0201 - Im Zentrum des Schreckens
deutlicher.
»Wer?«
»Der Geisterjäger John Sinclair.«
»Nein!« Ein Aufschrei.
»Doch«, sagte Myxin.
»John Sinclair besitzt den Kelch. Deshalb gab es zwischen der Kugel und dem Kelch eine Verbindung. Nur aus diesem Grunde konnte Lucille die Gedanken des Geisterjägers empfangen und auch telepathisch mit ihm sprechen. Wir haben die Lösung gefunden. Sie war einfacher, als ich gedacht habe.« Tanith schüttelte immer wieder den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben«, hauchte sie. »Ich kann es nicht glauben. Das geht über meinen Horizont.«
»Ich kann verstehen, dass Sie überrascht sind«, sagte Myxin. »Aber es ist eine Tatsache, an der es nichts zu rütteln gibt. Glauben Sie mir, Tanith.«
»Hatte dieser John Sinclair denn auch mit Nostradamus Kontakt?« wollte sie wissen. »Soviel wir wissen, nicht«, erwiderte Kara.
»Woher hat er dann den Kelch?«
»Auch aus einem Kloster. Er hat den Kelch den sogenannten Teufelsmönchen abgenommen. Sie haben sich auf die Seite des Satans gestellt, aber den Kelch des Feuers konnten sie nicht vernichten.«
»Es war nur so ähnlich«, berichtigte Myxin. »Soviel ich weiß, musste John den Kelch erst holen, um damit die Teufelsmönche zu vernichten. Er stand irgendwo in Schottland. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig allein ist, dass es zwischen dem Kelch und der Kugel eine Verbindung gibt.«
»Sie gehören zusammen«, bestätigte Tanith. Kara und Myxin schauten sich an, sie dachten beide das gleiche.
Nur Kara sprach es aus. »Wir müssen nach London.«
»Mit der Kugel?« fragte Tanith.
Die Schöne aus dem Totenreich lächelte. »Ich bin sicher, dass Sie uns die Kugel zu treuen Händen überlassen werden.«
Die Wahrsagerin senkte den Kopf. Sehr wohl war ihr anscheinend nicht dabei. Sie gab die Kugel nicht gern her, das merkte man ihr an. Kara und Myxin konnten die Frau verstehen. Sie hätten an deren Stelle nicht anders gehandelt.
Deshalb schlug Myxin einen Kompromiss vor. »Wäre es Ihnen recht, wenn wir Sie mit nach London nehmen? Dann können Sie in der Nähe der Kugel bleiben.«
»Ja, das wäre wirklich ausgezeichnet.« Sie strahlte für einen Moment, dann verdunkelte sich ihr Gesicht.
»Nein, das geht ja nicht. Wir haben eine weite Reise, die Zeit in Anspruch nimmt. Und Lucille ist tot, wir müssen die Leiche abholen lassen, auch die Polizei anrufen. Es geht nicht.«
»Im Prinzip haben Sie recht«, gab der kleine Magier zurück. »Aber dieser Fall ist nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Vertrauen Sie uns, Tanith, wir werden Sie nicht enttäuschen. Die Todesengel beweisen es, man wollte Sie eiskalt töten. Deshalb müssen Sie bei uns bleiben, sonst sind Sie Ihres Lebens nicht mehr sicher. Die andere Seite weiß, dass Sie ihr gefährlich werden können, und das wird sie auf keinen Fall dulden.«
Taniths Gesicht war bei den Worten des kleinen Magiers immer ernster geworden. »Es ist zwar schwer zu begreifen«, murmelte sie, »aber ich habe ein großes Erbe übernommen. Es muss wohl sein.«
»Zeigen Sie sich dessen würdig«, entgegnete Myxin.
»Und wie reisen wir?«
»Nicht mit dem Flugzeug und auch nicht mit der Eisenbahn«, lächelte Kara. »Wir werden innerhalb eines Lidschlages in London sein. Magische Reisen nennt man so etwas.«
»Wirklich?« Tanith staunte.
»Ja«, sagte Kara und übergab Myxin die Kugel. Sie selbst zog ihr Schwert, holte aus ihrem Kleid ein Stück Kreide und zeichnete einen Kreis auf den Boden. In ihn stellten sich die drei. Myxin und Tanith hielten sich an Kara fest. Sie umklammerte das Schwert. Die Schöne aus dem Totenreich spielte ihre magischen Kräfte aus. Zuerst entstand ein Flimmern, das sich als Kontur um die drei Personen legte. Im nächsten Augenblick lösten sie sich auf und waren verschwunden…
***
Ich hing an einem Galgen! Wie hatte Asmodis doch gesagt? Die Hölle ist verschieden. Man kann sie mit den Häuten einer Zwiebel vergleichen. Zieht man eine Schicht weg, erwartet den Betrachter schon die nächste Überraschung. Wie auch im Zentrum des Schreckens, denn der Name Hölle wollte mir nicht über die Lippen. Allerdings war ich in der schlimmsten gelandet. Wenigstens konnte ich mir keine Steigerung vorstellen. Neben mir pendelten meine Leidensgenossen die Toten! Wenn ich den Kopf drehte und das konnte ich, weil der Strick, der mich festhielt, unter den Armen herlief dann sah ich die Reihe der Gehängten. Es waren bleiche Gestalten. Männer und Frauen, wobei erstere überwogen. Sie
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