02 - Von dir kann ich nicht lassen
Jane, solange es nötig ist, bevor ich deinen Körper besteige
und uns beide zur Erfüllung reite. Vermutlich weißt du auch nicht viel, wenn
überhaupt etwas, über den Akt selbst, oder? Der Schmerz wird vorüber sein,
bevor er beginnt. Du wirst es genießen, glaube mir.«
Sie
zweifelte nicht daran. Sie spürte bereits einen Schmerz, der nicht wirklich
Qual bedeutete, an der Innenseite ihrer Oberschenkel und in ihrem Bauch. Ihre
Brüste hatten sich zu einer seltsamen, prickelnden Wundheit verhärtet.
»Du
tust es bereits, nicht wahr?«, fragte sie. »Spielen? Mit Worten?«
»Wir
könnten an entgegengesetzten Seiten des Raumes sitzen und nur mit Worten
gegenseitig brennendes Verlangen erwecken«, sagte er und lächelte plötzlich
verschmitzt. »Und vielleicht werden wir es irgendwann tun. Aber nicht heute.
Der heutige Tag ist Berührungen vorbehalten, Jane. Der gegenseitigen
Erforschung mit Händen und Mund. Dem Abstreifen der Fremdheit, die uns daran
hindert, zu der Einheit zu verschmelzen, die wir ersehnen. Wir ersehnen sie
doch, oder? Wir beide?«
»Ja.« Sie hob eine
Hand und legte sie an seine Wange. »Ja, Jocelyn. Ich will ein Teil deines Namens
sein, ein Teil deiner Persönlichkeit, die diesen Namen trägt, ein Teil der
Seele in diesem Menschen. Ich möchte eins mit dir sein.«
»Du,
ich, wir, uns.« Er senkte den Kopf und sprach an ihrem Mund. »Lass uns ein
neues Wort erfinden, Jane. Die Einheit des Ich und die Vielheit des Wir zu
einem neuen Wort für Jane und Jocelyn verschmolzen.«
Sie
öffnete den Mund für ihn, plötzlich ausgehungert und von ihrer beider Worte
erschüttert wie auch von den Worten, die sie nicht ausgesprochen
hatten. Dies war nicht, wie sie es zu sein erwartet hatte. Dies waren nicht
Mann und Mätresse. Dies waren Geliebter und Geliebte.
Das
hatte nicht zu ihrem Handel gehört. Weder für sie, noch gewiss nicht
für ihn.
Aber es
geschah.
Sie
erkannte zu spät, als sich seine Zunge in ihren Mund stahl und seine Hände ihr
eine Andeutung der ' bevorstehenden Magie und sinnlichen Freuden vermittelten,
dass es genau darum ging. Sie begriff, viel zu spät, warum sie lieber diese
Alternative als die angemesseneren und vernünftigeren erwählt hatte. Sie
begriff, warum sie seinen Vorschlag ohne Zorn oder Entsetzen angenommen hatte.
Dies
war Liebe. Oh, vielleicht nicht wirklich Liebe. Aber Verliebtsein. Dies
war der Wunsch, dem Geliebten unbegrenzt zu geben, bis alles, was einen selbst
ausmachte, verströmt war. Und der Wunsch, unbegrenzt zu bekommen, bis die Leere
von einer Verschmelzung dessen erfüllt wurde, was sie und ihn ausmachte.
Er
hatte Recht. Es gab kein Wort dafür. Es gab niemals ein Wort für die tiefsten
Wahrheiten.
»Jane.«
Seine
Hände, seine geschickten Finger, sein Mund waren überall. Er wusste unfehlbar,
wo und wie er sie berühren musste, wo er mit federleichten Fingerspitzen
entlangstreifen, wo kitzeln, wo seine Finger rhythmisch bewegen musste, wo er
drücken und streicheln musste. Er wusste, wo er küssen, wo lecken, wo saugen
und mit den Zähnen knabbern musste.
Sie
hatte keine Ahnung, wie lange es dauerte. Und sie hatte keine Ahnung, woher sie
wusste, wo sie ihn berühren musste, wie sie ihn liebkosen musste, wann sie jede
Liebkosung ändern musste. Aber sie wusste es, als hätte sie es schon immer
gewusst, als gäbe es einen tiefen Quell der Weiblichkeit, aus dem sie für den
Geliebten schöpfen konnte, ohne darin unterwiesen werden zu müssen.
Vielleicht
lag es daran, dass ihr Körper nicht einfach der Körper irgendeiner Frau und der
seine nicht der irgendeines Mannes war. Zeitweise sagte ihr der Instinkt, dass
dies normalerweise im Dunkeln und mit fest geschlossenen Augen geschah, dass
man den ganzen Genuss normalerweise vollkommen für sich behielt, den Freudenspender
ausschloss. Selbst in ihrer Unerfahrenheit spürte sie, dass Liebende sich nicht
stets mit geöffneten Augen und auf die des anderen konzentriert liebten, wann
immer es möglich war.
»Jane.«
Er
sprach ihren Namen immer wieder aus, wie auch sie den seinen. Sie war seine
Geliebte, er war ihr Geliebter.
Der
Schmerz, das Sehnen, das Begehren wurden beharrlicher und begrenzter. Sie
brauchte ihn dort.
Hier
Jetzt.
Seine
Hand zwischen ihren Oberschenkeln erregte ihre geheimsten Körperstellen mit leichter,
gewandter Magie und entlockte ihr ungezügeltes Verlangen.
»Jocelyn.« Sie legte
ihre Hand auf sein Handgelenk. »Jocelyn.«
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Aber er
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