0253 - Todesurteil für Zamorra
Blitzschnell riß sie es hoch – und schleuderte es wie ein Speer!
Noch schneller war Leonardo. Der Montagne fuhr herum. Seine eigene Klinge kam hoch, traf das andere Schwert im Flug und veränderte seine Bahn. Unter normalen Umständen hätte es seinen ungeschützten Kopf getroffen. Jetzt geriet es in eine Taumelbewegung. Funken sprühten auf, als es die magische Schutzzone berührte, die Leonardo zusätzlich um sich errichtete. Aber da tat das Blut seine Wirkung. Das Schwert durchdrang den Abwehrzauber.
Das alles geschah innerhalb von ein, zwei Sekunden.
Die Klinge traf Leonardos Schulter, prallte hoch, kam wieder herunter und zog eine rote Schramme über seine Schwerthand. Der Schwarzmagier stieß eine Verwünschung aus. Er starrte das Blut an, das aus der Wunde austrat.
Dann veränderte sich sein Gesicht. Er lachte!
»Ah, du kennst den Zauber? Nun, es nützt dir nichts … niemand kann mich töten, auch du nicht…«
Er stampfte auf das bestürzte Mädchen zu.
Jetzt ist alles aus, dachte Monica. Die letzte Chance vertan …
Dann schlug Leonardo zu.
***
In Bombay hatten Zamorra und Nicole mehr Glück als Verstand, weil sie gerade noch vor Ende der Publikumsöffnungszeiten das Konsulatsbüro erreichten. Der Botschaftssekretär erwies sich als ein gemütlicher Mann Mitte der fünfzig, im schlecht sitzenden weißen Anzug, der sich freute, endlich einmal wieder auf Landsleute zu treffen, denen man helfen konnte. Der Anzug hinderte ihn nicht daran, das Hemd weit geöffnet zu tragen, und die Krawatte hing säuberlich festgebunden an einem der Propellerflügel des Ventilators. Nicole schmunzelte unwillkürlich.
Der Botschaftssekretär zögerte keine Sekunde lang, helfend einzugreifen. Nachdem dank der vorhandenen Ausweise die Identität seiner beiden Besucher hinreichend geklärt war, griff er zum Telefon.
»Die Geldbeschaffung ist kein Problem«, behauptete er. »Wir telefonieren nach Frankreich zu Ihrer Bank und lassen uns eine Kreditbestätigung geben … aufgrund der Zeitverschiebung dürften die Angestellten dort noch Dienst tun.«
Sie taten. Nur wollten sie per Telefon keine Entscheidung darüber treffen, ob der Bittsteller Zamorra in Bombay auch tatsächlich Zamorra war. Die Versuche des Botschaftssekretärs, die Bank zur Zusammenarbeit zu bewegen, scheiterten. Als Zamorra selbst den Telefonhörer ergriff und in die Sprechmuschel säuselte, wurde ihm lapidar erklärt, es könne sich bei ihm ja auch um einen Stimmenimitator handeln. Ja, wenn er bei einer Bankfiliale in Bombay einen Identitätsnachweis führe und …
Und die Banken in Bombay hatten geschlossen.
Das Konsulatsbüro eigentlich auch inzwischen. Aber der gemütliche Sekretär freute sich, wieder einmal etwas tun zu können. »Wissen Sie, in letzter Zeit sind sehr wenig Landsleute hier in Bombay und der Umgebung, und wenn, dann kommen sie nicht zu mir, weil sie einfach keine Probleme haben.«
Zamorra konnte sich denken, weshalb nur noch wenige Franzosen hier im »Ausland« unterwegs waren. Die Devisenbeschränkungen zeitigten ihre bösen Folgen. Zamorra selbst konnte nur deshalb mit genügend flüssigen Geldmitteln – im Normalfall, nicht jetzt – durch die Welt reisen, weil er seine Unternehmungen als Dienstreisen deklarieren konnte. Ansonsten, dachte er selbstironisch, hätten Asmodis und seine schwarzblütige Meute getrost die Hände in den Schoß legen können; ihr erbitterter Gegner aus Frankreich wäre höchstens noch als Bettler außer Landes gekommen. »Vielleicht«, hatte Zamorra einmal sehr bissig erwähnt, »hat Asmodis selbst unserer Regierung einen entsprechenden Floh ins Ohr gesetzt, nur um mich auszuschalten – unmöglich ist in diesen Tagen nichts …«
Aber ganz so war es wahrscheinlich doch nicht, und niemand wußte besser als Zamorra selbst, daß diese unpopuläre Maßnahme vom Präsidenten nur getroffen worden war, um die Wirtschaft zu sanieren. Ob es gelang, stand auf einem anderen Blatt.
Um so erfreuter war der Sekretär, der allein Überstunden machte, daß er nun endlich wieder einmal etwas tun konnte. Und er tat auch etwas! Als er Zamorras und vor allem Nicoles Gesichter länger und länger werden sah, griff er zu einem Formularblock.
»Sie erhalten die nötigen Barmittel von mir direkt, sozusagen als letzte Maßnahme«, sagte er. »Haben Sie schon ein Hotel, in dem Sie die Nacht zubringen werden?«
»Wenn es geht, möchten wir mit der nächstmöglichen Maschine gen Frankreich fliegen«, warf
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