0256 - Der Höllen-Salamander
verlangte es auch nicht von ihnen. Wichtig war nur, daß sie ihn als ihren Herrn anerkannten und seine Befehle bedingungslos befolgten.
Leonardo saß ab und warf die Zügel einem Stallknecht zu. Der war ein lebender Mensch aus Fleisch und Blut, einer der Sklaven aus dem Dorf, die unter Leonardos hypnotischer Kontrolle standen. Der Mann konnte weder entfliehen noch sich wider seinen grausamen Herrn erheben. Leonardo hatte etliche dieser Hypnotisierten in seinen Diensten. Es gab Aufgaben, die ein Skelett nicht erledigen konnte. Zum Beispiel die Versorgung eines lebenden Pferdes …
Der Schwarzmagier wandte sich um und nahm den schweren Helm ab. Er sah durch das offene Burgtor nach draußen, wo die Reiter sich formierten.
Leonardo lächelte.
Viel hatte sich nicht geändert. Château Montagne war schon vor neunhundert Jahren nicht nur eine reine Trutzburg gewesen. Es war später kaum umgebaut worden und dennoch ein fast märchenhaftes Schloß geworden, eines der vielen kleinen Prunkstücke an der Loire. Dennoch wurde es heute noch von der weitläufigen Festungsmauer umgeben. Eine Mischung aus Schloß und Burg, die einst – vor fast tausend Jahren sensationell war, einmalig in ihrer Form.
Und auch heute noch außergewöhnlich mit seinem weiträumigen Burghof und dem ummauerten und geschützten Park. Leonardo fühlte sich wie einst. Was ihm im Innern an Neuerungen nicht gefiel, hatte er durch Magie wieder geändert.
Hier würde einst der Mittelpunkt des Universums sein.
Er sah den Reitern nach, die über den gewundenen Weg davon galoppierten, hinab ins Dorf, um es zu umstellen und auf Zamorras Ankunft zu warten. Leonardo rieb sich die Hände. »Nicht mehr lange, und ich habe dich, mein Feind«, kicherte er.
Da sah er den Wolf.
***
Teri Rheken hatte gut »gezielt«. Sie taumelte förmlich vor den ausrollenden Renault Rodeo, mitten in das Scheinwerferlicht hinein. Nicole trat abrupt auf die Bremse.
»Teri!« stieß sie entgeistert hervor. »Wo kommt die denn her?«
»Wir könnten sie der Einfachheit halber fragen«, schlug Zamorra vor und sprang aus dem Wagen.
Das Mädchen mit dem goldenen Haar stützte sich mit einer Hand auf die heiße Motorhaube. »Zamorra! Das ist gut.«
»Was ist mit dir los?« fragte der Parapsychologe erschrocken. Nicole kam jetzt von der anderen Seite. Sie griff zu und stützte die taumelnde Druidin.
»Nichts ist los«, sagte Teri und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich bin nur ein wenig erschöpft, das ist alles.«
Sie setzte sich auf den Beifahrersitz.
»Ich weiß nicht, ob es gut ist, daß ihr hier seid, Zamorra und Nicole«, sagte sie dann. »Leonardo stellte euch eine Falle … aber jetzt müßt ihr ins Dorf kommen. Leonardo hetzt den Leuten den Höllen-Salamander auf den Hals.«
»Erzähl«, verlangte Zamorra.
»Eine Falle«, echote Nicole. »Wie ich es mir gedacht habe. Aber wir können nicht zum Dorf zurück. Die Skelett-Krieger sind zwar zurückgefallen, wir können sie nicht mehr entdecken, aber.«
»Sie verfolgen euch nicht mehr«, sagte Teri. »Er rief sie zurück. Warum, weiß ich nicht.«
»Deshalb also«, murmelte Zamorra. »Deshalb wurde Gwaiyur in meiner Hand plötzlich wieder so ruhig.«
»Du hast Gwaiyur bei dir?« fuhr Teri auf. »Dann gibt es vielleicht eine Chance, diesen Feuerspeier zu vernichten.«
»Wie wäre es, wenn du von Anfang an erzähltest«, wiederholte Zamorra seine Aufforderung. Nicole kramte im Handgepäck und förderte eine Saftflasche zutage, die sie Teri reichte. »Mehr haben wir im Moment nicht anzubieten.«
Teri trank ein paar kräftige Schlucke und berichtete, was sie wußte.
»Fenrir soll also ins Château. Wenn das nur gut geht«, unkte Nicole. »Ich fürchte, das gibt ein tödliches Fiasko. Auf solche Risiko-Pläne kann auch nur Merlin kommen. Wenn ich mir vorstelle, was uns sein letzter Auftrag kostete …«
Zamorra zuckte mit den Schultern. Auf Merlins Anraten hin waren sie in eine andere Dimension aufgebrochen und hatten die Meegh-Gefahr gebannt und das Rätsel dieser Rasse von Insekten-Dämonen gelöst. Doch in ihrer Abwesenheit hatte Leonardo sich im Château Montagne eingenistet …
»Darüber können wir später reden«, winkte Teri ab. »Wichtig ist, daß die Echse ausgeschaltet wird. Ich fürchte, daß es um Minuten oder Sekunden geht.«
»Gut. Bringst du mich hin?« forderte Zamorra sie auf.
Teri schüttelte den Kopf.
»Ich kann nicht«, sagte sie. »Ich bin zu erschöpft. Ich brauche mindestens
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