du brauchst gar nicht so abscheulich mit den Augen zu rollen,
Ferdie. Ich habe nicht mit dir gesprochen. Außerdem weiß jedermann, dass du das
Kämpfen dem Tanzen vorziehst. Du wirst niemals erfahren, welches Herzklopfen
ich bekam, als ich hörte, dass du und Tresham neulich drei der Forbesbrüder
bekämpft habt. Obwohl ich Tresham gesagt habe, dass der Sieg noch süßer gewesen
wäre, wenn ihr alle fünf besiegt hättet. Ich weiß nicht, warum die beiden
anderen zugesehen haben, als ihre Brüder niedergemetzelt wurden.«
»Angie«,
riet Lord Ferdinand, »zügele dich.«
Aber Jane
hatte sich bereits umgedreht und sah ihn scharf an. »Sie und Seine Gnaden haben
vor wenigen Tagen gekämpft?«, fragte sie. »Mit Pistolen? Und Sie haben
drei Gegner getötet?«
»Tatsächlich
mit Fäusten, Madam.« Er wirkte entschieden verlegen. »Wir haben zwei der Brüder
bewusstlos geschlagen. Der Dritte rollte auf dem Boden herum und hielt sich
seine gebrochene Nase. Es wäre unsportlich gewesen, ihn weiterhin zu schlagen,
wo er schon am Boden lag. Du solltest über solche Dinge nicht im Beisein
anderer Ladys sprechen, Angie.«
Lady
Heyward verdrehte die Augen himmelwärts. »Vermutlich ist es auch wenig vornehm,
Ferdie«, sagte sie, »nächtelang wachzuliegen, weil meine Nerven dadurch
zutiefst erschüttert sind, dass Tresham den beiden anderen Forbesbrüdern
gegenübertreten soll. Dann werden vermutlich Pistolen im Spiel sein. Er
wird gewiss getötet werden, Obwohl ich es eher großartig von ihm finde, es an
zwei aufeinander folgenden Vormittagen mit ihnen beiden aufzunehmen. Ich habe
so etwas noch niemals zuvor gehört. Es bleibt nur zu hoffen, dass er überlebt,
um auch die zweite Begegnung bestreiten zu können.«
Jane
hatte das Gefühl, als sei ihr jeder Tropfen ihres Blutes in die Zehen gesackt,
so dass sie kribbelten, während sich ihr übriger Körper kalt und klamm und
schwach anfühlte.
»Angie«,
sagte Lord Ferdinand scharf, »das sind Angelegenheiten unter Gentlemen. Wenn du
nichts Besseres zu erzählen weißt, schlage ich vor, dass du diesen Vogel nach
Hause trägst, der auf der Krempe deines Hutes sitzt, und ihm etwas zu fressen
gibst, bevor er sein Leben aushaucht. Und gieße auch all diese Blumen, wenn du
schon dabei bist. Wie du den Kopf bei all dem Zeug noch aufrecht halten kannst,
ist mir ein Rätsel. Guten Tag, Madam.« Er tippte in Richtung der Witwe an
seinen Hut und trieb die Pferde wieder an.
Jane
war sich noch immer nicht vollkommen sicher, ob sie nicht in Ohnmacht fallen
würde. In ihren Ohren klang ein lästiges Summen. Das Kribbeln war jetzt bis in
die Hände hinaufgelangt.
»Seine
Gnaden wird ein weiteres Duell bestreiten?«, fragte sie. »Sogar zwei weitere?«
»Es ist
nichts, worüber Sie sich den Kopf zerbrechen sollten, Lady Sara«, sagte Lord
Ferdinand heiter. »Ich wünschte jedoch, er würde mich eines davon ausfechten
lassen, da die Forbesbrüder mich zu töten versucht haben. Aber das wird er
nicht, und wenn Tresham sich einmal etwas in den Kopf gesetzt oder sich gegen
etwas entschieden hat, ist es sinnlos, mit ihm zu streiten.«
»Oh,
dieser törichte, törichte Mensch!«, rief Jane, deren Zorn sie rettete und das
Blut wieder durch ihren Körper strömen ließ. »Und das alles wegen der Ehre.«
»Ja,
genau, Madam«, bestätigte Lord Ferdinand, bevor er sehr charmant, aber auch
sehr bestimmt das Thema wechselte.
Nicht
eines, sondern zwei Duelle, dachte Jane. An zwei aufeinander folgenden
Vormittagen. Es war fast sicher, dass er getötet würde. Seine Chancen zu
überleben, standen doppelt so schlecht wie normalerweise und es würde ihm auch
Recht geschehen, dachte sie wütend.
Aber
wie würde sie weiterleben können?
Wie
könnte sie in einer Welt ohne Jocelyn leben?
Er vermisste Jane
mehr, als er für möglich gehalten hätte. Oh, er hatte natürlich an jenem ersten
Nachmittag bei Lady Webb vorgesprochen, und sich dazu verleiten lassen, sich
vor einem ansehnlichen Publikum Jane gegenüber nur deshalb unverzeihlich grob
zu verhalten, weil sie ihm gegenüber schnippisch gewesen war und Ferdinand so
verwirrend angelächelt hatte, während sie sein Angebot annahm,
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