0226 - Jagd auf Staatsfeind Nr. 1
»Niemand in der ganzen Stadt, außer einigen Polizisten, wusste schon etwas von der Entführung des Kindes, als Isabell Clifford auf tauchte. Sie wird es unter dem Vorwand getan haben, dass sie diesen Auftrag für ihre Privatdetektei buchen wollte. Könnte sie es nicht auch getan haben, um an Ort und Stelle zu erkunden, welche Schritte Traughers unternehmen würde? Woher, zum Teufel, wusste sie überhaupt so früh von der Entführung?«
»Das ist ein ernstes Argument«, nickte Mister High.
»Und woher wusste sie von dem Falschgeld?«, fuhrt Phil fort. »Woher wusste sie, wo dieser Weene steckte? Woher konnte sie dies alles wissen? Jedes Mal, wenn wir nach den Quellen ihres Wissens fragten, zuckte sie die Schultern, gab sich geheimnisvoll und sprach von Beziehungen. Schön und gut, von einem wirklich guten Privatdetektiv erwartet man geradezu, dass er auch Beziehungen zur Unterwelt hat. Aber müssen diese Beziehungen besser sein als unsere? Das ist kaum anzunehmen! Wir haben ein ganzes Heer von Spitzeln und Verbindungsleuten und Zuträgern. Sollen sie weniger wissen als die Beziehungen, die Isabell Clifford in Unterweltkreisen angeblich hat? Oder ist es vielleicht gar so, dass sie nur deshalb so gut unterrichtet ist, weil sie selber das alles aufgezogen hat? Der Boss ist uns bis jetzt immer als maskierter Kerl mit offenbar verstellter Stimme geschildert worden. Wer sagt denn, dass der Boss überhaupt ein Mann ist? Kann es nicht Isabell Clifford sein? Das würde so vieles erklären! Woher sie alles wusste. Warum sie immer wieder bei uns und den anderen Betroffenen auftaucht!«
Der Chef war aufgesprungen. Er ging aufgeregt hin und her.
»Das ist ein tollkühner Gedanke, Phil«, sagte er heiser vor Erregung. »Aber ich gebe zu, dass mich etwas an diesem Gedanken fasziniert. Die Clifford ist eine außergewöhnlich kluge Frau. Sie hat den Intellekt eines Mathematikprofessors. Rein theoretisch also wäre sie durchaus fähig gewesen, derartige Pläne auszuarbeiten.«
»Und es kommt noch etwas hinzu!«, rief Phil. »Als Privatdetektivin konnte es nie auffallen, wenn sie herumschnüffelte. Sie konnte in aller Ruhe alle Gelegenheiten ausbaldowern.«
»Ja, sie konnte sogar«, warf der Chef ein, »sie konnte sogar in aller Ruhe in der Unterwelt Ausschau nach den geeigneten Gangstern für ihre Pläne halten. Kein Mensch wird es auffallen, wenn sich eine Privatdetektivin in den Kreisen der Unterwelt herumtreibt. Sie wird eben einen Auftrag zu bearbeiten haben, der irgendwie in Unterweltkreise führt, werden alle denken.«
»Sehen Sie«, sagte Phil. »Das ist es, was ich mir überlegt habe. Seit Tagen schon hing etwas in der Luft. Ich merkte, dass ich irgendwo etwas übersehen hatte. Irgendwo stimmte etwas nicht. Aber ich kam und kam nicht dahinter, was es hätte sein können. Bis ich vorhin von der Clifford träumte. Ich sah, wie sie ihre Handtasche aufklappte und wie in dieser Handtasche eine schwarze Pistole lag. Das Schwarz der Pistole brachte mich auf die schwarze Maskerade des geheimnisvollen Gangsters. Schon war die Verbindung hergestellt. Ich wachte auf und dachte alles durch. Und auf einmal erschien mir Isabell Clifford so verdächtig wie keiner sonst. Nicht ihr Bruder! Der ist am Ende mit seinen Kräften, das haben wir doch gesehen. Sie selbst muss es sein!«
»Vorsicht Phil«, warnte der Chef. »Schießen Sie nicht übers Ziel hinaus. Noch ist nichts bewiesen. Wir haben keinerlei Beweise in der Hand! Nicht die geringsten! Wir haben nicht einmal so viel Belastungsmaterial, dass wir Aussichten hätten, darauf einen Haftbefehl zu kriegen oder auch nur einen Hausdurchsuchungsbefehl. Wir müssen mit List zu Werke gehen.«
»Oder mit Bluff«, sagte Phil. »Ich möchte die Geschichte endlich hinter mich bringen. Ich werde jetzt zu Isabell Clifford fahren und sie in die Zange nehmen. Ich werde bluffen, was das Zeug hält. Ich werde so tun, als ob wir sie schon seit vielen Wochen hätten beobachten lassen. Mal sehen, wie sie reagiert.«
»Das ist ein gefährliches Spiel, Phil! Und wenn sie nicht darauf hereinfällt? Dann ist sie aber gewarnt.«
Phil zuckte die Schultern.
»Wir müssen es eben einmal darauf ankommen lassen. Wenn wir nicht energisch werden und ein Risiko auf uns nehmen, kann es sein, dass wir in vierzehn Tagen noch immer auf der gleichen Stelle treten. Oder sind Sie dagegen?«
Mister High überlegte einen Augenblick. Dann schüttelte er den Kopf.
»Nein Phil, ich bin nicht dagegen. Sie wissen, ich
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