0276 - Ghouls in der Stadt
zu erwarten hatte. Wie denn auch? Der Mann in der Wachstube hatte Recht. Woher sollte er die Leute nehmen? Und selbst wenn sie kamen: was sollten sie tun? Es gab keine Anhaltspunkte. Und es gab außer Feuer nichts, womit sich die Ghouls bekämpfen ließen.
Henri sah auf die Uhr.
Eine Schreckensnacht stand Fleurysur-Loire bevor. Die Dunkelheit gab den Ghouls jede Chance. Sie konnten überall unerkannt zuschlagen.
Vielleicht waren sie schon überall.
Der Maler erschauerte. Er dachte an die Fremde, die ihn so beeindruckt hatte. Nicole Duval. Was hatte sie wirklich mit diesem Fall zu tun? Und was tat sie in diesem Augenblick? Was würde sie an Henri Duponts Stelle tun?
***
Sie kämpfte um ihr Leben.
Sie blockte die auf sie zujagenden Arme des Leichenfressers mit blitzschnellen Karateschlägen ab, konnte aber nicht verhindern, daß das Ungeheuer auf sie stürzte. Sie versuchte die Augen zu treffen, aber der Ghoul wich zurück. Durch seine Gewichtsverlagerung gab er Nicole die Chance, an die Kombiwaffe zu kommen. Nicole zog die Waffe nicht erst aus der Tasche hervor, sondern drückte so ab. Glühendheiß zuckte der Laserblitz auf, schnitt durch Leder und durch den Ghoul. Das Monster heulte auf und wälzte sich im schmalen Gang zurück.
Nicole fühlte Hitze. Das Leder ihres Anzuges, durch das sie geschossen hatte, begann zu kokeln. Hastig schlug sie die Glut aus und kroch zurück. Der Ghoul verbrannte und strahlte dabei fürchterliche Hitze und Pestgestank aus, der Nicole den Atem nahm. Sie wich zurück, soweit sie konnte, fand Lampe, Leuchtpistole und Ju-Ju-Stab wieder.
Sie warf einen Blick auf die Ladeanzeige der Kombiwaffe. Sie hatte nur wenig Energie abgegeben. Mit etwas Glück reichte es noch für drei Schüsse. Sie mußte versuchen, sich diese Energie aufzusparen. Denn das hier war nur das Vorgeplänkel. Der eigentliche Kampf stand ihr erst noch bevor.
Sie sah sich um, versuchte sich zu orientieren. Während des Kampfes war sie mehrmals herumgewirbelt. Aus welcher Richtung war sie gekommen, in welche mußte sie sich bewegen? Sekundenlang erfaßte sie Panik. Dann fand sie im Licht der Stablampe die Aschereste des zuerst vernichteten Leichenfressers. In dieser Richtung mußte sie weitergehen.
Gebückt und mit schmerzendem Rücken bewegte sie sich wieder vorwärts.
Allmählich wurde der Stollen höher und breiter, so daß sie aufrecht gehen konnte. Tief atmete sie durch. Immer wieder lauschte sie, ob sich erneut jemand an sie heranpirschte. Aber das schien nicht der Fall zu sein. Niemand griff sie an.
Sie wußte nicht, wie viele Ghouls es waren, die in dieser unterirdischen Welt hausten. Aber wenn sie sich die Verwüstungen oben auf dem Friedhof ansah, dann mußten es weit mehr als die fünf oder sechs sein, die sie bisher gesehen hatte. Es mußte eine ziemlich große Sippschaft sein. Warum aber zeigte sich ihr dann keiner mehr?
Waren sie etwa …
… bereits alle an die Oberfläche gegangen, um die Lebenden zu morden? Machten die Leichenfresser sich jetzt über die Menschen in Fleury her, während sie, Nicole, hier unten durch das Labyrinth irrte und Zamorra suchte?
Und sie kam doch nicht vorwärts! So groß war der Friedhof doch nicht! Eigentlich hätte sie das Zentrum des Höhlenlabyrinths längst erreichen müssen.
Sie konzentrierte sich, versuchte einen Impuls von Zamorra oder dem Amulett aufzufangen. Aber es gelang ihr nicht. Da war nichts. Sie bekam keinen Kontakt.
Vielleicht war er doch schon tot …? Es durfte nicht sein.
Plötzlich machte der Stollen einen scharfen Doppelknick. Als Nicole ihn durchquerte, wurde es hell. Sie trat in einen größeren Raum, von dessen Wänden ein mattes, grünliches Leuchten ausging. Schatten tanzten wie Irrwische an den Wänden.
Nicole sah sich um.
Dies mußte eine Art Versammlungsraum sein. Er war jetzt verlassen. Aber da war etwas. Auf dem Boden, der hart und uneben war. Sie strahlte dieses Etwas mit der Stablampe an.
Ein magischer Kreis, mit finsteren Symbolen versehen. Etwas ging von diesem Zauberkreis aus, das sie erschauern ließ. Es war das absolute Böse.
Langsam, vorsichtig ging sie darauf zu. Plötzlich hielt sie die Kombiwaffe, auf Laser geschaltet, wieder in der Hand. Vorsichtshalber zielte sie auf den unheimlichen Kreis.
Sie überlegte, versuchte die schwarzmagischen Zeichen zu enträtseln. Die meisten waren ihr bekannt. Plötzlich begriff sie die Anordnung und den Zusammenhang.
Das hier war – das Tor zur Hölle!
In LUZIFERS und
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