0239 - Der Höllenwurm
Wurzeln gierigen Händen glichen, so sehr krallten sie sich an dem rauhen Boden fest.
Auch diese Bäume zeigten eine weiße Schicht. Der Schnee war vor wenigen Tagen gefallen, danach sank die Temperatur, und die weiße Pracht bedeckte jetzt als Eisschicht die dünnen Zweige und Äste. Der Wald begann noch weiter unten. Dort, wo sich Nadelbäume in den glasklaren Himmel reckten, lag auch das Ziel des unheimlichen Flugtiers. Da sollte Izzi erscheinen.
Der Riesenvampir kannte seinen Weg. Er segelte dicht über den schräg laufenden Hängen hinweg, manchmal berührte er mit den Spitzen seiner großen Schwingen die Bäume und staubte von deren Zweigen den Schnee ab. Je mehr sie an Höhe verloren, um so weniger wurde der Schnee. Es gab Stellen, wo überhaupt keiner lag.
Dorthin schien tagsüber die Sonne und taute die weiße Schicht schnell weg.
Teilweise bot sich ein hervorragender Blick in die Tiefe und dorthin, wo die einsamen Bergdörfer lagen. Vereinzelt nur brannte Licht, ansonsten lag alles in tiefer Stille und Dunkelheit. Die Nacht hatte der Bergwelt das Schweigen gebracht.
An einem Hang erschien plötzlich eine kleine Hütte. Sie sah sehr baufällig aus, aber sie hatte bisher den Gewalten der Natur getrotzt, denn sie war aus Steinen erbaut worden. Vor der Hütte fiel das Gelände ab, war mit Geröll und scharfkantigen Steinen bedeckt, bevor es in eine Mulde mündete. Der Vampir segelte dem Boden entgegen und landete.
Belphégor sprang von seinem Rücken. Er lief noch ein paar Meter, blieb dann stehen und lachte scharf. Ja, er hatte es geschafft! Hier würde Izzi erscheinen. Er spürte bereits die Magie, mit der der Boden aufgeladen war. Es waren Strahlungen, und er merkte, daß sie nach oben drängten, sich freie Bahn schaffen wollten, um Izzi den Weg zu bahnen.
Als er das Rauschen hörte, drehte er sich um. Der riesige Vampir stieg in den Himmel. Belphégor wußte nicht, ob der Vampir wegflog oder in der Nähe blieb, ihm war es auch egal, denn er würde schon allein zurechtkommen. Allerdings war er enttäuscht, ohne Hilfe dazustehen. Er hatte angenommen, erwartet zu werden, doch es war niemand da, der ihn begrüßte.
Vielleicht in der Hütte?
Kaum hatte er daran gedacht, als er schon seine Schritte darauf zulenkte.
Plötzlich hielt er wieder die Peitsche in der Hand. Drei lange Feuerriemen fielen daraus hervor und streiften über den Boden, wobei sie die unmittelbare Umgebung des Dämons in ein fahles Licht tauchten, so daß sich seine Gestalt scharf vom Boden abhob.
Bis auf zwei Schritte ließ man ihn heran, dann reagierten die anderen.
Mit einem Tritt wurde die Tür der Hütte geöffnet. Sie war noch nicht ganz herumgeschwungen, als eine Gestalt auf der Schwelle erschien. Zufällig fiel das Mondlicht so in das weite Tal, daß es auch die Gestalt erfaßte, die sich ducken mußte, um nicht an der Decke anzustoßen. Sie nahm fast die gesamte Türbreite ein.
Eine Schrecksekunde zeigte Belphégor nicht. Blitzschnell zuckte sein rechter Arm vor, und ebenso schnell schlug er mit der Flammenpeitsche zu…
***
Die drei feurigen Riemen waren schnell. Die Gestalt traf zudem keinerlei Anstalten, der Peitsche auszuweichen, und so etwas hatte Belphégor selten erlebt. Volltreffer!
Als die drei Feuerschlangen die Gestalt berührten, fächerten sie auseinander, glitten sogar an ihr hoch, aber sie taten ihr nichts, denn vor Belphégor stand ein Geschöpf, das über solche Angriffe nur lachen konnte. Es war Xorron!
Voll hatte er sich in das Spiel der Lady X integrieren lassen und war ebenfalls an diesen Ort gekommen. Es hatte keiner großen Überredungskünste seitens der Vampirin bedurft. Xorron gehorchte ihr aufs Wort und öffnete jetzt sein gefährliches Maul, als der Hexer mit seiner Flammenpeitsche wieder zuschlug.
Abermals nahm Xorron den Angriff hin, aber er wurde jetzt böse, stieß ein furchtbares Geräusch aus und setzte sich in Bewegung auf den anderen Dämon zu. Belphégor zuckte zurück. Xorrons Reaktion verunsicherte ihn. In seinen Augen flammte es für einen Moment noch kälter auf.
Er stand hier vor einem Problem, das er mit seiner flammenden Peitsche nicht lösen konnte, und das machte ihm zu schaffen.
Bis er das leise Lachen vernahm.
Da verhielt er seine Schritte, denn dieses Lachen war ihm bekannt vorgekommen. So lachte Lady X!
Und genau sie war es auch, die hinter Xorron in der offenen Tür erschien.
Sie war gekleidet wie immer, vielleicht wirkte ihr Gesicht im Mondlicht noch bleicher,
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